Beim Thema „Zuwanderung“ beobachten wir derzeit (wieder) eine interessante Liaison zwischen „Kapitalisten“ und der politischen Linken. Beide treten hin und warnen unisono vor abschreckenden Tönen in der Zuwanderungsdebatte. Seit an Seit schreitend fordern sie mehr „Willkommenskultur“. Sorgen wegen der Überlastung der Sozialsysteme gelten als völlig aus der Luft gegriffen. Einhellig manipulieren sie, von der geballten Macht des medialen Propagandaapparates getragen, die öffentliche Wahrnehmung durch den Hinweis auf Fachkräftemangel und wollen uns einreden, es würden Heerscharen von IT-Experten und Ingenieuren in den Wäldern der Karpaten auf gepackten Koffern sitzen, um den deutschen Wohlstand zu retten.

Aus eingeübt „kapitalismuskritischer“ Sicht müsste man das verdächtige Interesse der Wirtschaft an einer linksgedrehten Zuwanderungspolitik eigentlich so auslegen: Auf Kosten der Allgemeinheit soll der deutsche Sozialstaat eine möglichst ungehinderte Zuwanderung anregen und Mittel für die Betreuung der Zuwanderer aufbringen. Dann finden sich die Kapitalisten ein und picken quasi die Rosinen heraus. Sollte sich eine einst hoffnungsvolle Fachkraft als Flop herausstellen, kann diese an den Arbeitsmarkt zurückgegeben werden, wo die Solidargemeinschaft für weitere Unterstützung und Betreuung zu sorgen hat. Auf Kosten aller ist der asoziale Kapitalist seiner Last ledig geworden.

Lasten und Risiken werden vergesellschaftet, die Gewinne indes privatisiert – ein Zustand, den als himmelschreiende Ungerechtigkeit des kapitalistischen Systems zu beklagen die Genossinnen und Genossen, Grüninnen und Grünen sonst ja nicht müde werden. Um solch urlinken Vorbehalten möglichst keinen Raum zu geben, wird auf die im Erfolgsfall höheren Steueraufkommen und Sozialbeiträge verwiesen. Motto: Von den Profiten der Wirtschaft haben doch letztlich alle etwas!

Auf der anderen Seite mutiert der überzeugte Marktwirtschaftler bei diesem Thema zum Kritiker der Wirtschaft. Wenn nämlich die Wirtschaft so dringend Fachkräfte benötigt, die auf dem heimischen Markt nicht mehr zu finden sind, dann soll sie sich diese im Zeitalter des Internets und der schnellen Reisewege doch bitte wo auch immer selbst suchen! Hier ist nicht „die Politik gefordert“, sondern Unternehmergeist und Eigeninitiative. Umgekehrt wird eine ausländische Fachkraft, die den gehobenen Anforderungen der deutschen Industrie gewachsen sein soll, wohl in der Lage sein, sich ihrerseits selbständig nach potentiellen Arbeitgebern umzusehen, so dass Angebot und Nachfrage sich frei begegnen können.

Unternehmen, die sich mit Erfolg langfristig auf dem Markt behaupten, sollten auch die langfristigen Herausforderung an ihre „Human Ressources“ stemmen können. Dabei obliegt es der Wirtschaft, die Initialisierungsaufwände – Sprachkurs, Wohnung, Fortbildung, Haftung – selbst zu erbringen. Wenn das mit dem Fachkräftemangel wirklich stimmt und hier dringender Handlungsbedarf besteht, so werden sich gewiss allerlei selbstorganisierte Wege einer Abhilfe finden – ohne Intervention des großen Fürsorgers.

Aufwände, Risiken und Haftung sind in diesem subsidiären Modell dort platziert, wo der Bedarf angefordert wird, was auf mehr Umsicht bei der Auswahl des zuwandernden Personal hoffen lässt. Der Staat hat lediglich für die Rechtssicherheit und den rechtlichen Rahmen zu sorgen, der die erforderlichen Freiheiten gewährleistet und muss sich ansonsten lähmender Belastungen enthalten. Eine Zuwanderungspolitik, die einerseits über leicht zugängliche Sozialsysteme mit viel Kostenaufwand Anreize für unqualifizierte Zuwanderung schafft, um dann mit noch mehr Aufwand die sozialen Verwerfungen einzudämmen und die hoffnungsvollen Fälle herauszufiltern, können wir uns dann sparen – und der Schalter am Amt bleibt dauerhaft geschlossen.

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