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Thema: Geschichte: Walther Rathenau

  1. #21
    in memoriam Benutzerbild von Klaus E. Daniel
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    Zum vorigen nehme ich später Stellung.
    __________________________________

    houndstooth (dessen Zitiergenehmigung ich habe, schrieb:

    Straffer Thread und fuer mich fast alles neu und interessant.
    Muss dies noch einmal in Ruhe durchlesen.

    Die Ueberschrift " Walther Rathenau " machte mich neugierig. Drum moechte ich mich doch mit einer Frage an Dich/Euch wagen Klaus : Wenn es Dir oder jemand Anderem nichts ausmacht , und Du/Ihr Naeheres darueber Bescheid weist,[...] dann wuerde mich die Beziehungen zwischen Einstein und seinem guten Freund Rathenau aus Eurer Perspektive sehr interessieren.

    Bekannt ist mir, dass Einstein bei der Beerdigung Rathenaus zugegen war und eine bewegende Begraebnisrede hielt.
    Auch dass Einstein von sog. 'Freischaerlern' bedroht wurde und dies einer der Hauptgruende war, dass er Deutschland den Ruecken gekehrt hatte.

    Einstein war auch spaeter noch sehr aktiv in der 'Rathenau Stiftung'?? etc.

    ( Uber 'Freischaerler' habe ich leider keine Ahnung , kann also hier ueberhaupt nicht mitreden, sondern nur lesen und lernen )

    Besten Dank im Voraus

    Herzlichen Gruss

    Bis dann...Heinz

  2. #22
    in memoriam Benutzerbild von Klaus E. Daniel
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    EINSTEIN IN CAPUTH

    In der Caputher Zeit, 1929 bis 1932, war Einsteins Popularität immer noch ungebrochen. Er erhielt Einladungen aus der ganzen Welt, um an den unterschiedlichsten Universitäten Gastvorlesungen zu halten oder um Ehrungen oder Auszeichnungen entgegenzunehmen. (Ehrungen, Preise und Auszeichnungen) Während dieser Reisen äußerte er sich auch zunehmend zu Fragen, die mit seinem direkten Arbeitsgebiet, der Physik, nichts zu tun hatten, z.B. auch zu Fragen der Politik. Neben seiner Arbeit an den verschiedenen Instituten in Berlin und seinen vielen Reisen, war Caputh für ihn ein "Paradies" wo er zurückgezogen seinen - physikalischen - Gedanken nachgehen konnte. Dies war sicherlich auch dort nicht immer möglich, da er sehr oft von irgendwelchen Leuten bedrängt wurde, die etwas von ihm wollten.

    Wenn man sich mit dem Leben Albert Einsteins beschäftigt, insbesondere auch mit der Caputher Zeit, gewinnt man den Eindruck, dass er in Caputh schöne Jahre verbracht hat, vielleicht, neben den Berner Jahren, die schönsten in seinem Leben.

    Einstein und seine Familie lebten vom Frühjahr bis in den Spätherbst in ihrem Sommerhaus in Caputh. Den Rest des Jahres verbrachten sie in ihrer Berliner Stadtwohnung in der Haberlandstraße 5. Neben den Familienmitgliedern wohnte noch die Hausangestellte Herta Schiefelbein mit in dem Haus. Einsteins Sekretärin Helen Dukas, die später einer seiner Nachlassverwalter wurde, und Einsteins "Rechner" Dr. Walther Mayer waren sehr oft in Caputh. Sie, um für ihn die anfallenden Schreibarbeiten zu erledigen und er, um ihn bei mathematischen Problemen zu unterstützen.

    Einstein hat Caputh geliebt, und er dachte anfangs daran, seinen Wohnsitz ganz dorthin zu verlegen. Da er aber viel in Berlin zu tun hatte, z.B. um an den wöchentlichen Sitzungen der Preußischen Akademie der Wissenschaften teilzunehmen, hat er diesen Gedanken schnell wieder fallen lassen. Es gefiel ihm dort aber so gut, dass er manchmal eine Sitzung der Akademie oder einen anderen Termin einfach schwänzte.

