Wieso denn das? Der Lebensstandard war doch nie höher als zu Sowjetzeiten und jetzt mit Putins Staatswirtschaft. Russland müsste doch nach deiner Lesart jetzt zu den wohlhabendsten Ländern zählen. Den meisten geht es aber nicht besser als unter den Kommunisten. Unter Jelzins Amikapitalismus wurde sogar wieder gehungert.
DDR: Die DDR hat für ihre Voraussetzungen nicht wenig Leistung erbracht. Jeder DDR Bürger hat (zu Preisen von 1955) 6700DM Reparation erbracht. Jeder BRD Bürger 35DM. Und während im Osten 30-40 % Industrie demontiert wurde waren es im Westen 5%. Der Westen konnte nach dem Krieg weitermachen. Der Osten musste nicht nur neue Zulieferer und Abnehmer finden, sondern ein völlig neues Wirtschaftssystem schaffen. Ein System welches ihm von seinem Besatzer auferlegt wurde. Im Osten stand ein Hochofen, im Westen hunderte. Der Osten musste eine komplet neue Schwerindustrie aufbauen. Es gab nichtmal einen Hafen um überhaupt Außenhandel zu betreiben. Der RGW, oh je. Wer sollte denn da der DDR helfen? Die Länder im RGW sind doch auch heute im Kapitalismus wirtschaftlich sehr schwach. Also kann es doch am System nicht liegen. Und die Rohstofflieferungen der Russen waren keine Geschenke wie sie die Brüder und Schwestern im Westen bekamen. Die DDR hatte 1950 Bip von 30 % der BRD. 1989 hatte sie dann 50%. Nach deine Lesart hätte sich der Abstand ja nicht verkürzen dürfen. Im übrigen hatten 1989 die EU-Länder Griechenland, Portugal, Irland, und Spanien noch weniger als 50% Wirtschaftsleistung der BRD. Griechenland hat heute 32% und selbst Italien hat heute nur 61% der BRD. Und diese Länder hatten keine Reparationen und Boykotte und Sabotagen zu verkraften. Um den heutigen Lebensstandard zu halten ist im übrigen jedes Land auf internationale Arbeitsteilung angewiesen. Kein Land der Welt könnte autark heute existieren.
Der ehemalige Vize-Chef der DDR-Nationalbank, Edgar Most, sagte in der Dokumentarfilm-Reihe "Pläne Pech und Pleiten", das es für ihn ein rückblickend ein Wunder sei, das sich die DDR wirtschaftlich aus dem Nichts heraus überhaupt noch akzeptabel entwickeln und so lange überleben konnte. Seiner Meinung nach hätte man 1949 die DDR mit den miserablen wirtschaftlichen Voraussetzungen (Kapitalstock betrug nur 40 % des Westniveaus) gar nicht gründen dürfen. Es spricht also für die Menschen der DDR und ihre Leistungen. Sie wurden dafür nur einfach nicht wertschätzend entlohnt.
Der Aspekt kommt meist zu kurz: Bis Ende der 60er hat die DDR beachtliche wirtschaftliche Leistungen vollbracht, war auf einigen Gebieten (Landmaschinen, Werkzeugmaschinen) sogar Weltspitze. Die Ingenieure entwickelten, die Betriebsleiter versuchten, aus den gegebenen Bedingungen das Beste zu machen, und das NÖSPL belohnte sie noch dafür. Der Knick kam mit der Entmachtung Ulbrichts bzw. dem Machtantritt Honeckers, der sofort begann, benötigte Investitionen für soziale Geschenke zurückzustellen. Parallelen zu heute sind unübersehbar. Und da kommen wir zur eigentlichen Schwäche des Sozialismus: Es fällt politischen Wunschdenkern sehr leicht, die vollbrachten Leistungen ihrer Wirtschaft für ideologische Projekte zweckzuentfremden. Wie wir aber gerade sehen, ist das im Kapitalismus zwar etwas schwieriger, aber eben auch nicht unmöglich.
Natürlich hat Kernkraft ihre Risiken. Es gibt aber keine Energie und nichts auf der Welt ohne Risiken, nicht einmal die Liebe. (Helmut Schmidt, 2008)
Man könnte fast sagen das bis Ende der 60er Jahre für die Bevölkerung ein Wohlstand gebildet werden konnte, der die eigene Leistung widerspiegelte und mehr oder weniger gerecht entlohnte. Nicht nur in Form von der Lohntüte, sondern auch dem Warenangebot. Ich verweise da mal auf "Luxusgüter" wie Bananen und Kaffee, den es in dieser Zeit in ausreichenden Mengen gab. Mit Honecker ging diese Phase zu Ende.
Zeitzeugen dürfen mich gerne korrigieren wenn ich falsch liegen sollte.
Honecker war auch nur ein Getriebener. Der Wohlstand war halt nur auf dem Papier präsent, die Bürger der DDR konnten sich von dem Erschaffenen nichts Werthaltiges kaufen. Der Westen bot immer mehr Luxusgüter und Freiheiten auf, deren Erlangung auch im Osten ein immer stärkerer Wunsch wurde. Daher wurde das Wirtschaftskonzept auf die Produktion von Freizeit- und Luxusgütern umgestellt, was zwar die Nachfrage teilweise befriedigte, aber die Wirtschaftskraft beeinträchtigte, da die erzeugten Produkte weder Devisen noch andere wirtschaftsrelevanten Güter hervor brachten.
Die DDR war da zu verurteilt das sie nichts richtig machen konnte, egal was sie auch getan hätte. Denn die Kirschen in Nachbars Garten waren nun mal größer und süßer.
Die Sowjetunion konnte den deutschen Genossen auch keinen wie Elvis oder Rolling Stones liefern.
Geändert von herberger (12.06.2020 um 09:57 Uhr)
Der FC Bayern München halten sich nicht für etwas besseres, sie sind es!
Du liegst da schon ganz richtig. Die technische und wirtschaftliche Entwicklung wurde relativ abrupt mit Honecker beendet, es gab noch einige letzte Zuckungen in den Siebzigern, wie etwa das erste funktionstüchtige flexible Fertigungssystem (Prisma 2) der Welt oder der Großflächenmähdrescher E-516, aber ansonsten endete damit der Höhenflug. Beide Produkte fanden übrigens in der Welt keine oder so gut wie keine Entsprechung.
Ich habe sogar hier im Betrieb auch noch ein Spitzenprodukt des DDR-Werkzeugmaschinenbaus aus den 60er Jahren herumzustehen, meine älteste Maschine, die von den Leistungsdaten heute noch ganz gut mithalten kann.
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