Angst ließ ihn nicht zur Ruhe kommen, wenn seine Frau allein auf die Straße musste. Zu unsicher das Athener Viertel, zu viele Kriminelle, zu viele Illegale. Doch dann kamen die Männer von „Chrysi Avgi“. Seitdem ist er ruhiger. Denn nun begleiten sie seine Frau zum Einkaufen, dafür ist er der „Goldenen Morgenröte“ dankbar. Die Partei hat für ihn die Sicherheit wieder hergestellt – und ganz nebenbei hat sie den Schlüssel zu den Herzen der beiden gefunden.
Solche Geschichten, wie sie der furchtsame Mann aus Athen erzählt, seien keine Seltenheit, sagt Alexander Kritikos. Bei seinem letzten Griechenlandbesuch im Oktober hat der Ökonom vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) einige Geschichten dieser Art gehört. Der Griechenland-Experte beobachtet mit Schrecken die Entwicklungen im Land. Denn „Chrysi Avgi“, die „Goldene Morgenröte“, ist neofaschistisch. Bei aktuelle Umfragen in Griechenland landet sie auf dem dritten Platz.
Dass die Faschisten in Griechenland so populär sind, liegt vor allem an der Finanzkrise. Ihnen hilft auch das Problem der illegalen Einwanderern, das schon immer da war, aber erst mit der Finanzkrise eine solche Brisanz bekommen hat: Heute leben nach Schätzungen mindestens 1,5 Millionen Illegale in Griechenland. „Bei rund zehn Millionen Einwohnern ist die Quote enorm“, sagt Kritikos. Zum Vergleich: Auch in Deutschland wird die Zahl der Illegalen auf 500.000 bis eine Million geschätzt. Allerdings hat Deutschland rund 82 Millionen Einwohner.
In Griechenland gebe es keinerlei Infrastruktur, kein Auffangsystem für Illegale, sagt Kritikos. Also tauchten die meisten in Athen und anderen Städten unter. „Für sie bleiben nur Schwarzmarkt, Tagelohn oder im schlimmsten Fall Einbruch und Raub, um zu überleben.“ In der Wahrnehmung der Bürger greife die Polizei nicht ein. Zurück bleibe die Angst der Bewohner.