Der Spiegel hat es tatsächlich gewagt, einen Artikel über die Israel-Lobby in der deutschen Politik zu veröffentlichen. Leider hinter einer Bezahlschranke. Die Bild hingegen wechselt direkt in den Kampfmodus und schreibt etwas von Antisemitismus. Volker Beck und Co. machen auf Twitter auch gerade Stimmung.
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Vs.
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Ist leider nicht möglich in Deutschland über diese Themen zu diskutieren.
Anscheinend nicht mehr.
Wie gut vernetzt Naffo ist, zeigte sich auch während der Koalitionsverhandlungen Anfang 2018. Zur Verwunderung mancher Unterhändler wusste der Verein früh über einen Entwurf des Koalitionsvertrags Bescheid. Und schaffte es, die Formulierung zu ändern, wie Naffo selbst im Protokoll der Mitgliederversammlung festhält: "Kurz vor der Unterzeichnung (...) hat Naffo durch eine gezielte Kampagne Dutzende MdBs auf die aus unserer Sicht verheerende Passage zu Nahost aufmerksam gemacht und konnte eine deutliche Verbesserung erreichen."
Um sich noch mehr Nähe zu den Politikern zu verschaffen, greifen Naffo und die "WerteInitiative" sogar auf materielle Mittel zurück: Sie haben ausgewählten Bundestagsabgeordneten Spenden vermittelt.
Bereits im Bundestagswahlkampf 2013 seien Naffo-Vertreter auf ihn zugekommen, berichtet der Abgeordnete Frithjof Schmidt, damals stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Grünen. "Es kam das Angebot von zwei Vertreterinnen von Naffo, für meinen persönlichen Wahlkampf eine Summe zu spenden." Die "personenbezogenen Spenden" seien für die Abgeordneten im Bereich der Außenpolitik vorgesehen, von denen sie sich wünschten, dass sie wieder in den Bundestag kämen, so hätten es die beiden erklärt. "Es handelte sich um 1500 Euro", sagt Schmidt, der das Angebot ablehnte. "Ich habe gesagt, dass ich grundsätzlich keine personenbezogenen Spenden annehme, aber dass ich mich freue, wenn sie das unserer Bundespartei spenden." Am Ende sei tatsächlich eine Spende auf dem Konto der Bundespartei gelandet.
Geschäftsführerin Rosenstein sagt: "Naffo hat noch nie einem Politiker Spenden angeboten." Gleichzeitig sagt sie, dass Naffo-Vertreterinnen Schmidt "mitgeteilt haben, dass einige wenige Privatpersonen, die zu diesem Zeitpunkt Mitglieder bei Naffo waren, gern seinen Wahlkampf mit einer Wahlkampfspende unterstützen würden".Sehr subtil, sehr verschwörerisch.Im Juni 2017 lädt Elio Adler schließlich zu einem Spendendinner nach Berlin-Dahlem ein. Die Einladung hat er von seinem E-Mail-Konto der "WerteInitiative" verschickt. Veranstalter des Abends, so Adler, seien weder er noch der Verein gewesen: "Der Ort war ein Privathaus, der Gastgeber, der auch das Abendessen bezahlt hat, ist eine Privatperson", sagt er.
Dabei war es Adler, der seine Kontakte nutzte, um eine illustre Runde zusammenzustellen. Aus dem Bundestag lud er sechs Abgeordnete ein, die Sozialdemokraten Michaela Engelmeier und Fritz Felgentreu sowie die Christdemokraten Thomas Feist und Thorsten Frei. Der berühmteste Gast war Jens Spahn (CDU), der heutige Gesundheitsminister. Auch der Außenpolitikexperte der Union, Roderich Kiesewetter, war eingeladen, sagte aber kurzfristig ab.
Kiesewetter ist Berichterstatter der Union für Israel und die palästinensischen Gebiete. Die Beziehung Deutschlands zu Israel sei ihm ein besonderes Anliegen, sagt er. "In meiner Überzeugung ist dies jedoch nur dann glaubhaft und nachhaltig, wenn ich meiner Arbeit unabhängig nachgehen kann." Deswegen habe er kein Geld bekommen wollen. Seltsam allerdings: Obschon er Spenden abgelehnt hatte, bekam Kiesewetter trotzdem Geld überwiesen, "auf mein Wahlkampfkonto des CDU-Kreisverbandes Ostalb", sagt er. Er habe es umgehend zurücküberweisen lassen.
Der CDU-Abgeordnete Frei bestätigt, dass im Anschluss an das Abendessen "von knapp zwanzig Personen" Spenden in insgesamt vierstelliger Höhe eingegangen seien, drei andere dementieren nicht, dass Geld auf Parteikonten überwiesen wurde, SPD-Mann Felgentreu verweist an den Kreisverband. Alle Betroffenen geben an, dass die Spenden ordnungsgemäß verbucht worden seien.
Im Fall von Kiesewetter ging es um mehrere Einzelspenden von Privatpersonen und Firmen, allesamt nicht anzeigepflichtig, nicht illegal. Es sei denn, die Spenden werden "erkennbar in Erwartung oder als Gegenleistung eines bestimmten wirtschaftlichen oder politischen Vorteils gewährt", wie es in den Verhaltensregeln für Mitglieder des Deutschen Bundestags heißt. Dann sind sie streng verboten. Auch das Parteiengesetz verbietet sogenannte Erwartungs- und Dankeschönspenden. Die Abgeordneten, die beim Dinner waren, dementieren, um irgendeine Form der Gegenleistung gebeten worden zu sein.
Dennoch zeigt das Spendendinner, wie subtil die Einflussnahme wirken kann. In den Tagen rund um die Einladung äußerten sich einige der Gäste in auffallend ähnlichem Wortlaut. Es ging um eine Antisemitismusdokumentation, die zu senden die Fernsehsender Arte und WDR sich weigerten, weil sie handwerkliche Mängel ausgemacht hätten.
Fünf der sechs Parlamentarier, die zum Dinner eingeladen waren, machten daraufhin Druck, etwa: "Was ist los bei @ARTEde", fragte ein SPD-Abgeordneter auf Twitter. Seine Kollegin schrieb: "Ich würde mir gerne die Doku anschauen! Warum strahlen Arte und WDR die Doku nicht aus?" Und Jens Spahn forderte: "Die Doku muss gezeigt werden!!!" Frei hat keinen Twitteraccount.
Alles Zufall? Adler sagt, seitens beider Vereine seien "keinerlei Absprachen mit den MdBs erfolgt". Richtig sei, dass "wir, unabhängig von dieser Veranstaltung, anlassbezogen Volksvertreter auf Themen und Umstände aufmerksam machen, die wir für relevant halten". Man habe aber ja "keinerlei Einfluss darauf, was Politiker mit unseren thematischen Hinweisen anfangen", sagt Adler.
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