Moin, ich weiß nicht ob es hier her passt, aber da Bildung drauf steht, dachte ich, es passt hier rein. (Falls nicht: Könnte jemand so freundlich sein und es an den richtigen Ort platzieren, danke.)

Erstmal; Der Text ist nicht von mir, er ist von einem Freund. Allerdings finde ich ihn sehr gelungen und möchte ihn euch nicht vorenthalten. Viel Spaß.

Ich will in diesem Thread ein paar Sachen zeigen, die kündige ich erstmal grob an.

Erstens, der Schulzweck, weshalb wird Bildung betrieben, wie wird dabei verfahren? Kurzantwort: Die Schule
sortiert Kinder auf die vorgefundene Hierarchie der Gesellschaft.
Zweitens, die Rolle des Wissens in der Schule: Wenn Schule betrieben wird, wozu dient dabei das Wissen? Antwort: Es ist Mittel der Sortierung, für den Schüler Mittel des Beweises seiner Tüchtigkeit und keineswegs Ziel seines Wissensdurstes. Die inhalte des Wissens dienen der Gesellschaft zur Herrschaft, während dem Schüler Wege zu seinem freiwilligen Gehorsam einerseits und zur Ausübung dieser Herrschaft andererseits gezeigt werden.
Drittens, was macht die Schule aus den Menschen? Man redet von Bildung, was wird denn da überhaupt gebildet: Antwort: Der bürgerliche Charakter, autoritär und narzistisch, eingebildet trotz seiner elf bis siebzehn Jahre Erziehung zur Dummheit.
Viertens, als Randnotiz, was haben Intelligenz und Dummheit hier eigentlich zu bedeuten? Antwort: Vom Resultat der Erziehung wird auf ihre Bedingung geschlossen, wenn die Schüler allesamt unterschiedliche Leistungen erbringen, wird auf eine Leistungsfähigkeit geschlossen, die Intelligenz. Wer die Leistung nicht bringt, muss dumm sein, dabei muss noch jede Dummheit, die man aussprechen kann, erst noch gelernt werden, denn von alleine kommt keiner auf solchen Schwachsinn, den der gesunde Menschenverstand alleine deshalb für richtig hält, weil so gut wie jeder diese Dummheiten auf dem Kasten hat.

Der ganze Text oben ist nur 'ne Ankündigung, damit ihr den Faden nicht verliert. Kann also lang werden jetzt.


Punkt eins, Praxis und Zweck der Schule. Die Praxis ist dank der
Schulpflicht jedem hier vertraut, darüber muss nicht viel gesagt werden. Die Schulpflicht ist bemerkenswert: Was in der Schule passieren soll, ist offenbar kein nettes Extra, kein Luxus, kein Dienst am Schüler, sondern muss dem Schüler erst abverlangt werden. Von selbst versteht es sich also offenbar nicht, dass man zur Schule gehen sollte. Der Staat verprasst sogar ziemlich viel Geld dafür, seinen Nachwuchs durch die Schule zu jagen: Der ordnungsgemäße Schulbetrieb scheint also dem Staat wichtiger zu sein als den Schülern.

In möglichst jungen Jahren wird jedes Kind zur Schule zitiert und soll da im Fachunterricht gewisse Dinge über die Welt lernen, faktisches Wissen wird ihm ebenso beigebracht wie Methoden zum selbstständigen Wissenserwerb. In der Schule findet aber nicht nur der Erwerb des Wissens statt,
wesentlich ist die Prüfung. Geprüft wird unterschiedlos und unter gleicher Zeitvorgabe für jeden - also gerecht - das gesammelte Wissen und danach wird dann eine Note vergeben.

Zur Note: In der Note kommt nicht mehr vor,
was jemand weiß, sondern nur, wie viel er davon in gegebener Zeit anwenden kann. Es wird quantisiert und hierarchisiert, von 1 bis 6 wird die Lernleistung der Kinder bemessen. Interessant ist für denjenigen, der die Note betrachtet, also nicht, was jemand weiß: Einer 3 auf dem Abiturzeugnis kann ich nicht ansehen, ob derjenige vielleicht eine 1 in Analysis und eine 5 in Stochastik hat, ich sehe nur die 3. Das heißt, um die bestimmten Lerninhalte geht es denen, die die Note wissen wollen, nicht. Stattdessen geht es ihnen um die unbestimmte Lernfähigkeit.

Das ist wirklich bemerkenswert und sollte festgehalten werden: Im Resultat der Schule, der Note,
erscheint keine Information darüber, was jemand gelernt hat. Betrachtet man nur die Note, ist jeder Lernstoff gleichgültig. Es kommt nur darauf an, wie dieser gleichgültige Lernstoff beherrscht wird.

