OK Leute, es hat bestimmt schon mal einen Thread dieser Art gegeben, mir geht es allerdings eher darum, herauszufinden, wie unsere Wunschverfassung aussähe... Sicherlich hat jeder andere Vorstellungen, aber vielleicht kämen wir irgendwie doch auf einen gemeinsamen Nenner. Meiner Meinung nach liegt der größte Fehler der parlamentarischen Demokratie darin, dass es im Parlament Fraktionen gibt.
Das Problem lässt sich ganz einfach mathematisch darstellen. Nehmen wir mal an, wir hätten drei Probleme "1", "2" und "3" und drei Parteien, die jeweils einen Lösungsvorschlag "A", "B" und "C" einbringen. Folglich hätten wir bei der Parlamentswahl die Auswahl zwischen {1A 2A 3A}, {1B 2B 3B}und {1C 2C 3C}. Was wäre aber, wenn ich bei Problem "1" den Gesetzentwurf von Partei "A" bevorzugte, bei Problem "2" jedoch den Lösungvorschlag von Partei "B"?
Aus diesem Grund hätte meine ideale Staatsform zwar ein Parlament mit gewählten Abgeordneten, allerdings wäre es den Abgeordneten strikt untersagt, sich zu Fraktionen zusammenzuschließen. Wie oft kommt es denn z.B. vor, dass ein Abgeordneter gemäß seiner persönlichen Meinung gerne anders abstimmen würde, sich aber letztendlich doch dem Parteidruck folgt?
Doch wie könnte man das Parteiensystem abschaffen, ohne dem Vorwurf ausgesetzt zu werden, dass man eine Diktatur errichten wollte? Außerdem müssen die zu wählenden Kandidaten ja auch irgendwie ihren Wahlkampf finanzieren, um überhaupt so einen Bekanntheitsgrad erreichen zu können, dass sie realistische Chancen haben, gewählt zu werden. Hier kommen wieder die Parteien ins Spiel.
Ein Lösungsvorschlag wäre:
Parteien > nominieren Kandidaten > Bürger wähllen Kandidaten ins Parlament > im Parlament sitzen "unabhängige" Abgeordnete
Hieraus würden jedoch einige Problematiken entstehen:
1.) Wenn die Parteien nicht die Möglichkeit hätten, ins Parlament gewählte Kandidaten vor der nächsten Wahl wieder zu feuern, bestünde die Gefahr, dass die Parteien von externer Seite unterwandert würden und zur Wahl aufgestellte Kandidaten im Parlament anders abstimmen würden, als sie im Wahlkampf versprochen hätten (es würde sich quasi in gewisser Hinsicht um eine widerrechtliche Machterschleichung bzw. um Betrug handeln.)
2.) Wenn die Parteien doch die Möglichkeit hätten, ins Parlament gewählte Kandidaten vor der nächsten Wahl zu feuern, dann ist das Parteiensystem im Prinzip gar nicht abgeschafft, da im Parlament nur Marionetten säßen, die der Parteilinie folgten.
3.) Wenn die Abstimmungen anonym wären, wäre die Parteienproblematik zwar reduziert, aber dennoch nicht aufgehoben. Außerdem ergäbe sich der Nachteil, dass es für die Bürger nicht transparent wäre, ob sich der gewählte Volksvertreter daran hält, was er vor der Wahl versprochen hat oder nicht
4.) Wenn man es anderen Institutionen als Parteien überließe, Kandidaten zu finanzieren und für die Wahl aufzustellen, dann würden im Parlament bald nur noch Lobbyisten sitzen (noch mehr als ohnehin schon)
Liebe Leute, ich hoffe ihr könnt mir helfen... Ich glaube, ich versuche gerade eine neue Staatsform zu erfinden, die zwar demokratisch ist, aber ohne Parteien auskommt (Wie würde man so eine Staatsform überhaupt bezeichen? Immer noch parlamentarische Demokratie?)... Vielleicht habt ihr ja Ideen, wie sich diese Idee in der Realität umsetzen ließe...
Edit:
Nachtrag: Eine weitere Frage ergibt sich, wenn man über das folgende Szenario nachdenkt: Nehmen wir mal an es gäbe ein Problem und zwei verschiedene Gesetzentwürfe. Wenn man jetzt das Parteiensystem abschafft, wie könnte man dafür sorgen, dass das Verhältnis zwischen Abgeordneten, die für A stimmen und jenen, die für B stimmen, proportional möglichst genau dem Verhältnis der Bevölkerung entspricht, die für A bzw. für B abstimmen würden? Vielleicht könnte man ja den Wählerprozess ändern:
1) Alle Kandidaten müssen einen Fragebogen ausfüllen (ähnlich wie beim Wahlomat vor den Bundestagswahlen).
2) Anstelle einzelne Politiker oder Parteien zu wählen füllen die Bürger den "Wahlomat" aus.
3) Nach der Wahl werden die Umfragen verglichen und die Politiker werden so ausgewählt, dass im Parlament prozentual gesehen genau so viele Menschen sitzen, die A bzw. B ankreuzen würden, wie die Wähler es getan haben.
4) Zusätzlich könnte man die Wähler für einzelne Kandidaten stimmen lassen. Diese Stimmen wären allerdings nur dann entscheidend, wenn z.B. zwei Kandidaten quasi identische Profile hätten und man nur einen Sitz zu vergeben hätte.
5) Wenn sich ein Politiker nachweislich nicht an sein Profil hält, das er vor der Wahl angegeben hat, wird er ersetzt.
Kleine Bitte an die Moderatoren: Ich bentrage eine Änderung des Strangtitels. "Demokratie ohne Parteien?". Passt irgendwie besser zum Thema. Danke!