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Thema: Bruttosozialglueck / Gross National Happiness: Eine glueckliche Zukunft fuer alle?

  1. #1
    SchwanzusLongusGermanicus Benutzerbild von ABAS
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    Standard Bruttosozialglueck / Gross National Happiness: Eine glueckliche Zukunft fuer alle?

    Es laeuft demaechst wieder auf 3 Sat TV eine Dokumentation ueber den
    Zwergenstaat Bhutan der nach den Vorgaben des dortigen Monarchen
    das Bruttosozialglück fuer volkswichtiger haelt als das Bruttosozialprodukt.

    In welcher Relation zum Bruttosozialglueck steht das Bruttosozialprodukt
    und wie kann Glueck ueberhaupt bewertet werden. Das Bruttosozialprodukt
    ist monetaer messbar und daher bewertbar. Ausserdem stellt sich die Frage
    ob das Ziel der Erreichung eines Bruttosozialglueckes mit steigender Groesse
    einer gesellschaftlichen Population schwieriger erreichbar ist. Koennen nur
    kleine und isolierte Staaten ein Optimum in Bezug auf das Glueck erreichen
    oder ist das Ziel unabhaengig von der Populationsgroesse erreichbar?

    Bruttosozialglück

    Einführung

    Auf den ersten Blick ein unmögliches Wort! Wie kann man einen so diffus-verheißungsvollen Begriff wie "Glück" in eine Worthülse packen, die eher das trockene Flair einer Wirtschaftskenngröße verbreitet? Wer das Wort zum ersten Mal hört - auf deutsch oder sein englisches Äquivalent, die Gross National Happiness (GNH) - ist verblüfft, belustigt, ungläubig. Entstammt dieses Wort einem Kinderbuch, dem Wahlmanifest der Linkspartei oder gar einem Esoterikratgeber?

    Weit gefehlt! Das Bruttosozialglück ist die zentrale Richtschnur, das übergeordnete Konzept, die Vision überall dort, wo es in Bhutan um Planung und Entwicklung geht. Der Legende nach geht das Wort zurück auf einen Ausspruch des Königs Jigme Singye Wangchuck, der einmal gesagt haben soll, dass das Bruttosozialglück wichtiger ist als das Bruttosozialprodukt ("Gross National Happiness is more important than Gross National Product").

    Viele Inhalte des Konzeptes wurzeln seit jeher im kulturellen Erbe der Bhutaner. Dort ist "Entwicklung" gleichbedeutend mit zunehmendem Wissen und persönlicher Erleuchtung. Dieser Weg ist unabdingbar, um die drei Grundübel Unwissenheit, Hass und Habgier zu überwinden. Vor diesem Hintergrund soll der Begriff des Bruttosozialglücks ausdrücken, dass "Entwicklung" mehr Dimensionen aufweist als nur die eines gesteigerten Bruttosozialprodukts, dass es einer Balance zwischen Materialismus und Spiritualität bedarf.

    Die 4 Säulen des Bruttosozialglücks

    Glück lässt sich selbstverständlich nicht per Gesetz verordnen. Ziel ist die Schaffung von politischen, kulturellen, wirtschaftlichen und kulturellen Rahmenbedingungen, die es den Bewohnern Bhutans ermöglichen sollen, ihr individuelles Glück zu ermöglichen und zu leben. Auf 4 Ebenen möchte die Regierung versuchen, diese Vision zu verwirklichen:

    Durch wirtschaftliche Entwicklung. Dieser Prozess soll die Unabhängigkeit Bhutans vom Ausland beschleunigen, und die gesellschaftliche Entwicklung ermöglichen. Ziel ist es, die Handlungsmöglichkeiten jedes einzelnen Menschen zu erweitern. Die soll in einer Gesellschaft realisiert werden, in der die Menschen sicher sind, wo jedem ein ordentlicher Unterhalt garantiert ist, und ein universeller Zugang zu guter Erziehung und Gesundheitseinrichtungen existiert (siehe Bhutan National Human Development Report 2000, pdf, 4,5 MB).

