Der türkische Schriftsteller Orhan Pamuk soll wegen seiner in der Schweiz veröffentlichten Kritik an der Armenier-Politik der Türkei ins Gefängnis. Er muss sich ab Dezember auf Antrag der Staatsanwaltschaft vor Gericht verantworten.
Dies sagte eine Sprecherin von Pamuks türkischem Verlag Iletisim Yayincilik in der türkischen Metropole. Bei einer Veurteilung drohen Pamuk sechs Monate bis drei Jahre Gefängnis.
In einem Interview Pamuks im Magazin des «Tages-Anzeiger», das Ende Februar erschienen war, hatte Pamuk unter anderem gesagt, in der Türkei seien 30 000 Kurden und eine Million Armenier ermordet worden. Niemand ausser ihm wage es, darüber zu sprechen.
Damit habe sich Pamuk nach Meinung der Staatsanwaltschaft im Istanbuler Stadtteil Sisli der öffentlichen Beleidigung des «Türkentums» nach Paragraf 301 des türkischen Strafgesetzbuches schuldig gemacht, teilte Pamuks Verlag mit.
Die offizielle Türkei steht auf dem Standpunkt, dass bei Massakern und Todesmärschen in Anatolien im Ersten Weltkrieg zwar mehrere hunderttausend Armenier ums Leben kamen, dies aber nicht das Ergebnis eines gezielten Völkermordes gewesen sei. Vielmehr habe es sich um eine kriegsbedingte Tragödie gehandelt.
Wegen der Armenier-Frage ist es in der Vergangenheit verschiedentlich zu Spannungen zwischen der Schweiz und der Türkei gekommen.
So laufen momentan zwei Verfahren gegen den Politiker Dogu Perinçek und den Historiker Yusuf Halacoglu wegen Genozid-Leugnung. Zudem wurde in der Folge ein für September geplanter Besuch von Bundesrat Joseph Deiss in der Türkei von der Regierung in Ankara kurzfristig verschoben, wie es offiziell hiess. (sda)