Wenns hier nicht reinpasst, bitte sagen.
Er hält sich für einen Nachfolger des Propheten Mohammed. Seine Statuen beherrschen das ganze Land. Gerne lässt er sich als tapferer Ritter im Kampf gegen die Ungläubigen porträtieren, als Gründer von Bagdad oder als Wüstenreiter. Saddam Hussein, irakischer Präsident auf Lebenszeit, will in die Geschichtsbücher eingehen - als babylonischer Herrscher, der die arabischen Völker in eine neue ruhm- und glanzreiche Ära führt.
Die Wirklichkeit außerhalb seiner Palastmauern sieht anders aus. Der mit wertvollem Öl reichlich gesegnete Irak ist bankrott. Die Wirtschaft des Landes liegt - gebeutelt durch zwei Kriege und internationale Sanktionen - völlig brach. Die Bevölkerung leidet Hunger. Saddam ist nicht der panarabische Herrscher, sondern, wie der irakische Journalist Saad al-Bazzaz ihn beschreibt, der Inbegriff eines "Dorfhäuptlings", der seine Macht kaltblütig verteidigt - nur in größerem Stil.
Der heute 65-jährige wuchs ohne Vater als Spross eines kleinkriminellen Clans in einem Dorf bei Tikrit auf. Zeitgenossen meinen, Saddam setze heute im großen Stil lediglich die gewalttätige und gerissene Tradition seiner Dorfsippe fort. Als Jugendlicher begeisterte er sich für die anti-kolonialistische und anti-westliche Strömungen im Land und trat als Student der panarabischen revolutionären Baath-Partei bei. Von den Gleichheitsidealen der Organisation indes hielt er wenig, viel mehr aber von der Macht.
Er diente sich mit List und Gewalt bis an die Spitze der Partei hoch und galt bei der Machtübernahme der Baath-Partei 1968 als der eigentliche Strippenzieher hinter Präsident Hassan al-Bakr, seinem Cousin. Karierrefördernd war nicht zuletzt die Heirat mit seiner Cousine Sajida, die ihm zu einem festen Platz im Netzwerk al-Bakrs verhalf. 1979 schließlich übernahm er mit einem blutigen Putsch, bei dem er dutzende Mitglieder des Revolutionsrates hinrichten ließ, die Herrschaft über das Land.
Seitdem herrscht er in Personalunion als Staats-, Regierungschef und Generalsekretär der Baath-Partei sowie Oberbefehlshaber der Armee. Sämtliche Schlüsselpositionen sind mit Angehörigen seines Familienclans besetzt. Berichten zufolge soll er ein Privatvermögen von bis zu sechs Milliarden Dollar aus der Staatskasse gesaugt haben.
In den Jahrzehnten seiner Herrschaft hinterließ er eine Blutspur: In Schauprozessen, Hinrichtungen und Verfolgungen verloren tausende Menschen ihr Leben. 1988 bereitete er einem Aufstand der Kurden in der nordirakischen Stadt Halabscha mit dem Einsatz von Giftgas ein grausames Ende. 5000 Menschen starben einen qualvollen Tod . Versuche, ihn aus dem Weg zu räumen, erwiderte Saddam mit nackter Gewalt. 1991 ließ er einen Aufstand der Schiiten blutig niedermetzeln, 1995 ging er mit aller Härte erneut gegen revoltierende Kurden vor.
Aus Angst vor Attentaten verschanzt er sich in mehr als 20 Palästen und wechselt ständig den Aufenthaltsort. Wenn er durchs Land reist, eilt ihm ein gewaltiger Sicherheitstross voraus. Kehrt er in ein Bagdader Restaurant ein, nehmen seine Leibwächter vor dem Essen die gesamte Küche auseinander. Was um ihn herum passiert, nimmt er nur gefiltert war. Die Überbringer von Botschaften haben Angst, ihm unangenehme Wahrheiten zu vermelden.
Selbst die eigene Familie ist vor Saddam nicht sicher: Als sich sein Schwiegersohn Hussein Kamil 1995 mit Kenntnissen über Saddams Waffenprogramme nach Jordanien absetzt, lockt ihn der Tyrann unter dem Vorwand der Straffreiheit wieder ins Land zurück. Im Februar 1996 ließ er ihn von seinen Söhnen Udai und Kusai erschießen. Zuvor hatte schon sein Schwager, der damalige Verteidigungsminister Adnan Khairallah, sein Leben lassen müssen, weil er Überläufern zufolge nicht beim Ausbau von Massenvernichtungswaffen mitspielen wollte. Er starb im Mai 1989 bei einem rätselhaften Hubschrauberunfall.
Weder der von ihm angezettelte Krieg gegen den Iran 1980 bis 1988, noch die größenwahnsinnige Schlacht gegen die internationale Allianz 1991 konnten ihn aus dem Amt fegen. Auch das seit dem Golfkrieg verhängte UN-Embargo und geheime Umsturz-Bemühungen der CIA konnten ihm nichts anhaben. Saddam sitzt auf seinem Thron, die Bevölkerung hingegen leidet.
US-Präsident George W. Bush will jetzt zu Ende führen, woran schon sein Vater vor einem Jahrzehnt gescheitert war: Saddam zu verjagen. Beeindrucken ließ sich der Diktator in Bagdad davon bislang kaum. Er erlag schon im ersten Golfkrieg der wahnhaften Vorstellung, die internationale Militärmacht schlagen zu können.