Ich teile nicht nicht die von Herrn Dr. Tauber geäusserten Bedenken bezüglich einer Abschaffung der 5% -Hürde. Diese behindert m.E. unnötig die Entstehungund den parlamentarischen Erfolg von kleinen Parteinen und diese sehe ich auch als eine (Mit)Ursache für den politischen Stillstand in Deutschland.
Die Parlamente sind erstarrt, die Argumente der Fraktionen altbekannt und die Diskussionen darüber stinklangweilig. Die parlamentarischen Entscheidungen stehen eigentlich schon längst vorher fes, werden von Lobbisten diktiert und von den auf Gehorsam verpflichteten Abgedordneten abgenickt. Dafür genehmigen sich diese eine neue putzige Diätenerhöhung von schlappen 10% im Jahr, während große Teile des Volkes mit sinkenden Reallöhnen und unnötiger Armut kämpfen müssen.
Das Volk kennt diesen Beschiss seit langem nicht anders, es wehrt sich aber (noch) nicht.
Es hält aber hertzlich wenig von der Politik und weiß wie es belogen und betrogen wird.
Es sind eher nur noch diejenigen, denen es zumindest materiell noch ganz ordentlich geht, die artig an die Urnen trotten. Aber immer mehr mehr Bürger/innen bleiben diesen Scheinwahlen fern und versprechen sich nichts mehr von den immer gleichen Inszenierungen der von politischen Inhalten entleerten Wahllämpfen. Vor der Wahl pieseln sich die vermeintlichen Kontrahenten insszeniert an die Beine, schimpfen über Lächerlichkeiten (Veggieday) und liegen sich nach der Wahl in den Armen, weil sie sich eigentlich auch vor der Wahl programmatisch gleichen wie Eier aus der Käfighaltung.
Die Politik ist müde und kann nur noch besser werden - muss das auch.
Was wäre das Problem, wenn auch kleine Parteien bei Wegfall der 5%-Hürde den Einzug in das Parlament schaffen könnten? Würde der Bundestag wirklich zu einer Chaotenbude verkommen und wenn ja, wäre das wirklich so viel schlimmer, als das was da seit längerem real läuft?
Ich sehe das Risiko einer Politik ohne diese 5% Hürde als beherrschbar an.
Ich glaube nicht, dass eine lebendige Demokratie, in der sich der eventuelle Volkszorn in Form kleinererer Protest- und Splitterparteien abbildet, ein ernstes Risiko beinhaltet. Lieber diesen Zorn sichtbar werden lassen und diesem sinnvolle Aktionsfelder bieten, als das verschlafene "Weiter so" anbeten, das direkt in die sich abzeichnende Sackgasse führt.
Wenn mehr Bürger/innen eine sinnvolle Partizipation am parlametarischen Geschehen erkennen könnten - könnte das zu mehr Politik im quantitativen wie qualitativen Sinne führen. Kleine Parteien und ihr eventueller Einzug könnten wertvolle Indikatoren für Meinungen, Stimmungen und Tendenzen im Volk sein, die damit ehrlicher rüberkommen könnten als die suggestive Hofberichterstattung der von Politik und Lobbiismus bezahlten Meinungsumfrager. Das Volk käme verstärkt zur Sprache und träte endlich mal vermehrt als das auf, was es eigentlich in der Demokratie sein soll - nämlich Volkssouverän.
Neue Politikstile, die wir dringend brauchen könnten umgesetzt werden und auch die Chararkeristika der Parlamentarierer könnte an Vielfalt und Lebendigkeit zunehmen. Aktuell erleben wir dort nur eher ein Mittelmaß aus intelletuell angehauchter Bourgeoisie, die kaum ein Verständnis für die Unterschichten aufbringt, gerne ein wenig mit der wirtschaftlichen Oligarchie kuschelt und sich wenig experimentierfreudig in der gesellschaftlichen Mitte langweilt, die durch die eigene Politik langsam aber sicher zerlegt wird.
Ich sehe die aktuelle politische Friedhofsruhe, die mit der Großen Koalition erneut einen zentnerschweren Grabdeckel verpasst bekommen hat, als ein größereres Problem, dass die politische Ordnung stärker gefährdet, als es der Wegfall der 5%-Hürde.