    Durch den Schutz der Kultur. Kulturelle Kontamination mit der Außenwelt (z.B. durch exzessiven Tourismus) soll verhindert werden. Eine aggressions- und kriegsfreie Gesellschaft steht ganz oben auf der Agenda. Ungerechtigkeiten sollen möglichst vermieden, kulturelle Werte Tag für Tag gestärkt werden. Ausdrücklich wird betont, dass eine glückliche Gesellschaft auf Hoffnung und Zielen fußt; dass sie eine mitfühlende Gesellschaft ist, in der das Gemeinschaftsgefühl zu gegenseitiger Anteilnahme und Teilen führt; dass ihre Mitglieder Freiheiten genießen, vor allem frei von Unterdrückung leben, und dass Kunst, Musik, Tanz und Theater gedeihen können (dito).

    Durch den Schutz der Natur. Verschmutzungen und sonstige Eingriff in die Natur sollen vermieden werden. Wie bereits im Abschnitt Die bhutanische Natur und ihr Schutz aufgezeigt, sind der Schutz der Kultur und jener der Natur eng verwoben. Der sorgsame Umgang mit der Mitwelt hilft, die Leiden aller Lebewesen zu verringern (d.h. auch ihr Glück zu ermöglichen), und ist so dem eigenen Karma förderlich. Es gibt noch eine "westlichere" Komponente: Bhutan ist einer der Biodiversitäts-Hotspots der Welt und seine Natur ist in vielen Landesteilen noch recht unberührt. Nur durch eine nachhaltige Entwicklung des Landes kann dieser ungeheure Wert auf Dauer erhalten werden.

    Durch gute Staatsführung ("good governance"). Hier ist es zunächst wichtig, dass alle Angestellten im öffentlichen Dienst die Grundsätze und Ziele des Bruttosozialglücks verinnerlichen. Zudem wird seit Jahrzehnten die Verwaltung des Landes dezentralisiert. Dadurch sollen die Bürger Bhutans in zunehmendem Maß die Möglichkeit erhalten, sich in die Entwicklung des Landes einzubringen und sie nach ihren Vorstellungen zu prägen ("participatory development").

    Glück in der Praxis

    In Internetforen habe ich gelesen, dass so mancher bhutanische Staatsbürger dem Bruttosozialglück keine große Bedeutung beimisst. Es sei - so die häufige Ansicht - nur gut, um die Hilfsmittel der internationalen Organisationen weiterhin nach Bhutan zu spülen; der Durchschnitts-Bhutaner habe nichts von den noblen Visionen seines Staates.

    International gibt es viele Finanzexperten, die Zweifel daran hegen, ob ein auf das Glück seiner Bürger ausgerichteter Staat überhaupt überlebensfähig ist. Allerdings gibt es ebenso Experten, die genau dies behaupten und den Ansatz Bhutans sogar für ein weltweites Vorbild halten (siehe Beiträge der GNH-Konferenzen in der Linkliste). Fakt ist, dass Bhutan ohne finanzielle Hilfe von außen die Ziele des Bruttosozialglücks nicht in dem Maße verwirklichen könnte, wie es derzeit geschieht. Fakt ist aber auch, dass sich die Haushaltslage Bhutans gut entwickelt (siehe Abschnitt Wirtschaft), dass Infrastruktur, Zugang zu Bildung und Gesundheit steigen, dass es keine Hungersnöte in Bhutan gibt etc. - jeder Tourist wird bestätigen können, dass Bhutan nicht das klassische Bild eines Entwicklungslandes bietet.

    Die meiste Kritik hat es vermutlich hinsichtlich des Schutzes der Kultur gegeben. Es ist unzweifelhaft so, dass die Regierung unter Kultur vorrangig die Kultur der herrschenden Ethnie der ngalongs meint (siehe Abschnitt Bevölkerung). Niemand wird bestreiten wollen, dass diese Kultur in ihrer Ursprünglichkeit und Vielfältigkeit einzigartig ist und dringend Schutz erfordert. Die Kritik geht vielmehr dahin, dass offenbar eine Tendenz besteht, die eigene Kultur den anderen Ethnien des Landes aufzuzwingen (siehe Abschnitt Politische Probleme). Wie soll man aber über eine Politik denken, die das Bruttosozialglück eines Teils der Bevölkerung auf Kosten eines anderen Teils realisieren möchte? Dies widerspricht ganz offenkundig den GNH-Zielen der Gerechtigkeit, des Friedens und vor allem der Freiheit von Unterdrückung.

