Die ZEIT / 17. Februar 2022
Ukraine-Russland-Konflikt
Russland fordert Abzug aller US-Soldaten aus Ost- und Mitteleuropa
Russland beharrt auf seiner Position:
Alle US-Soldaten sollen abziehen, ansonsten sei man "gezwungen zu reagieren". Russland fordert den Abzug sämtlicher US-Soldaten aus Ost- und Mitteleuropa. Sollten die USA die Forderungen nicht erfüllen, wäre Moskau "gezwungen zu reagieren, einschließlich mit militärisch-technischen Mitteln".
Zudem erwarte Russland von den USA und der Nato konkrete Vorschläge dazu, dass sich das transatlantische Bündnis nicht weiter nach Osten ausdehne. Russland übermittelte nach Angaben seines Außenministeriums seine Antwort auf die Vorschläge der USA und der Nato. Der Kreml habe sie dem US-Botschafter in Moskau, John Sullivan, übergeben, teilte das Ministerium in Moskau mit.
Russland hatte von den USA und der Nato
Garantien verlangt, dass keine früheren Sowjetrepubliken mehr dem westlichen Militärbündnis beitreten und Truppen aus Osteuropa abgezogen werden. Das
lehnte die Nato ab, machte aber eigene Gegenvorschläge, um gegenseitiges Vertrauen aufzubauen. Dazu gehörte eine Reduktion von Militärmanövern und Raketenstationierungen in Osteuropa.
"Die zunehmenden militärischen Aktivitäten der USA und der Nato in der Nähe der russischen Grenzen sind alarmierend", schrieb das Ministerium in der Erklärung. Russlands Forderungen würden hingegen weiter ignoriert.
Die Androhung von härteren Sanktionen und die Aufforderung zum Truppenabzug von eigenem Territorium seien inakzeptabel. Die Bewegung russischer Streitkräfte, darunter auch entlang der ukrainischen Grenze, betreffe in keiner Weise die grundlegenden Interessen der Vereinigten Staaten. Die US-amerikanische Seite gebe keine konstruktive Antwort auf die Forderungen, die Russland "Sicherheitsgarantien" nennt.
US-Präsident Joe Biden stufte die Gefahr eines russischen Einmarsches in die Ukraine unterdessen als "sehr hoch" ein. Ein Angriff könne in den "kommenden Tagen" erfolgen, sagte Biden. Pläne für ein erneutes Telefonat mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin habe er derzeit nicht. Biden hatte Putin wiederholt vor einem Einmarsch in die Ukraine gewarnt und für den Fall eines Angriffs massive Sanktionen angedroht. Zuletzt widersprachen der US-Präsident und andere westliche Vertreter der russischen Darstellung von einem Teilabzug russischer Truppen von der Grenze zur Ukraine.
Ausweisung "ohne Grund"
Zudem wies Russland den stellvertretenden Leiter der US-Botschaft in Moskau, Bart Gorman, aus. Dies sei "ohne Grund" erfolgt und stelle einen "Schritt der Eskalation" dar, teilte das Außenministerium in Washington, D. C., mit. "Wir prüfen unsere Antwort." Gorman war die Nummer zwei in der US-Botschaft nach Botschafter John Sullivan. Er hatte nach US-Angaben ein gültiges Visum und war seit weniger als drei Jahren in Russland im Einsatz. "Wir fordern Russland auf, seine grundlosen Ausweisungen von US-Diplomaten und Mitarbeitern zu beenden", teilte das US-Außenministerium mit. "Jetzt ist es wichtiger denn je, dass unsere Länder das notwendige diplomatische Personal vor Ort haben, um die Kommunikation zwischen unseren Regierungen zu erleichtern."
Russland hat nach westlichen Schätzungen r
und 150.000 russische Soldaten östlich, nördlich und südlich der Ukraine zusammengezogen. Die russische Regierung bestreitet, dass sie vorhabe, in der Ukraine einzumarschieren. Gleichzeitig betonte das Außenministerium erneut, Russland plane keine Invasion in der Ukraine: "Es gibt keine 'russische Invasion', wie sie die USA und ihre Alliierten seit dem Herbst offiziell verkünden, und sie ist nicht geplant."
Vorwand für einen Angriff?
Die Nato beobachtet zudem mit Beunruhigung Berichte über angebliche Angriffe auf prorussische Separatisten in der Ostukraine. "Wir sind besorgt darüber, dass Russland versucht, einen Vorwand für einen bewaffneten Angriff auf die Ukraine zu inszenieren", sagte Generalsekretär Jens Stoltenberg. Man wisse nicht, was passiere, aber der russische Truppenaufmarsch im Grenzgebiet zur Ukraine sei der größte in Europa seit Jahrzehnten. Man habe Versuche gesehen, mit "Operationen unter falscher Flagge" einen Vorwand für einen Angriff auf die Ukraine zu schaffen. Ostukrainische Separatisten hatten ukrainischen Regierungstruppen zuvor Verstöße gegen den geltenden Waffenstillstand vorgeworfen. Vor allem im Luhansker Gebiet sollen ihren Angaben zufolge Dutzende Mörsergranaten abgefeuert worden sein. Auch im Donezker Gebiet seien Stellungen der Separatisten beschossen worden, die dann das Feuer erwidert hätten. Regierungsangaben zufolge sollen wiederum die Separatisten im Laufe des Tages mehr als 30-mal gegen die Waffenruhe verstoßen haben.
Der ukrainischen Regierung zufolge gibt es Berichte, wonach auch ein Panzer eingesetzt und von dem aus geschossen worden sei. "Diese Granaten kamen aus den vorübergehend besetzten Gebieten der Ukraine, die von Russland kontrolliert werden", sagt Außenminister Dmytro Kuleba. Russland werde versuchen, Situationen zu schaffen, um der Ukraine die Verantwortung zuzuschieben.
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