    In Caputh lebte Einstein naturverbunden und genoss es, weit entfernt von jeglichem Trubel, in relativer Ruhe, den Tag ganz nach seinen Vorstellungen zu verbringen. Das konnte so aussehen, dass er viele Stunden an seinem Schreibtisch arbeitete oder schon früh am Morgen ausgiebige und einsame Spaziergänge in die angrenzenden Wälder unternahm oder seiner Lieblingsbeschäftigung, dem Segeln, nachging. Neben all diesen Beschäftigungen spielte Einstein, wenn auch zu unregelmäßigen und den unmöglichsten Zeiten, oft Geige. Außerdem war es für ihn sehr angenehm, dass er in Caputh bequeme und legere Kleidung tragen konnte.

    Der Ruhe wegen gab es in Einsteins Haus kein Telefon. Um ihn aber dennoch telefonisch zu erreichen, musste man bei einem Nachbarn, dem Töpfermeister Wolff, anrufen, der dann durch Heranrufen jemand aus Einsteins Familie ans Telefon bat. Dieser Vorgang wurde später dahingehend abgeändert, dass Elsa Einstein der Familie des Töpfermeisters eine kleine Trompete zur Verfügung stellte und ein Signalsystem entwickelte. Es wurde für jedes Mitglied der Familie Einstein eine Tonfolge festgelegt, mit der dann die entsprechende Person ans Telefon gerufen werden konnte. Z.B. bedeutete die Tonfolge, "einmal lang und laut", dass Einstein selbst am Telefon verlangt wurde.

    Wie zu dem Töpfermeister Wolff und seiner Familie hatte Einstein viele Kontakte zu Caputher Bürgern. Er war bei ihnen, besonders wohl bei den Kindern, beliebt und hat sich mit vielen von ihnen unterhalten, wobei er ein aufmerksamer Gesprächspartner war. Kaum einer der Caputher wusste aber, welche Berühmtheit er war. Manchmal beschäftigte Einstein auch Leute aus dem Ort, so zum Beispiel jemanden für die Inbetriebnahme seiner Heizung oder für die Arbeit im Garten. Er hat sich selbst nicht um diese Dinge gekümmert. Das galt auch für alle anderen Dinge im und um das Haus; sie wurden meist von seiner Frau Elsa erledigt.

    Die Familie Einstein beherbergte in Caputh auch zwei Haustiere. Da waren Purzel, der Langhaardackel des Handwerksmeisters Teichmann aus der Nachbarschaft, der mehr Zeit bei Einsteins verbrachte als zu Hause, und ein zugelaufener Kater, der Peter gerufen wurde. Einstein hatte Freude daran, wenn Purzel ihn auf seinen Spaziergängen begleitete und auch mit dem Kater hat er sich immer wieder beschäftigt.

    Auf Wunsch und zu Gunsten der Deutschen Liga für Menschenrechte, entstand in Caputh Einsteins Glaubensbekenntnis, das er auf eine Schallplatte sprach (Einsteins Glaubensbekenntnis).

    Im Sommerhaus selbst herrschte eine geistig produktive Atmosphäre vor, nicht zuletzt, weil Einstein hier viele namhafte Gäste aus aller Welt empfing, wodurch auch Caputh weltbekannt wurde.

    DIE GÄSTE

    Es gibt wohl kaum eine Privathaus, in dem sich so viele Nobelpreisträger aufgehalten haben wie in Einsteins Sommerhaus in Caputh. Es würde zu weit führen, an dieser Stelle auf einzelne Besucher näher einzugehen. Darum soll hier nur eine alphabetisch geordnete Auflistung einiger berühmter Gäste, zu denen u.a. Naturwissenschaftler, Künstler, Schriftsteller und Politiker gehörten, genügen. Die Namen der Nobelpreisträger, zu denen Einstein ja selbst auch gehörte, sind kursiv dargestellt.

    Zu Einsteins Gästen in Caputh gehörten u.a.:

    Max Born, Gustav Bucky, Paul Ehrenfest, Felix Ehrenhaft, Abraham Flexner, Philipp Frank, Fritz Haber, Otto Hahn, Gerhart Hauptmann, Alfred Kerr, Käthe Kollwitz, Max von Laue, Max Liebermann, Heinrich Mann, Walther Nernst, Max Planck, Erwin Schrödinger, Anna Seghers, Arnold Sommerfeld, Leo Szilard, Rabindranath Tagore, Chaim Waizmann, Paul Wigner, Arnold Zweig.

