Dänische Ausländerpolitik
Alles härter als in Deutschland
| 07.11.05 |
Einen regelrechten Spießrutenlauf müssen Ausländer in Dänemark zurücklegen, wenn sie im Lande leben wollen oder gar Staatsbürger werden möchten. Von A. Anwar, Kopenhagen
Die bürgerliche Regierung unter Premierminister Anders Fogh Rasmussen hat die Zuwanderungsbestimmungen des Königreichs seit der Machtübernahme 2001 zusammen mit der fremdenfeindlichen dänischen Volkspartei systematisch auf ein Niveau verschärft, gegen das die in Deutschland geltenden Regelungen trotz Kritik als liberal gedeutet werden könnten.
Kenntnis über Kultur unerlässlich
In Dänemark müssen Staatsangehörigkeitsbewerber ausreichende dänische Sprachkenntnisse glaubhaft machen und sich darüberhinaus mit dänischer Kultur und Geschichte auskennen. Wer nicht weiß, dass Norwegen einmal in einer Union mit Dänemark vereint war, kann einfach abgelehnt werden.
Pass nicht automatisch nach Heirat
Nicht-EU-Ausländer, die mit Dänen verheiratet sind, bekommen keine Aufenthaltsgenehmigung, wenn sie unter 24 Jahre alt sind, unabhängig davon wie ernst es mit der Ehe ist. Dies hatte in den letzten Jahren zur Folge, dass immer mehr Dänen mit ausländischen Ehepartnern dazu gezwungen waren, ins nahe gelegene Südschweden zu ziehen, wenn sie mit ihrem Ehepartner zusammenleben wollten, aber gleichzeitig täglich zu ihrem Arbeitsplatz nach Dänemark pendeln mussten.
Mindestens fünf Jahre Aufenthalt
Ende letzter Woche Verkündete die Regierung eine neue, tiefgreifende Verschärfung: Fünf Jahre müssen Ausländer nun in Dänemark leben und nur wenn sie in diesem Zeitraum mindestens vier Jahr lang fest angestellt waren, können sie einen dänischen Pass bekommen.
Linkskiberale „erschüttert“
„Ich bin erschüttert“, sagte Simon Ammitzböll von der linksliberalen Oppositionspartei. In der Praxis bedeute dies den Ausschluss von „unproduktiven Bewerbern“ wie Studenten, Hausfrauen und Rentnern, aber auch Projektangestellten Ausländern.
50 Prozent aussortiert
Nach Schätzungen dänischer Medien bedeutet die Verschärfung, dass bis zur Hälfte der 10 000 in Dänemark lebenden Einwanderer, die zur Zeit die Möglichkeit haben, die dänische Staatsbürgerschaft zu bekommen, aussortiert würden. Die Kritiker der neuen Regelung betonen, dass unproduktive Dänen dahingegen nicht bestraft würden, einzig und allein weil sie das Glück hatten, im richtigen Land geboren zu werden.
„Wir wollen sicher sein, dass wir es mit Menschen zu tun haben, die aktive, engagierte Bürger sind und gezeigt haben, dass sie sich selbst versorgen können", entgegnete Rikke Hvilshøj, Ministerin für Flüchtlinge, Zuwanderer und Integration.
Antidemokraten unerwünscht
Kaum, dass die Proteste gegen die neue Regelung abgeklungen sind, hat das Einwanderungsministerium bereits eine weitere Maßnahme auf den Weg gebracht: Ausländer sollen ihren Glauben an demokratische Normen glaubhaft machen und eine Treueerklärung mit 17 Punkten abgeben, bevor sie überhaupt eine Aufenthaltsgenehmigung für das Königreich bekommen: „Ich weiß, dass es in Dänemark verboten ist, seine Kinder zu schlagen“, ist einer der Erklärungspunkte.
Premier Rasmussen nennt seine restriktive Ausländerpolitik, „fest und fair“ und beruft sich auf eine breite Unterstützung in der Bevölkerung – die er tatsächlich hat.
Dem Regierungschef gelang es 2001 die bis dahin fast traditionell sozialdemokratischen Regierungen Dänemarks mit Unterstützung der rechtsextremen dänischen Volkspartei abzulösen. Wahlkampf Thema Nummer 1 waren Zuwanderer die in Politik und Medien als „Problem“ diskutiert wurden. Wahlbeobachter waren sich einig, dass Rasmussen vor allem wegen dem Versprechen einer restriktiven Ausländerpolitik gewählt wurde: Erstaunlich in einem Land, in dem die Ausländerintegration als im Europavergleich verhältnismäßig zufrieden stellend eingestuft wird.
Wirtschaftlicher Bilderbuchboom
Das Land erlebt einen wirtschaftlichen Bilderbuch-Boom, die Arbeitslosigkeit konnte seit der Neunziger Jahre von zwölf auf rund sechs Prozent halbiert werden. Zudem leben mit sieben Prozent relativ wenig Ausländer in Dänemark und ein Großteil der Zuwanderer kommt aus den kulturell nahezu identischen Nachbarländern.
Quelle:
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WS