Das führt dann auch zu einer bemerkenswerten Art des
Lernens, die mit dem Begreifen einer Sache nichts mehr zu tun haben muss. Gelernt wird für die Klausur und dementsprechend auch nach der Prüfung alles wieder vergessen. Wer eine gute Note haben will, der kann, anstelle einen Stoff zu beherrschen, auch einfach alles, was abgefragt werden könnte, auswendig lernen - verschiedene Fächer eignen sich dafür unterschiedlich gut und ein gewisses Maß an Abstraktion muss auch da passieren. Aber am Beispiel der Mathematik: Wer einen Test erwartet, in dem Ableitungsregeln abgefragt werden, der muss überhaupt nicht wissen, was eine Ableitung ist. Er muss nur die Methode beherrschen, die Potenz vor's x zu ziehen und von der Potenz eins abzuziehen. Bei der Integralrechnung werden Abiturienten damit gequält, die korrekte Schreibweise mit dem dx einzuhalten, obwohl noch jeder Mathelehrer zugeben wird, dass die Abiturienten die Bedeutung des Differentials gar nicht verstehen können und nicht verstehen brauchen, sie sollen sich den Scheiß einfach als mathematischen Operator vorstellen. Aber obwohl die meisten Mathelehrer gar nicht erwarten, dass die Schüler verstehen, was sie da zu Papier bringen: Dass sie es zu Papier bringen, wird von ihnen noch allemal verlangt.

Noch etwas, was darauf schließen lässt, dass es bei der Schule keinesfalls darum geht, nützliches Wissen zu lernen, lässt sich aus der Benotung schließen: Es wird auf jeden Fall
erwartet, dass sich bei der Notengebung eine schöne Gauß-Glocke bildet mit dem Maximum bei der 3, einigen zweien und vieren und ganz wenigen einsen und zweien. Das bedeutet, wenn es einem Lehrer gelingen sollte, alle seine Schüler mit allem, was es über eine Sache zu wissen gäbe, zu unterrichten und alle nur noch einsen und zweien schreiben würden, damit würde der Lehrer den Schulzweck verfehlen. Solche Vorfälle gab's schon, das Resultat war, dass der Lehrer seine Schüler unterfordert hat und die Prüfung mit erhöhtem Schwierigkeitsgrad schreiben sollte, damit auch garantiert eine Verteilung der Schüler sichtbar wird.

Das heißt: Es ist beim ganzen Vorhaben der Schule
von vorneherein ausgemachte Sache, dass ein Großteil der Schüler das vorgebliche Ziel der Schule, Dinge zu begreifen, nicht erfüllen kann. Die Schwierigkeit der Schule richtet sich nicht nach der Schwierigkeit des Stoffs, sondern nach der Möglichkeit, Schüler auf ein Notenspektrum zu verteilen.

Wozu diese Verteilung?

Jeder weiß, dass von der Schullaufbahn das ganze weitere Leben abhängt. Schule braucht man, um an eine Ausbildung zu kommen, die einem einen möglichst hohen Lohn verspricht. Das heißt, dass das, worauf da sortiert wird, nichts anderes ist als die vorgegebene Verteilung der Menschen auf die Hierarchie der Lohnverteilung bei Ausbildungsberufen.

Daraus folgen erstmal zwei Sachen. Erstens, was Schülern erzählt wird, dass sie ihr Schicksal mit ihrer Leistung in der eigenen Hand hätten, ist falsch. Angenommen, alle Schüler könnten durch gute Arbeit von Lehrerseite den vorgegebenen Lehrplan erfüllen und alles lernen was ihnen aufgetragen wird: Das würde nicht bedeuten, dass alle Schüler Chemieingenieure und Juristen werden. Es würde bedeuten, dass der Schulzweck verfehlt ist, weil die Schule kein Sortierungskriterium mehr bietet. Resultat wäre, dass die Betriebe, die einstellen, ihre eigenen Prüfungen machen und nicht, dass wir eine Gesellschaft voller vollbeschäftigter Genies hätten. Es
braucht eine große Menge an wenig qualifizierten Berufen, das bedeutet, es braucht auch eine Schule, die einen großen Teil ihrer Schüler bewußt und mit voller Absicht am vorgegebenen Lernziel scheitern lässt.
Zweitens folgt daraus, das Mittel, mit dem Schule betrieben wird, das Wissen, verkommt zum Beweismaterial des eigenen Selbstwerts, und diesen Selbstwert kann man hier sehr ökonomisch als Wert der eigenen Arbeitskraft auffassen.
Das ganze erste Lebensdrittel eines Menschen ist damit verplant, dass er ständig Wissen missbrauchen muss, um sich in einer Lernkonkurrenz durchzusetzen. Man lernt von Anfang an Wissen als Mittel des Selbstwerts und der Konkurrenz kennen.