    Einer der Besucher war der Amerikaner Abraham Flexner. Er führte in Caputh Gespräche mit Einstein und gewann ihn für das noch zu gründende "Institute for Advanced Study" in Princeton, USA, wo Einstein dann ab 1933 bis zu seinem Tod im April 1955 lebte und arbeitete.

    Zu den weniger berühmten Gästen, die ebenfalls in großer Zahl zugegen waren, gehörte auch Einsteins Schwester Maja. Sie war mehrmals draußen in Caputh, und wenn sich die Gelegenheit bot, unternahmen Bruder und Schwester gemeinsame Spaziergänge in der schönen Landschaft.


    Einstein legte in seinem Sommerhaus ein Gästebuch an, in das sich die Gäste eintragen sollten. Dies hatte nach Wunsch des Hausherrn nur in Versform zu geschehen. Eine Ausnahme von dieser Regel machte Einstein bei dem indischen Schriftsteller Tagore. Der erste und auch der letzte Eintrag in diesem Buch stammten von dem Physiker Max von Laue. Das Original des Gästebuchs befindet sich heute im Leo-Beack-Institute in New York.

    Neben den Gesprächen, die er mit seinen Gästen in seinem Sommerhaus führte, unternahm er mit ihnen auch oft gemeinsame Spaziergänge. Als besondere Ehre galt es, wenn Einstein seine Gäste zum Segeln auf die Havelseen einlud. Diese Ehre wurde u.a. Max von Laue zu teil, der sich mit Einstein nicht nur "wissenschaftlich" sondern auch privat sehr gut verstand.

    DAS SEGELN

    "Beim Segeln, das er leidenschaftlich gern betrieb, hatte er keinen sportlichen Ehrgeiz", sagte Max von Laue zu Einsteins liebster Freizeitbeschäftigung.

    Einstein, der schon in der Schweiz u.a. auf dem Zürichsee segelte, fand in Caputh ideale Voraussetzungen vor. Die Anlegestelle seines Jollenkreuzers lag, nur etwa 10 Minuten Fußweg von seinem Haus entfernt, am Templiner See neben dem Bootshaus Schumann. Wohlhabende Freunde hatten den Jollenkreuzer Einstein zu dessen 50. Geburtstag, geschenkt. Obwohl das Boot den Namen "Tümmler" trug, nannte es Einstein liebevoll sein "dickes Segelschiff".

    Der Jollenkreuzer wurde von dem Schiffbau-Ingenieur Adolf Harms entworfen und in der Werft von Berkholz & Gärsch in Friedrichshagen als Unikat gebaut. Gefordert war eine leichte Bedienbarkeit des Bootes, ohne jede Anstrengung. Es war auf Einsteins Wunsch mit einem Hilfsmotor ausgestattet, den man von außen nicht erkennen konnte, und hatte eine Länge über Alles von 7 m bei einer Breite auf Planken von 2,35 m. Der Tiefgang betrug 0,33 m bzw. der Tiefgang mit Schwert 1,25 m. Die Segelfläche betrug 20 m2. Das Boot hatte Schlafgelegenheiten für zwei Personen; die Inneneinrichtung, ausgeführt in Mahagoni, war recht komfortabel.

    Einstein hat sein "dickes Segelschiff" geliebt, und er verbrachte sehr viel Zeit mit seinem Boot auf den angrenzenden Havelseen. Er, der ein guter Segler war, segelte am liebsten allein, und obwohl er nicht schwimmen konnte, lehnte er es strikt ab, eine Schwimmweste anzulegen. Das führte dazu, dass sich seine Familie immer große Sorgen machte, wenn er mit seinem Boot unterwegs war. Oft nahm er aber auch Gäste mit zu einem Segelausflug.

    Auf seinem Segelboot fand Einstein die Ruhe und Erholung, die er brauchte, um ungestört seinen Gedanken nachgehen zu können. Da er auf dem Boot oft über seine physikalischen Theorien nachdachte, befanden sich an Bord auch immer Papier und Bleistift für seine Notizen.

