Laut Focus: 16.08.05 |
Der Titel der Wahlkampfveranstaltung des Kreuzberger Christdemokraten Kurt Wansner ließ keine Tumulte erwarten: Von Ulrike Plewnia, Berlin
Unter dem Motto „Gemeinsinn statt Multi-Kulti“ hatte der Bundestagsaspirant türkische Gewerbetreibende und deutsche wie türkische Journalisten in ein türkisches Lokal in „Klein-Istanbul“ zu einer Diskussion eingeladen. Geplant war zudem ein Spaziergang über die Oranienstraße, der bekannten Meile türkischer Döner-Salons, Reisebüros und Szene-Cafes.
„Beckstein, hau ab!“
Der prominente Gast jedoch ließ den Adrenalinspiegel vieler Multi-Kulti-Verfechter hochschnellen: Günter Beckstein, bayrischer Innenmnister. Erst mit 40 Minuten Verspätung nach ohrenbetäubenden Trillerpfeifen-Konzert und aggressiven Tumulten von rund 400 Autonomen konnte die Veranstaltung beginnen. Eifernde Jugendliche und junge Erwachsene, darunter nur wenige Türken, schriien immer wieder: „Beckstein, hau ab.“
Hintereingang benutzt
Sie hatten zunächst einigermaßen friedlich gegen den Besuch des CSU-Politikers im Szenebezirk demonstriert, ihn nur als „Hetzer und Faschist“ beschimpft. Unterstützt von SPD-Sympathisanten, Linken und Grünen-Anhängern, die zuvor mit grünen-Chefin Claudia Roth durch die Oranienstraße gezogen waren, störten die Autonomen durch Rangeleien und Gebrüll vor dem kleinen Lokal „Hasir“ so massiv, dass der bajuwarische Wahlkämpfer das Restaurant durch den Hintereingang betrat.
Restauranteingang hermetisch abgeriegelt
CDU-Granden wie Berlins Fraktionsschef hatten während der Warteminuten auf der Straße schon Zweifel, ob Beckstein ihnen überhaupt gegen den Rat der Polizei im Wahlkampf Schützenhilfe leisten würde. Er kam, nachdem sich acht Wannen postiert, rund 100 Beamte eingefunden und den Eingang in das Hasir abgeriegelt hatten. „Solch einen Empfang hatte ich nicht erwartet. Ich hatte mit einem Gespräch unter Freunden gerechnet.“ So locker quittierte Beckstein die massiven Proteste.
Beckstein betont jovial
Der CSU-Politiker gab sich überhaupt betont jovial, vielleicht um die Ängste vor dem vermeintlichen Scharfmacher aus München zu zerstreuen. Immerhin hatte ihn der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde zu Berlin Tacittin Yakin (selbst CDU-Mitglied) mit freundlichen Worten begrüßt. Er erwarte mehr von einer CDU-Bundesregierung als von Rot-Grün, nur in der Frage der EU-Mitgliedschaft sei man anderer Meinung, so Yakin.
Durchgeschwitztes blaues Hemd
Sachlich antwortete Beckstein auf die Fragen, betonte dabei immer wieder die „Ehrlichkeit“ seiner Positionen, etwa in der Frage der Überwachung der Moscheen (ja), der EU-Vollmitgliedschaft der Türkei (nein), der doppelten Staatsbürgerschaft (nein). Schon bald legte er in der schneidenden Schweißluft sein Anzugjacket ab, ein durchgeschwitztes blaues Hemd kam zum Vorschein. Selbstbewußt pries der Franke während des rund einstündigen Frage-und Antwortspiels vor handverlesenem Publikum die Vorzüge des bayrischen Schulsystems, etwa die Sprachförderklassen für Migrantenkinder. „PISA zeigt, dass türkische Kinder bei uns oft besser abschneiden als deutsche Kinder in anderen Ländern.“
„Es war mir eine Freude“
Zudem würden sie beim Kindergartenbesuch mit höheren Zuschüssen (130 %) gefördert als ihre deutschen Altergenossen. Zum Abschied bekannte der Jurist, der in einer von Angela Merkel geführten Bundesregierung das Amt des Bundesinnenmnisters anstrebt : „Es war mir eine Freude mit Ihnen zu diskutieren“ und verschwand zu seinem nächsten Terrmin nach Reinickendorf. Dort dürfte es ruhiger zugegangen sein.
Es ist schon erstaunlich wie diese Chaoten, Sozialhilfeempfänger und Demokratiefeinde sich aufführen.