„Ach Herr, gib unseren aufgescheuchten Seelen das Heil,
für das Du uns geschaffen hast.“

Welche wunderbaren Worte Bonhoeffer hier schreibt in einer Zeit, in der das Heil mit dem Namen Hitlers verbunden wurde und Hitler als Person in der deutschen Gesellschaft zum Götzen wurde. Bonhoeffer schreibt hier klar in der Nachfolge des Lebendigen Christus, dem allein die Frage unseres Heiles zukommt.

Hier sieht man, wie evident der Nationalsozialismus dem Christentum entgegengerichtet war. Im Christentum kommt das Heil von einem guten, barmherzigen Gott, der alle Lebewesen, alle Menschen, erschaffen hat und ihnen in Liebe zugetan ist. Von einem Gott, der selbst Mensch wird, selbst der Menschen Sünde auf sich nimmt und alles mit der Sünde verbundene Leid, unsere Zerbrochenheit, unsere Schmerzen und unser Elend in sich aufnimmt und mit uns durchleidet. Der Nationalsozialismus dagegen stellt einen absoluten Anspruch auf den frei geschaffenen Menschen her, greift auf ihn zu, ordnet ihn den Bedürfnissen der „Volksgemeinschaft“ vollständig unter und versklavt ihn. Wie groß ist dagegen die christliche Freiheit! Wir treten vor einen Gott, der zu jedem von uns sagt „Ich liebe dich so sehr, dass ich meinen eingeborenen Sohn gab, auf dass du nicht verloren gehen mögest, sondern das ewige Leben haben sollst.“

Bonhoeffer gibt hier dem Wort „Heil“ seinen wahren Bedeutungsgehalt wieder, befreit ihn vom nationalsozialistischem Gift und setzt ihn wieder in den Kontext christlichen Glaubens. Eines Glaubens, der von uns verlangt, auch die zu segnen, die uns hassen, die zu lieben, die uns verfluchen und verfolgen. Eines Glaubens, der uns abverlangt, die andere Wange hinzuhalten, statt selbst gewalttätig zu werden und der damit den Kreislauf von Gewalt und Gegengewalt radikal durchbricht. In der christlichen Demut kann eine große Stärke und Kraft liegen. Eine Kraft, die den okkulten Herrschern des NS-Regimes immer verborgen blieb.

Am Anfang dieser Strophe schreibt Bonhoeffer:

„Noch will das Alte unsere Herzen quälen,
noch drückt uns böser Tage schwere Last.“

Wir alle leiden unter der Sünde und ihren Folgen, dem Zerbrochenen und Zerstörtem. Christus hat die Macht der Sünde schon durchbrochen, aber sie ist noch nicht ganz aufgehoben. Das wird erst sein, wenn Gott gekommen ist und die Welt neu geschaffen und hergestellt hat. Die Schöpfung wird dann völlig erneuert sein, die Menschen werden sich radikal Gott zuwenden und von allem, was seiner Liebe entgegengerichtet ist abwenden.

Aber noch ist es noch nicht soweit gewesen. Die Strophe stellt in ihrem Gesamtzusammenhang darauf ab, dass Gottes Tag kommen muss, er ist unsere einzige Hoffnung darauf, dass wir froh und frei leben können: Das Reich Gottes ist Gerechtigkeit und Frieden, und Freude im Heiligen Geist.

Amen!