    DIE PHYSIK

    Während Einsteins Berliner Zeit, 1914 bis 1932, war er Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften und Professor an der Friedrich-Wilhelm-Universität ohne Lehrverpflichtung. Obwohl er das Recht hatte, Vorlesungen zu halten, machte er nicht allzu oft Gebrauch davon. Daneben war er Direktor des neugegründeten Kaiser-Wilhelm-Instituts für Physik, das am 1. Oktober 1917 seine Arbeit aufnahm. In den Jahren 1916 bis 1918 war Einstein Max Plancks Nachfolger als Präsident der Deutschen Physikalischen Gesellschaft.

    Auf dem Gebiet der theoretischen Physik "plagte" sich Einstein während der Caputher Zeit u.a. mit der einheitlichen Feldtheorie und der Quantenmechanik.

    Bei der einheitlichen Feldtheorie suchte er nach einer Erweiterung seiner Gravitationstheorie, der allgemeinen Relativitätstheorie (Einsteins Theorien), um das Gravitationsfeld und das Elektromagnetische Feld zusammenfassend zu beschreiben. An dieser Erweiterung, deren Grundgedanken er schon 1923 in seinem Nobelvortrag in Göteborg erläutert hatte, arbeitete er bis an sein Lebensende vergeblich.

    Die neue Theorie des Mikrokosmos, die Quantenmechanik, wurde von Einstein nie als vollwertige Theorie akzeptiert, da in ihr Zufälligkeiten zur Anwendung kamen. Für Einstein war der Begriff "Zufall" in der Physik undenkbar, und er bezeichnete ihn als "eine Schwäche der Theorie". Darum übte er beharrlich Kritik an ihr, die aber physikalisch fundiert und konstruktiv war. Im Oktober 1930 fand der 6. Solvay-Kongress in Brüssel statt. Bei den Solvay-Kongressen, die durch den belgischen Großindustriellen Ernest Solvay finanziert wurden, kam ein kleiner Kreis international führender Physiker zusammen, um über aktuelle physikalische Theorien zu diskutieren. Auf diesem 6. Kongress, an dem Einstein zum letzten Mal teilnahm, kam es auch wieder zu lebhaften Auseinandersetzungen zwischen Einstein und dem dänischen Physiker Niels Bohr, einem der Wegbereiter der Atom- und Kernphysik, über die Quantenmechanik.

    Parallel zu den beiden genannten Arbeitsgebieten beschäftigte sich Einstein mit den unterschiedlichsten physikalischen Problemen. Dies bezeugen seine zahlreichen wissenschaftlichen Veröffentlichungen aus dieser Zeit (Einsteins wissenschaftliche Publikationen).

    Neben den Reisen, um Ehrungen entgegenzunehmen, war Einstein auch viel unterwegs, um Vorlesungen über seine Theorien zu halten. In den Jahren 1930 bis 1932 verbrachte er jeweils den Winter in Amerika, um u.a. am California Institute of Technology (CalTech) in Pasadena, Kalifornien, Gastvorlesungen zu halten und um auf dem Mount Wilson Astronomical Observatory mit dem berühmten Astronomen Edwin Hubble zusammen zu arbeiten.

    VERSCHIEDENES

    Mehrmals begab sich Einstein auf den Telegrafenberg in Potsdam, um sich über den Stand der Untersuchungen zur, von der allgemeinen Relativitätstheorie vorhergesagten, Gravitations-Rotverschiebung zu informieren, die am dortigen Einstein-Turm durchgeführt wurden. 1920 bis 1924 wurde der Einstein-Turm auf Anregung des Astronomen E. F. Freundlich auf dem Gelände des Astrophysikalischen Observatoriums errichtet. Der Architekt war Erich Mendelsohn. Finanziert wurde der Bau durch die Aktion "Einstein-Spende". Der Einstein-Turm wurde im Zweiten Weltkrieg teilweise zerstört, aber später wieder aufgebaut, und er wird auch heute noch von der Wissenschaft u.a. zur Sonnenforschung genutzt.