Jede einem Kind eigene Neugier ist irgendwann überhaupt nicht mehr von berechnender Streberei zu unterscheiden. Wer etwas wissen will, der will in einer Konkurrenzsituation gewinnen und ist dementsprechend ein Arschloch. Wer sich für eine Sache nicht interessiert, ist nicht fähig und dementsprechend ein Idiot.


Dem Schüler dient Wissen also zum Beweis der eigenen Überlegenheit. Wer etwas weiß, kann sich darauf etwas einbilden. Hier ist weiterhin jedes Wissen für den Zweck gleichgültig. Auswendiggelernte Telefonbücher sind genauso ein Zeichen geistiger Leistungsfähigkeit wie richtiges Rechnen und Lesen, auch wenn kein Mensch auswendiggelernte Telefonbücher braucht. Wissen tritt als Sammlung von zusammenhangslosen Fakten und einigen generellen Fähigkeiten auf.

Da hört die Beliebigkeit des Wissensinhalts - zur Benotung soll es taugen und zum Selbstwert - auch schon auf. Tatsächlich werden in der Schule ja keine Telefonbücher memoriert, sondern anderes Wissen vermittelt.

Das hat zwei Absichten. Erstens, das offensichtlichste, Wissen, das im späteren Beruf tatsächlich gebraucht wird. In der Schule selbst ist das nur das ganz elementarste, Rechnen, Schreiben, Lesen und ein bißchen Fachwissen. Aber selbst wenn ein Kind mit 8 Jahren schon ganz genau weiß, was es mal werden wird, den ganzen anderen Rest soll es trotzdem noch lernen.

Die zweite Absicht: Die Erziehung des Kindes zum Bürger. Am Ende der Schule sollen Menschen stehen, die wissen, wie sie mit der bürgerlichen Gesellschaft umgehen. Die sollen Steuererklärungen schreiben können, Gerichtsvorladungen lesen können und sollen ihre demokratische Gesinnung mit Pro- und Kontraargumenten untermauern können. Vor allem sollen die Kinder zu allem, was in der bürgerlichen Gesellschaft passiert, freiwillig eine positive oder positiv-kritische Stellung beziehen können, eben aktive Mitglieder der Gesellschaft sein und nicht bloß Menschenmaterial. Dazu dienen die ganzen Vorläufer der Geisteswissenschaften wie Deutsch, Geschichte, Politikwissenschaft und so weiter, zur moralischen Erziehung.
Die andere Sparte, die Fachwissenschaften wie Chemie und Biologie, werden erst im Studium wirklich wichtig, wenn man sich spezialisiert. Die Schule legt hier über ein halbes Jahrzehnt Grundlagen, die später im Studium in einem Semester noch mal kurz angeschnitten oder vorausgesetzt werden. Jetzt, im Studium, werden dann Menschen ausgebildet, die eben durch ihren Beitrag zu dieser Wissenschaft ihren Beitrag zum Gemeinwesen liefern: Die Naturwissenschaften sind eben unersetzbares Mittel der Naturbeherrschung, die Naturbeherrschung wiederum Mittel zu jeder anderen Herrschaft.

Das nur als Ausflug, jetzt wieder zurück dazu, was Bildung mit den Leuten anstellt: Macht sie zu Narzisten. Weil Bildung als Konkurrenz organisiert ist, kämpft jeder Schüler gegen jeden anderen und steht unter dem ständigen Druck, sich zu beweisen. Während die Streber noch Glück haben und ihre Bestätigung direkt von der Autorität des Lehrers erfahren, müssen die Versager sich eine andere Autorität und Belohnung suchen. Am liebsten haben sie's, sich selbst als Autorität auf dem Schulhof zu setzen. Man findet deshalb neben dem Streberarschloch in der Schule noch das allgemeien Arschloch vor, das den Beweis seines Selbstwerts eben durch Prügel, Witze oder amateurhafte und peinliche "Kreativität" und "Individualität" antritt.


Um das nochmal zu wiederholen: Die Schüler lernen Wissen so kennen, dass sie sich damit selbst beweisen. Das erstens. Zweitens, dass jedes (vorgegebene) Wissen zu diesem Zweck prinzipiell gleichgültig ist. Das hat eine direkte Folge für das Denken: Es wird selbst Mittel zum Beweis des Selbstwerts und es wird gleichgültig.


