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Gehirnnutzer
Alfredos, so einfach wie du es darstellst ist das ganze nicht.
Es gibt zwei bzw. drei Arten der Zahlung mit EC-Karte , nämlich die, wo es ein Rückcheck mit der Bank gibt, mit Pin und vollständiger Überprüfung, das ELV und das 2006 abgeschaffte POZ. Ich gehe einfach davon aus, das der Fall nach 2006 geschehen ist, deswegen schließe ich POZ aus.
Das Verfahren mit PIN ist auszuschließen, denn hier wird alles abgefragt und überprüft. Es ist vom ELV auszugehen.
Wenn das ELV ausgeführt wird, wird aus dem Magnetstreifen der Karte Kontonummer, Bankleitzahl und Kartennummer ausgelesen. Der Kunde ermächtigt dann mit seiner Unterschrift den Verkäufer, den Betrag von seinem Konto einzuziehen. Es erfolgt maximal telefonisch eine Überprüfung, ob die Karte in einer Sperrdatei geführt wird, die Deckung wird nicht überprüft.
Rechtlich gesehen ist bei diesem Verfahren die Unterschrift des Kunden einerseits, die Ermächtigung zum Einzug und andererseits ein Versicherung, das das Konto über die entsprechende Deckung verfügt. Verfügt das Konto zum Zeitpunkt der Unterschrift nicht über die erforderliche Deckung und ist dies dem Kunden bekannt, begeht er rein rechtlich gesehen zu diesem Zeitpunkt einen vorsätzliche Betrug. Es spielt keine Rolle, ob zu erwartene Zahlungen zum Zeitpunkt des tatsächlichen Einzuges zu einer entsprechenden Deckung geführt hätten.
Ob der Straftatbestand des Betruges erfüllt ist oder nicht, entscheidet nicht die Summe um die es geht, sondern die Tathandlung. Die Summe ist für eine Sache aber ausschlaggebend, nämlich ob der Verstoß gegen § 263 StGB als Antragsdelikt oder Offizialdelikt behandelt wird.
Bei Betrugsschäden bis knapp über 50 € erfolgt eine Strafverfolgung nur auf Grund eines Strafantrages (Anzeige).
Kommen wir nun zum Knast, das ist auch ein normales Verfahren, wird eine verhängte Geldstrafe nicht bezahlt, kann das Gericht eine Ersatzfreiheitsstrafe anordnen. Da bei der Verhängung der Geldstrafe, die Einkommensverhältnisse des "Täters" berücksichtigt werden, können diese bei Nichtzahlung nicht mehr berücksichtigt werden. Wenn der Gerichtsvollzieher, der die Strafe vollstreckt, wenn auf einen Strafbefehl keine Reaktion erfolgt, das die Strafe selbst nicht durch Ratenzahlung und Pfändung innerhalb eines halben Jahres bezahlt wird, ordnet das Gericht die Ersatzfreiheitsstrafe an.
Auch wenn aus rechtlicher Sicht alles korrekt ist, so ist es ungewöhnlich das zum einen H & M Strafantrag gestellt hat und zum anderen der Richter eine solch hohe Strafe in diesem Fall verhängt.
Es gibt genug normale Handlungen im Alltagsleben, wo der Normalbürger aus Unwissenheit eigentlich aus rein rechtlicher Sicht eine strafbare Handlung begeht, aber so etwas wird normalerweise nicht zur Anzeige gebracht und wenn doch, kaum verfolgt, weil Geringfügigkeit der Schuld und mangelndes öffentliche Interesse vorliegen.
Es gibt eigentlich nur drei Möglichkeiten, warum H & M Strafanzeige erstattet hat:
- die Verluste durch nicht eingelöste ELV plus die damit verbundenen Kosten haben ein gewisses Limit überschritten. In solchen Fällen ändern Firmen ab und zu ihre Vorgehensweisen.
- deine Bekannte hatte schon vorher bei H & M mehrmals nicht eingelöste ELVs oder ist durch mehrere nicht eingelöste ELV bei verschiedenen Firmen auffällig geworden. Das kann Firmen dazu bewegen, Anzeige zu erstatten.
- bei der dritten Möglichkeit liegt neben der nicht eingelösten ELV ein Verstoß gegen die Nutzungsvorschriften der Karte vor. Zum Beispiel kann es sein, das deine Bekannte zwar Vollmacht über das Konto hat, was die Lastschrift für sich rechtlich gültig macht, sie aber nicht Karteninhaberin war und somit nicht berechtigt war, eine ELV zu machen. Zwar liegt hier dann nach ein Fehler der Kassiererin vor, sie hat die Unterschrift nicht geprüft, das ist aber strafrechtlich nicht relevant. Hier kämen zur der fehlenden aber durch die Unterschrift versicherten Deckung noch die Vorspiegelung falsche Tatsachen hinzu.
Die Höhe der Strafe deutet auf die letzten beiden Möglichkeiten hin, auch wenn Punkt 1 trotzdem durchaus möglich ist.
Ich persönlich halte die Strafe, abgesehen im Falle von Möglichkeit zwei, für überzogen. Auch wenn Unwissenheit nicht vor Strafe schützt, ist die Diskrepanz zwischen Strafe und angerichtetem Schaden zu groß. Nicht nur der Staatsanwalt kann ein Verfahren bei Vergehen nach dem Opportunitätsprinzip einstellen, auch der Richter kann dies. Bei solchen Fällen, betrachtet auf die Einzelperson, ist das ganze im Grunde genommen eine Bagatelle, wo meiner Meinung nach eine Belehrung des Richters und die Auflage in Zukunft nur noch bar zu zahlen (etwaige Entzug der Karte hängt von der Bank ab) vollkommen ausreichen ist.