    Parallel zur Physik beschäftigte sich Einstein in den Jahren 1929 bis 1932 aber auch sehr intensiv mit anderen, allgemeineren, Themen. Neben dem schon erwähnten Glaubensbekenntnis ist an dieser Stelle noch seine beeindruckende Rede, anlässlich der Eröffnung der 7. Deutschen Funkausstellung und Phonoschau in Berlin, am 22. August 1930 zu nennen (Einsteins Rede zur Eröffnung der Funkausstellung).

    Er schrieb weit beachtete Gedenkaufsätze, z.B. im November 1930 zum 300. Todestag von Johannes Kepler sowie Nachrufe z.B. auf den am 3. Oktober 1929 verstorbenen deutschen Außenminister Gustav Stresemann.

    Da Einstein dem Zionismus nahe stand, nahm er im August 1929 an einem Zionistenkongress in Zürich teil. Nicht zuletzt durch die politischen Verhältnisse in Europa und besonders in Deutschland setzte er sich ab 1930 verstärkt für den Pazifismus ein. Er verfasste und unterzeichnete zahlreiche Aufrufe und Petitionen.

    Im Sommer 1932 begann er einen Briefwechsel mit dem Begründer der Psychoanalyse, Sigmund Freud. Diese Briefe beinhalten einen Gedankenaustausch über die Ursachen des Krieges sowie dessen Verhinderung und wurden 1933 in einer Broschüre unter dem Titel "Warum Krieg?" veröffentlicht.

    Daneben beteiligte sich Einstein an politischen Aktionen. 1932 versuchte er gemeinsam mit seinem Freund und Kollegen, dem französischen Physiker Paul Langevin, andere Wissenschaftler und Kriegsgegner aufzurufen, um sich gegen den wachsenden Militarismus und den Faschismus zu organisieren. Mit Heinrich Mann, Ernst Toller, Arnold Zweig, Käthe Kollwitz und anderen rief er im gleichen Jahr zur Bildung einer Einheitsfront gegen den anwachsenden deutschen Faschismus auf. Aber das drohende Unheil war nicht mehr aufzuhalten.

    DER NATIONALSOZIALISMUS

    Als Einstein im September 1929 nach Caputh kam, waren die Nationalsozialisten in Deutschland, mit Hitler an ihrer Spitze, schon längst auf dem Weg zur Macht. Was 1923 mit dem Hitlerputsch in München begann und in einem massenwirksamen Kampf weitergeführt wurde, fing nun an, Früchte zu tragen. Bei den Reichstagswahlen im September 1930 stieg die Anzahl der Mandate der NSDAP schon auf 107 und bei der Wahl im Juli 1932 sogar auf 230 an. Damit war die NSDAP die stärkste Partei in Deutschland. Hitler wurde am 30. Januar 1933 von Hindenburg zum Reichskanzler ernannt und übernahm damit endgültig die Macht. Zu diesem Zeitpunkt befand sich Einstein auf einer Vorlesungsreise in Amerika.

    Nach dieser "Machtergreifung" rief die Führung der NSDAP am 1. April 1933 zu einem nationalen Judenboykott auf, und die Anfeindungen der Nazis konzentrierten sich nicht zuletzt auf Albert Einstein. Schon einige Tage vorher, am 20. März, wurde Einsteins Sommerhaus in Caputh von den Nazis durchsucht, da sie dort ein Waffenlager der Kommunistischen Partei vermuteten. Seine Berliner Stadtwohnung in der Haberlandstraße 5 wurde Mitte April ebenfalls durchsucht. Das Haus, in dem sich Einsteins Stadtwohnung befand, wurde im Krieg zerstört.

    Bei der von Goebbels organisierten "öffentlichen Verbrennung undeutschen Schrifttums" am 10. Mai 1933 wurden auch Einsteins Schriften mit verbrannt. Im August 1933 wurde Einsteins Segelschiff und 1935 sein Sommerhaus nebst Gartenhaus beschlagnahmt und zu Gunsten des preußischen Staates eingezogen. Sein geliebtes "dickes Segelschiff" wurde dann, nachdem es von der Gemeinde Caputh im Februar 1934 zum Verkauf angeboten wurde, an eine Privatperson verkauft. Auf die wechselvolle Geschichte seines Sommerhauses wird in dem Kapitel DIE ZEIT DANACH noch näher eingegangen. Im Juli 1933 wurde Einstein die deutsche Staatsangehörigkeit aberkannt und sein Vermögen beschlagnahmt.