So lässt sich dann auch die Unsitte bürgerlicher Diskussionskultur erklären. Wenn der erfolgreich verblödete Schüler die Schule verlässt und Bürger sein darf, hat er immernoch nicht gelernt, sein Wissen für was nützliches zu verwenden, seine Allgemeinbildung zu all dem, was er nicht in seinem Alltag braucht, ist immernoch alleine Mittel zum Beweis seiner Fähigkeit einerseits und vollkommen beliebig andererseits. Eine Sache theoretisch zu durchdringen hat er nicht gelernt, stattdessen kennt er nur das Verfahren des argumentierens, das heißt, sich Gründe für oder gegen einen Sachverhalt auszudenken. Da spielt dann auch die Arroganz mit, eine Sache erst gelten zu lassen, wenn man selbst eine Position dazu bezogen hat. Vom bürgerlichen Meinen bleibt daher auch nichts verschont, von der Ästhetik von Piercings bis zur besten Staatsform wartet jedes Thema dieser Welt anscheinend noch darauf, von irgendeinem dahergelaufenen Bürger nach seinem Einverständnis gefragt zu werden. Wenn man mal keine Meinung in einem Thema hat, dann hat man immerhin noch eine Meinung zu einem Thema, dann liegt die Meinungslosigkeit nämlich daran, dass das ganze Thema blöd ist. Alles in allem sehr infantil, was da abläuft. Jedenfalls, deshalb wird man ständig mit unqualifizierten Meinungen zu allem und jedem belästigt. Ärzte, die jahrzehntelang Medizin betreiben, müssen sich von ihren Patienten anhören lassen, dass sie doch lieber Homöopathie verschrieben haben wollen, Religiöse und Esoteriker wissen über die Notwendigkeit des Urknalls mehr als jeder Physiker und über den Kommunismus ist man hinaus seit man mit 14 angefangen hat zu behaupten man hätte mal was von Marx gelesen - 'n liberaler Kumpel von mir und engagierter Marxkenner und -kritiker war neulich ganz überrascht, dass das Kapital über 2000 Seiten hat, er "erinnert" sich an 200, an Argumente da drin erinnert er sich gar nicht. Wieso fällt es ihm so schwer, einfach mal zuzugeben, dass er keine Ahnung von der Sache hat, über die er sich ständig äußert? Weil er sein Ego daraus bezieht, natürlich. Und was passiert, wenn man ihm ein bißchen helfen möchte und ihm was über die Sache, von der er nichts versteht, beibringen möchte? Er sieht sein Ego angegriffen.

Der nächste Punkt: Autorität. Man ist es von Kindesbeinen an gewohnt, Lernen mit verdinglichter Autorität zu betreiben. Das heißt, man sieht sich als Kind mit Eltern und Lehrern konfrontiert und hat ihnen zu glauben, weil sie Eltern und Lehrer sind. Die Wahrheit über die Welt liegt für das Kind in der Person, die sie äußert. Das bedeutet: Will man einem bürgerlich verbildeten Menschen etwas beibringen, muss dieser sich erstmal in ein Autoritätsverhältnis zu einem begeben.

Von welcher Seite man es auch betrachtet, Lernen geht mit so verblödeten Menschen anscheinend ausschließlich auf der Ebene der Persönlichkeit. Wissen ist Beweis für diese Persönlichkeit. Etwas von jemandem zu lernen würde bedeuten, sich demjenigen unterzuordnen. Einen Fehler einzugestehen, würde bedeuten, eine Kränkung einzugestehen.

Das ist der ganze Grund, warum im bürgerlichen Diskutieren kein Ende gefunden werden kann. Normalerweise ist ein Thema irgendwann erschöpft und ausgereizt und es wurde alles schon gesagt. Nicht so beim bürgerlichen Diskutieren: Weil Wissen erstens Mittel zum Beweis des Selbstwerts ist und zweitens jedes Wissen für diesen Zweck beliebig ist, argumentiert der Bürger genauso gerne mit irgendwelchen Sachargumenten wie mit irgendwelchen Metaargumenten. Man kann ihm 10 Argumente zu einer Sache nennen: Er sagt dir ein Argument darüber, dass dein Schreibstil wahlweise zu abgehoben oder zu dumm war, und schon kann das endlose Diskutieren auf einer anderen Ebene weitergehen. Ziel des Ganzen ist nicht, etwas über eine Sache herauszufinden, sondern sich zu beweisen. Und weil die Gedanken niemals auf eine Sache gerichtet sind, sondern immer nur auf sich selbst, verlieren so viele bürgerliche Diskutierer auch gerne mal den Faden: Die wussten ja von Anfang an nicht so genau, worüber sie gerade reden und wozu das ganze Diskutieren und Beweisen gerade gut ist, sie wollten ja nur was über sich sagen.

