Muslime als "Muselmann" und "Ölauge" beschimpft
Veröffentlicht am 22.03.2013 | Lesedauer: 4 Minuten
Von
[Links nur für registrierte Nutzer],
[Links nur für registrierte Nutzer]
Das Gebäude des Bundesamts für Verfassungsschutz in Köln
Quelle: picture alliance / dpa
Mitarbeiter des Bundesamts für Verfassungsschutz haben muslimische Mitarbeiter angeblich jahrelang grob beleidigt. Doch die Türkische Gemeinde erkennt kein spezielles Rassismusproblem der Behörde.
Mitarbeiter des Bundesamtes für Verfassungsschutz haben Kollegen angeblich jahrelang mit rassistischen und islamfeindlichen Äußerungen beleidigt. Einer soll „Muselmann“ und „Ölauge“ genannt worden sein. Auch in der Abteilung, die für den militanten Islamismus zuständig ist, sollen abfällige Bemerkungen über Muslime gemacht worden sein. Deutsche sind demnach als „Herrenrasse“ bezeichnet worden – ein Begriff, der von Neonazis verwendet wird.
Die Vorfälle, über die nun erstmals
[Links nur für registrierte Nutzer], werfen die heikle Frage auf: Ist das Bundesamt für Verfassungsschutz ein Hort rassistischer Gesinnung?
Ein solcher Vorwurf wäre brisant angesichts der vielen mittlerweile aufgedeckten Ermittlungsfehler bei der Suche nach den heute als
[Links nur für registrierte Nutzer] (NSU) bekannten rechtsextremistischen Terroristen Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und
[Links nur für registrierte Nutzer]. Verfassungsschützer verschlampten Hinweise auf das untergetauchte Trio oder gaben sie nicht an Landesämter oder die Polizei weiter.
Seitdem haben viele Politiker Bedenken, der Verfassungsschutz könnte auf dem „rechten Auge blind“ sein. Die nun veröffentlichten Äußerungen erwecken den Eindruck hin, dass an dieser Behauptung womöglich wirklich etwas dran ist.
„Für Rassismus gibt es bei uns keinen Platz“
Allerdings sieht es nach derzeitigem Stand nicht so aus, als ob rassistische Ausfälle besonders charakteristisch für den Inlandsnachrichtendienst wären. In der Behörde arbeiten insgesamt 2800 Mitarbeiter. Bisher soll es sich nur um Einzelfälle handeln. Bei der Beurteilung der nun im Raum stehenden Vorwürfe kommt es deshalb zunächst vor allem darauf an, wie das Amt damit umgeht.
Die Vorfälle fallen nicht in die Amtszeit des derzeitigen Präsidenten Hans-Georg Maaßen. Sein Vorgänger Heinz Fromm, der im Juli 2012 nach einer Aktenvernichtung durch einen Mitarbeiter zurückgetreten war, reagierte damals darauf und zog disziplinarrechtliche Konsequenzen.
Nach „Welt“-Informationen sind die Fälle bereits im Jahr 2009 geklärt und abgeschlossen worden. Das Bundesamt äußerte sich jetzt in einer Stellungnahme erstmals öffentlich, nachdem ein Medium über „Kreuzritter vom Verfassungsschutz“ berichtet hatte.
Behördensprecher Bodo Becker sagte: „Für Rassismus und Islamfeindlichkeit gibt es bei uns keinen Platz.“ Schon geringe Zweifel an der demokratischen Haltung eines Mitarbeiters können ein Grund dafür sein, diesen nicht mehr zu beschäftigen. Konsequenzen würden bereits bei geringen Verstößen oder fehlender Sensibilität für das Miteinander gezogen – so wie in jenem Fall, als sich ein Verfassungsschützer über den Papst lustig machte.
Türkische Gemeinde: kein spezielles Rassimusproblem
Nach Informationen der „Welt“ soll dieser Beamte auf den Papstsegen „urbi et orbi“ mit einem Bierkrug angestoßen haben. Der Sprücheklopfer wurde in ein anderes Referat versetzt. Gegen ihn soll es ebenfalls ein Disziplinarverfahren gegeben haben.
Im Haus von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU), dem das Bundesamt in Köln unterstellt ist, heißt es zu den beleidigenden Äußerungen, dass es sich um „Einzelfälle“ handele. Die Worte im Einzelnen wollte man weder dementieren noch bestätigen. Die Fälle seien jedoch schnell aufgeklärt und konsequent geahndet worden. Insofern könne nicht Rede davon sein, dass Missstände jahrelang hingenommen worden seien.
Auch der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, erkennt beim Verfassungsschutz kein spezielles Rassismusproblem. Kolat, der sonst selten mit Kritik an dem Nachrichtendienst spart, sagte der „Welt“: „Es gibt vermutlich in jeder Behörde Menschen, die rassistisch orientiert sind.“
Er warnt die Sicherheitsbehörden allerdings davor, stigmatisierende Begriffe wie beispielsweise „Türken-Mafia“ zu verwenden. Ein solches Denken in Schubladen würde den Blick von Ermitteln verengen. Dies müsse eine Lehre aus dem Versagen beim Aufklären der NSU-Mordserie sein. Dem Verfassungsschutz wirft Kolat zudem vor, er sei „in den Führungsebenen eine rein deutsche Institution“. Auf den unteren Ebenen gibt es beim Verfassungsschutz allerdings etliche Beschäftigte mit einem Migrationshintergrund.