    Seinerseits reagierte er auf die Geschehnisse in Deutschland in der Art, dass er zum einen am 28. März 1933 brieflich seinen Austritt aus der Preußischen Akademie der Wissenschaften erklärte, seine deutsche Staatsangehörigkeit niederlegte und alle Kontakte zu offiziellen deutschen Institutionen abbrach. Einstein, der die Wintermonate 1932/33 in Amerika verbracht hatte, teilte am 10. März 1933 kurz vor seiner Rückreise nach Europa der Öffentlichkeit mit, dass es für ihn unmöglich sei, wieder nach Deutschland zurückzukehren. Wörtlich sagte er: "Solange mir eine Möglichkeit offen steht, werde ich mich nur in einem Land aufhalten, in dem politische Freiheit, Toleranz und Gleichheit aller Bürger vor dem Gesetz herrschen. [...] Diese Bedingungen sind gegenwärtig in Deutschland nicht erfüllt". Einstein hat, nachdem er im Dezember 1932 Deutschland verlassen hatte, danach nie wieder deutschen Boden betreten.

    DER ABSCHIED

    Um, wie in den beiden Jahren zuvor, in Amerika Gastvorlesungen zu halten, verließen Einstein und seine Frau am 6. Dezember 1932 Caputh, um am 10. Dezember von Antwerpen aus mit dem Schiff nach Kalifornien zu fahren.

    Einsteins Biograph, Philipp Frank, der 1912 auch sein Nachfolger auf dem Lehrstuhl für theoretische Physik an der Deutschen Universität Prag geworden war, berichtet in seiner Einstein-Biographie, dass, als Einstein und seine Frau am 6. Dezember ihr Sommerhaus in Caputh verließen, er zu seiner Frau gesagt haben soll: "Bevor du unsere Villa diesmal verlässt, schau sie dir sehr gut an." "Warum?", fragte seine Frau. Darauf antwortete Einstein: "Du wirst sie niemals wieder sehen".

    Einstein hat die Entwicklung in Deutschland vorausgeahnt, aber ob er wirklich vor seiner Abreise auch daran glaubte, nicht mehr nach Deutschland bzw. nach Caputh zurückzukehren, ist fraglich. Zwei Beispiele mögen diese Annahme belegen. Warum kaufte Einstein noch im November 1932 das Gartenhaus in Caputh und warum verhandelte er im Februar 1933, von Pasadena aus, mit der Preußischen Akademie der Wissenschaften über eine Neuregelung seines Anstellungsverhältnisses?

    Eine Antwort auf diese Fragen werden wir wohl nie erhalten. Sicher ist nur, dass Albert Einstein auch in Princeton, wo er ab 1933 lebte und arbeitete, sehr oft an sein "dickes Segelschiff", sein Sommerhaus und die wunderbare Zeit der "relativen Ruhe" in Caputh dachte. Auch wird er manch einen Gedanken an die Caputher verwendet haben, die sicherlich auch ihrerseits nach dem freundlichen Herrn Professor mit den kindlich leuchtenden Augen und den langen Haaren Ausschau gehalten haben; aber vergebens.
    "Handle so, dass die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne."
    (Kategorischer Imperativ)

    Kant

  3. #23
    Rosenpflücker
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    Original von John Donne
    @kettnhnd: Worin besteht denn Deiner Meinung nach momentan die französische Aggression?
    Grüße
    John

    sie besteht darin, mit einer kompromisslosigkeit seine interessen innerhalb der EU zu vertreten, die oftmals im widerspruch zu deutschen interessen stehen. oftmals wird uns das aber von unseren politikern, als im deutschen interesse stehend, verkauft.

    französische subventionspolitik z.b. steht im widerspruch zu europäischen vorgaben. hier wird nach nationalistischen gesichtspunkten entschieden. deutschland als netto-zahler ist hier sehr willkommen, deren subventionen indirekt mitzufinanzieren.

    momentane französische aggression besteht in erster linie darin, deutschland finanziell (EU-melkkuh) und politisch "klein" zu halten !