Nochmal zurück zur Autorität: Als Bürger ist man es gewohnt, sich gegenseitig als gleichwertigen Bürger anzuerkennen. Das Verhältnis von Kind zu Eltern oder von Schüler zu Lehrer ist ein autoritäres Verhältnis, nicht das Verhältnis zwischen zwei gleichberechtigten und gleichwertigen Bürgern. Es widerspricht dem bürgerlichen Selbstverständnis, in seiner Rolle als Teilnehmer am bürgerlichen Diskurs eine andere Rolle einzunehmen als die des gleichwertigen Gesprächspartners. Ein Physiker mag in seinem Beruf mehr Ahnung von Physik haben, im bürgerlichen Gespräch kann er darauf nicht verweisen. Akzeptiert wird allenfalls der Verweis auf eine äußere Autorität: Einstein hat gesagt (macht aber nichts, der Bürger weiß es zur Not eh besser). Die eigene Autorität hängt dann auch nicht an der Wahrheit der Sache, sondern an einer anderen äußeren Autorität: Mein Diplom sagt, dass meine Uni sagt, dass ich Autorität habe, und der Staat sagt, dass meine Uni Autorität hat.

Das mit der Autorität hat jetzt noch ganz andere Auswüchse. Wenn ein Bürger sich doch mal dazu bequemt, sich etwas beibringen zu lassen, dann hat dieses Verhältnis wieder die selben infantilen und autoritären Züge wie in der Kindheit und in der Schule: Über die Persönlichkeit des Lehrers. Das ist der Grund für die Bildung politischer Sekten.

Nochmal kurz zur Aufmunterung: Das kann man natürlich alles vermeiden, wenn man es erstmal begriffen hat. Man muss nur anfangen, sich für eine Sache zu interessieren und damit aufhören, sich über diese Sache beweisen zu wollen. Das alles sind keinesfalls natürliche oder unabänderliche Mängel des Menschen an sich, das wird durch Schule erst hergestellt.

Der letzte Punkt ganz kurz: Dummheit und Intelligenz. Es wird so getan, als wäre der Zustand, auf den Schüler verteilt werden, die Berufshierarchie, selbst Grund einer ganz anderen, dem Menschen eigenen Qualität, der Intelligenz. Es wird so getan, als würde die Schule diese allgemeine Qualität des Lernenkönnens prüfen, dann ist es ja völlig verständlich, dass nur die Besten Physiker werden und diese Besten können sich dann auch eine Menge auf ihre Leistung einbilden und haben für ihren Beruf auch mehr Knete verdient. Was die Schule da prüft, ist aber kein Können, sondern ein Wollen. Die Fügsamkeit der Schüler und ihre Autoritätshörigkeit. Im Resultat lassen Können und Wollen sich auch gar nicht unterscheiden. Es ist jedenfalls viel zu schnell geschlossen, von der Abwesenheit von Wissen auf eine prinzipielle Fähigkeit zum Erlangen von Wissen zu schließen. Diese Abwesenheit kann alle möglichen Gründe haben während die Anwesenheit überhaupt nicht darauf hindeuten muss, dass das Wissen auch Begriffen wurde: Kann ja auch memoriertes Faktum sein, das nach der Prüfung wieder vergessen wurde.

Was mit der Schule aber sehr gut und sehr gründlich geprüft wird, ist, ob sich ein Schüler eignet, in die gesellschaftliche Elite eingemeindet zu werden. Wer den Schulblödsinn fraglos mitmacht, der geht auch durch's Ingenieursstudium um dann in die Waffenfabrik.

Noch ein Wort zur Dummheit, weil's angekündigt wurde: Viele Dummheiten müssen erst gelernt werden. Solche Sprüche wie "Das was du sagst ist doch bloß subjektiv", "Ausnahmen bestätigen die Regel", "Du pauschalisierst", "Das ist ein Vorurteil" und so weiter: Die müssen gar nicht verstanden werden, aber jeder weiß, wie man sich an so einem Unsinn bedient, um Position zu beziehen, ohne etwas von dem, was da diskutiert wird, zu wissen. Dummheiten werden deshalb gelernt, weil sie allgemein akzeptiert werden. Meine Lieblingsdummheit ist die Ironie: Wenn man in einer Sache nicht weiter weiß, muss man den Fehler, den man macht, einfach ironisch übertreiben. Das wirkt dann so, als hätte man von anfang an nichts anderes gemacht. Beispiel: A sagt was, B beweist das Gegenteil, A sagt: "Hahaha, trolled u!"