    Ein Beispiel aus dem Bereich der Dritten Ebene, des Schutzes der Natur, soll dies verdeutlichen. Im Jahr 1984 wurde von der bhutanischen Regierung angedacht, einen zwei Kilometer breiten, bewaldeten Streifen ("Green Belt") entlang der Grenze zu Indien zu schaffen. Offiziellen Angaben zufolge sollte dies die Bodenerosion reduzieren - und zugleich Überflutungen in benachbarten indischen Regionen abmildern - und einen sichtbaren Grenzverlauf zwischen Indien und Bhutan schaffen. Von dieser Aktion wären die fruchtbarsten Anbaugebiete der nepalesischen Bhutaner betroffen gewesen, und ca. 30% von ihnen hätten nach eigenen Angaben umgesiedelt werden müssen. Zwar wären die Landbesitzer mit einer gewissen Geldsumme oder alternativem Landbesitz entschädigt worden. Aber der Verdacht liegt nahe, dass es sich hierbei um einen Vorläufer der ethnischen Säuberungen aus den Jahren 1991/92 handelt, die die Reduzierung der nepalisch-stämmigen Bevölkerung in Südbhutan zum Ziel hatte. In den 1990er-Jahren wurde die Idee eines bewaldeten Grenzgürtels aufgegeben, da die ursprünglich zugesagten indischen Finanzhilfen ausblieben.

    Es wäre vermessen, zum Thema "gute Staatsführung" einen Kommentar "von außen" anzubringen. Hier muss man die Bhutanerinnen und Bhutaner selbst zu Wort kommen lassen. Nur so viel: Ein ernsthaftes Problem scheint die Korruption im öffentlichen Bereich zu sein. Aber die Tatsachen, dass sie in den Medien (z.B. regelmäßig im "Kuensel") öffentlich thematisiert wird und zudem eine Kommission zur ihrer Bekämpfung ins Leben gerufen wurde, kann man wohl als ermutigende Zeichen auffassen.


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  2. #2
    SchwanzusLongusGermanicus Benutzerbild von ABAS
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    Standard AW: Bruttosozialglueck / Gross National Happiness: Eine glueckliche Zukunft fuer alle?

    Bruttosozialglueck = Bruttonationalglueck

    Siebter Himmel im Himalaya

    Die Glücksformel von Bhutan


    Kein zügelloses Streben nach Fortschritt, sondern ein friedliches Leben in Balance mit Tradition und Natur, selbst unter Verzicht auf den einen und anderen Standard der Moderne. Diese Losung hat der alte König von Bhutan ausgegeben und das Staatsziel "Bruttonationalglück" in der Verfassung des kleinen Himalayastaates festgeschrieben.
    Mit der Finanzkrise wächst weltweit ein Unbehagen über das jetzige Modell von Wachstum und Fortschritt. Die Financial Times berichtete, dass selbst die die OECD nach einer menschlicheren Messlatte für Wohlstand sucht, einer besseren als dem immerzu wachsen müssenden Bruttosozialprodukt.

    In Bhutan hat sich Südostasien- Korrespondent Peter Kunz auf die Suche nach dem Glück gemacht. Im Himalajastaat trifft er den Glückforscher und Vater der "Gross National Happiness", Dasha Karma Ura und lässt sich das Glücks-Geheimnis von einem wiedergeborenen, heiligen Mönch erklären.


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  3. #3
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    Standard AW: Bruttosozialglueck / Gross National Happiness: Eine glueckliche Zukunft fuer alle?

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  4. #4
    sieht auf euch herab Benutzerbild von -jmw-
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    Standard AW: Bruttosozialglueck / Gross National Happiness: Eine glueckliche Zukunft fuer alle?

    Diese 4 Säulen des Bruttosozialglücks erinnern mich famos an Texte aus dem Deutschen Kolleg.
    Schon super, dass vieles gar nicht mehr "nazi" ist, wenn's Ausländer im Ausland tun, wie?
    Aktueller Kalenderspruch: We have to choose between the freedom of a few professional politicians to talk and the freedom of the people to live.
    (Oswald Mosley, Fascism: 100 Questions)

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