    -
    .

    der gott der eisen wachsen ließ, der wollte keine knechte.
    Der Gott, der Eisen wachsen ließ,
    der wollte keine Knechte,
    drum gab er Säbel, Schwert und Spieß
    dem Mann in seine Rechte,
    drum gab er ihm den kühnen Mut,
    den Zorn der freien Rede,
    dass er bestände bis aufs Blut,
    bis in den Tod die Fehde.


    e.-m. arndt, deutscher national-dichter


  4. #24
    in memoriam Benutzerbild von Klaus E. Daniel
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    Und jetzt noch einen Ausschnitt über das Kapitel der Freikorps nach 1918 ff.

    ....Die einzigen Personen, die dem polnischen Terror entgegenwirken konnten waren in den Freikorps u.a. Organisationen zu suchen. So gründeten Teile der III. Marinebrigade u.a. mit finanzieller Unterstützung durch das Generalkommnado VI eine sog. Spezialpolizei (Führer Heinz Hauenstein), deren Aufgabe einerseits Informationsbeschaffung und Waffenschmuggel war, zum anderen aber auch der "Krieg im Dunkeln gegen die unsichtbaren Insurgenten-Stoßtrupps". Diese "Stadtguerilla" bekämpfte den Terror mit Gegenterror und vermittelten den deutschen Oberschlesiern das Gefühl, nicht mehr vollkommen allein zu stehen.
    Das am 20.März abgehaltene Plebiszit brachte schließlich eine Mehrheit von 60% für den Verbleib bei Deutschland, wobei sich die deutschen Schwerpunkte eindeutig auf den Norden und Westen konzentrierten, die polnischen auf den Osten und Südwesten des Abstimmungsgebietes. Die Folge dieses Ergebnisses waren erneute polnische Gewaltakte gegen die deutsche Bevölkerung, gegen die London offiziell in Warschau Protest einlegte. Innerhalb der IAK konnte man sich nicht über das oberschlesische Problem bzw. eine Demarkationslinie einigen. Die deutsche Regierung, ohnehin machtlos, forderte ganz Oberschlesien und verwies auf das Abstimmungsergebnis.
    Inmitten dieser Verwirrung, am 3.Mai 1921, brach der 3. Polnische Aufstand aus, wiederum gut vorbereitet und organisiert. Von regulären polnischen Verbänden unterstützt, befand sich bereits am Abend des 5.Mai das gesamte Industriegebiet in polnischer Hand.

    Während die Regierung in Berlin in einer Reihe von Protestnoten an die Alliierten darum ersuchte, entsprechende Gegenmaßnahmen einzuleiten und der Reichswehr die Hände gebunden waren, begann ein massenhafter Zustrom von Freiwilligen aus dem gesamten Reichsgebiet, aus Österreich und Südtirol nach Oberschlesien.
    Neben den Angehörigen verschiedener Freikorps wie Oberland, Roßbach, Hubertus und Arnim organisierte sich auch der Selbstschutz Oberschlesien (S.S.-O.S.). Die militärische Leitung des S.S.-O.S. übernahm General Hoefer, der die ursprünglich in drei Gruppen unterteilte Front in Gruppe Nord und Gruppe Süd gliederte. Mitte Mai standen die Einheiten des Selbstschutzes wie die Bataillone Eberhardt, Hindenburg, Guttentag, Wasserkante, Heydebreck, Haßfurther im Norden; im Bereich des Annaberges standen die drei Oberland-Bataillone mit der Sturmkompanie v. Eicke, die Bataillone Gogolin, Heinz (Hauenstein), Oderschutz, Marienburg, May, Bergerhoff, Winkler (beide Detachement v. Chappius) sowie Graf Strachwitz. Im Süden waren Bataillone wie Ehrenfeucht, v.d. Decken und Kosch disloziert.

