Zitat Zitat von Cetric Beitrag anzeigen
Teil 4 meiner Artikelserie

In dieser Situation florierte das Geschäft von Firmen wie KUB der Eheleute Timoshenko und Grawez. Sie importierte aus Baschkirien und Sibirien das so dringende Rohöl, Benzin und Petroleum. KUB wurde zum Alleinersorger der Landwirtschaftsbetriebe im Gebiet von Dnepropetrovsk, mit staatlichen Exklusivrechten auf die Lieferung von Treibstoff für die Frühjahrsaussaat. Geld gab es aber nicht, es funktionierte wie ein gigantischer Naturalien-Tauschhandel, nach dem Vorbild des Wohnungstauschhandels über Makler, wie er in der Sowjetunion üblich war. 'Richtiges' eigenes Geld gab es erst ab 1996 wieder: die Hrwynja, vorher versuchte man sich nach Ausbleiben des zentral in Moskau gedruckten Papiergeldes mit 'Coupons' und 'Karbowanzen' (ohne Golddeckung, die Goldreserve war in Moskau verblieben), mit katastrophaler Hyperinflation.
Der Vorteil des Naturalaustausches war der Wegfall von Steuerzahlungen (gut für Unternehmer, aber schlecht für den Staat, denn jeder Staat braucht Steuereinnahmen), denn in den Büchern fanden keine Verrechnungen in der Währung statt. Dazu war als Ersatzwährung der Dollar in der Schattenwirtschaft unterwegs, und der pflegt auch nicht in Büchern aufzutauchen.
Ein wichtiger Helfer auf Seiten der Politik für KUB war Pawlo Lasarenko, der März 1992 von Krawtschuk zum Gebietschef der Dnepropetrovsker Region avancierte. dieser Lasarenko brachte die gesamte Industrie des Gebietes unter Kontrolle und strich von allen Seiten für seine Protektion Schmiergelder ein, die er in der Schweiz, in Polen und in den USA anlegte. September 1995 stieg Gouverneur Lasarenko zum stellvertretenden Ministerpräsidenten, Fachbereich Brennstoff- und Energiekomplex, auf,im Mai 1996 wurde er dann Ministerpräsident unter Krawtschuks Nachfolger Kutschma.
Im November 1995 wurde KUB in die Korporation „Vereinigte Energiesysteme der Ukraine" (VESU) umbenannt. VESU versorgte vor allem die Regionen Dnepropetrovsk, Donetsk, Poltava, Sumy, Kirovohrad und Mykolayiv mit russischem Erdgas. Es handelte sich dabei nicht mehr um eine mehrheitlich zypriotische Firma, sondern um ein ukrainisch-britisches Gemeinschaftsunternehmen. Stammkapital war 10 Millionen Dollar. Die Rolle von Grawez schwand, dafür stieg die Beteilung der Timoshenkos. Julia Timoshenko selbst war Firmenchefin, ihr Schwiegervater Gennadi Timoshenko Generaldirektor und ihr Noch-Ehemann Alexander Transport-Abteilungschef.
Die größte Leistung Lasarenkos als MP war eben die erwähnte Währungsreform, die sein Nationalbankpräsident Viktor Juschtschenko (der spätere Präsident des Landes und zeitweise politische Verbündete Timoshenkos) für ihn plante und durchführte. Die Hrywnja hielt sich stabil im Kurs und stellte die Wirtschaft endlich wieder auf eine berechenbare Grundlage. Das Energieversorgungsproblem blieb auch unter Lasarenko akut. 19 Milliarden Kubikmeter Gas wurden im Land selbst gefördert, bei einem Verbrauch von an die 80 Milliarden Kubikmeter.
Vor Lasarenkos Machtantritt waren die bedeutensten Gashändler die Firmen 'Respublika' und 'Intergas', die dem Oligarchen Igor Bakai gehörten. Er wurde von den Gazprom-Leuten favorisiert als Abnehmer auf ukrainischer Seite, aber Lasarenko und Timoshenko wollten den Markt monopolisieren und Bakai rauskegeln. Wjachirew von Gazprom schrieb viermal offiziell an Präsident und Ministerpräsident um sich für 'Intergas' zu verwenden, aber Timoshenko setzte sich in persönlichen Verhandlungen mit Wjachirew durch und der positive Effekt für die russische Seite daraus war, daß von nun an das russische Gas auch wirklich bezahlt wurde (nach Auflaufen der erwähnten 1,4 Milliarden Dollar Schulden zuvor). Rem Wjachirew, der mit anderen so schroff und selbstherrlich umzugehen gewohnt war, benahm sich Julia Timoshenko gegenüber immer respektvoll. Man könnte sagen, sie hat ihn 'eingewickelt'.
Gleich der erste Vertragsabschluß sah eine Lieferung von 24,2 Milliarden Kubikmeter Gas in die Ukraine vor, fast ein Drittel des Jahresverbrauchs. Die Industriegebiete des Ostteil des Landes profitierten davon. Der Deal war Julia Timoshenkos Eintrittskarte in die Kategorie der Oligarchen, im ganzen postsowjetischen Raum die einzige Frau.
Was willst du uns sagen damit ? Die reichen Russen haben das Gas, die ärmeren Ukrainer nicht.