    In der komplizierten Lage, in der Hoefer sich befand, rang er sich schließlich dazu durch, einem begrenzten Angriff der Gruppe Süd auf den Annaberg zuzustimmen. Trotz der Vielzahl der am Annaberg stehenden Einheiten überstieg deren Stärke kaum 3.000 Mann. In den frühen Morgenstunden des 21. Mai begann deren Angriff, der zum Mythos werden sollte. Am Mittag des selben Tages war der Annaberg, das "Nationalheiligtum des oberschlesischen Landes", in deutscher Hand. Die polnische Gegenoffensive von 23. Mai konnte in verbissenen Kämpfen abgewehrt werden, so daß die Deutschen Herr der Lage blieben.
    Der Freudentaumel der Eroberer machte jedoch breiter Ernüchterung und Enttäuschung Platz, als am folgenden Tag bekannt wurde, daß Reichspräsident Ebert eine Verordnung erlassen hatte, nach welcher es unter Androhung von Gefängnis- oder Geldstrafe verboten wurde, Freiwilligenverbände aufzustellen bzw. ihnen anzugehören.
    Ähnlich der Entwicklung im Baltikum kämpften die Freikorps auch in Oberschlesien, abgeschnitten vom Nachschub, weiter; freilich erneut auf verlorenem Posten. Hoefer trug der hoffnungslosen Gesamtsituation Rechnung, indem er, als sich IAK-Truppen zwischen die Fronten schoben, Feuereinstellung anordnete. Ein von Deutschen gebildetes ‚Politisches Direktorium von Oberschlesien' nahm mit der IAK Verhandlungen auf, in deren Verlauf man eine Einigung erzielen konnte. Nachdem sich die polnischen Aufständischen am 20.Juni aus Ratibor zurückgezogen hatten, befahl Hoefer die Räumung des Annaberges. Mit Unterbrechungen war die Abstimmungszone bis zum 5.Juli 1921 frei und der dritte Polnische Aufstand beendet.

    Unterdessen war die Frage der Aufteilung Oberschlesiens ebenso ungeklärt geblieben wie vor den Kämpfen. Die Alliierten sahen sich außerstande eine Einigung herbeizuführen. Insbesondere konnten die von Frankreich und England vorgeschlagenen Linien nicht zur Deckung gebracht werden. Auch der Vorschlag des italienischen Außenministers Graf Sforza, nach welchem das Industriegebiet geteilt werden sollte, hatte keinen Erfolg. Letztlich blieb nur noch der Völkerbund, um das Problem zu lösen. Dieser ernannte am 1.September 1921 eine Kommission, die ihrerseits zwei Sachverständige bestellte. Der Schiedsspruch der Kommission entsprach bis auf geringe Abweichungen dem Vorschlag Sforzas und entsprach ungefähr den Frontlinien, welche Freikorps und S.S.-O.S. zuletzt besetzt hatten. (..)
    Es waren "wilde" Zeiten. Die Freikorps, die nebenbei von den Briten (!!)unterstützt wurden (gegen Rußland) mußten aufgelöst werden.

    Quelle u.a. Ernst v. Salomon "Der Fragebogen" und andere.
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    Kant

  5. #25
    in memoriam Benutzerbild von Klaus E. Daniel
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    Darauf Heinz, dessen lustige Antwort ich gerne zitiere:
    Zitat:
    --------------------------------------------------------------------------------
    Original geschrieben von Klaus E. Daniel
    So, Heinz,

    jetzt sind wir ganz schön von Thema abgekommen. Aber gerne. Außerdem mache ich gerne meine Beiträge von handelden Personen abhängig, es bringt einfach mehr.

    Herzlich

    Klaus
    --------------------------------------------------------------------------------


    Danke fuer die Muehe Klaus,

    habe wieder viel dazu gelernt.

    Vielleicht sollte ich es eigentlich auch so machen wie Einstein ,den ganzen Elektronikschrott einfach mal rausschmeissen und stattdessem dem Nachbarn 'ne Trompete geben. Keine schlechte Idee eigentlich.

    Setzt natuerlich voraus, dass man sich mit seinem Nachbarn noch gruen ist, von wegen ueberhaengender Aeste und Katzen die im Radieschenbeet
    ihre Visitenkarte hinterlassen...

    Have fun

    Auch herzlich :-:

    Bis dann...Heinz
    _____________________________

    So, jetzt halte ich hier inne.

    KED
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    Kant

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