User in diesem Thread gebannt : Hulasebdender |
Weh, wenn sich in dem Schoß der Städte
der Feuerzunder still gehäuft,
das Volk, zerreißend seine Kette,
zur Eigenhilfe schrecklich greift!
Da zerret an der Glocke Strängen
der Aufruhr, daß sie heulend schallt,
und, nur geweiht zu Friedensklängen,
die Losung anstimmt zur Gewalt.
"Freiheit und Gleichheit!" hört man schallen;
der ruh'ge Bürger greift zur Wehr,
die Straßen füllen sich, die Hallen,
und Würgerbanden ziehn umher.
Da werden Weiber zu Hyänen
und treiben mit Entsetzen Scherz;
noch zuckend, mit des Panthers Zähnen
zerreißen sie des Feindes Herz.
Nichts Heiliges ist mehr, es lösen
sich alle Bande frommer Scheu;
der Gute räumt den Platz dem Bösen,
und alle Laster walten frei.
Gefährlich ist's, den Leu zu wecken,
verderblich ist des Tigers Zahn;
jedoch der schrecklichste der Schrecken,
das ist der Mensch in seinem Wahn.
„Die Windflügel sind Sakralbauten für ein neues Glaubensbekenntnis.“ (Hans-Werner Sinn)
Baltische Jugend von Gertrud von den Brincken
Wer bang berechnet Sinn und Zweck und Kosten,
errechnet nie, was Herz und Fahnen kund:
Wir aber stehen auf umstürmtem Posten
so selbstverständlich wie auf eignem Grund.
Nicht kann die Undurchdringlichkeit der Ferne,
nicht grauer Frage Donnergroll uns fälln.
Wir haben Nacht um uns. Vielleicht auch Sterne.
Nicht wägen gilt's, nicht zählen, -- nur: sich stelln!
Die Baltenfahne
Die Grenzwacht hielt im Osten dem Feinde lange stand
Heut kehrt ihr letzter Posten zurück ins Vaterland
Erschöpft und aufgerieben in treuer Ritterschaft
Die Besten sind geblieben, uns andern brach die Kraft
Doch bringen wir die Fahne, die wehend vor uns stritt
Von Rigas blutgen Planen in allen Ehren mit
Die sturmbewährt sich nimmer vor einem Feind geneigt
Und heute noch und immer den Weg nach Osten zeigt
Es rauscht dort hin zu mahnen, zu ihr der Väter Geist
Trotz aller Not ein Ahnen, das deutsche Zukunft heißt
Sind wir auch fremd geworden euch Brüdern aus dem Reich
Aus West und Süd und Norden, das Banner blieb sich gleich
Ob wir auch hier verderben, das kümmere euch nicht
Die Fahne zu vererben ist unsere letzte Pflicht
Ich darf nicht länger zagen, bald zwingt sie euren Sinn
Nach Ostland sie zu tragen, sie will, sie muß dort hin
Ernst Jandl:
zweierlei handzeichen
ich bekreuzige mich
vor jeder kirche
ich bezwetschkige mich
vor jedem obstgarten
wie ich ersteres tue
weiß jeder katholik
wie ich letzteres tue
ich allein
Wenn auf düstrem Bergeskamme
Aufbrennt unsrer Sehnsucht Licht,
Und die heilge Glut der Flamme
Lodernd in die Weltnacht bricht,
Stehn wir ernst geschart im Kreise,
Starren in lebendige Glut,
Spüren stark die wilde heiße Deutsche Stimme uns im Blut.
Brennen über uns die Sterne,
Brennt in uns das Herz voll Not,
Brennt der Ruf in alle Ferne!
Flammt, ein einziges Gebot.
Sonnwendfeuer, Notwendfeuer,
Endzeit du und Zeit der Wende!
Übergroß und ungeheuer
Zwingt es Hände nun in Hände.
Gerhard Schumann
Heinz Erhardt:
Noch'n Gedicht
Die Gans erwacht im grauen Forst
erstaunt in einem Adlerhorst.
Sie blickt sich um und denkt betroffen:
Mein lieber Schwan, war ich besoffen!
Ich bin übrigens nicht ganz zufrieden mit der Fassung von Heinz Erhardt. Ein guter Freund hat eine leicht varrierte Fassung geschrieben, die meiner Meinung nach die tiefe Ruhe und Erhabenheit des morgendlichen Waldes noch fühlbarer macht:
Zitat von Karl üp den Stehren
Heinrich Heine: Gedichte 1853 und 1854
Himmelfahrt
Der Leib lag auf der Totenbahr,
Jedoch die arme Seele war,
Entrissen irdischem Getümmel,
Schon auf dem Wege nach dem Himmel.
Dort klopft' sie an die hohe Pforte,
Und seufzte tief und sprach die Worte:
Sankt Peter, komm und schließe auf!
Ich bin so müde vom Lebenslauf -
Ausruhen möcht ich auf seidnen Pfühlen
Im Himmelreich, ich möchte spielen
Mit lieben Englein Blindekuh
Und endlich genießen Glück und Ruh!
Man hört Pantoffelgeschlappe jetzund,
Auch klirrt es wie ein Schlüsselbund,
Und aus einem Gitterfenster am Tor
Sankt Peters Antlitz schaut hervor.
Er spricht: »Es kommen die Vagabunde,
Zigeuner, Polacken und Lumpenhunde,
Die Tagediebe, die Hottentotten -
Sie kommen einzeln und in Rotten,
Und wollen in den Himmel hinein
Und Engel werden und selig sein.
Holla! Holla! Für Galgengesichter
Von eurer Art, für solches Gelichter
Sind nicht erbaut die himmlischen Hallen -
Ihr seid dem leidigen Satan verfallen.
Fort, fort von hier! und trollt euch schnelle
Zum schwarzen Pfuhle der ewigen Hölle.«
So brummt der Alte, doch kann er nicht
Im Polterton verharren, er spricht
Gutmütig am Ende die tröstenden Worte:
»Du arme Seele, zu jener Sorte
Halunken scheinst du nicht zu gehören -
Nu! Nu! Ich will deinen Wunsch gewähren,
Weil heute mein Geburtstag just
Und mich erweicht barmherzige Lust -
Nenn mir daher die Stadt und das Reich,
Woher du bist; sag mir zugleich,
Ob du vermählt warst? - Ehliches Dulden
Sühnt oft des Menschen ärgste Schulden;
Ein Ehmann braucht nicht in der Hölle zu schmorn,
Ihn läßt man nicht warten vor Himmelstoren.«
Die Seele antwortet: Ich bin aus Preußen,
Die Vaterstadt ist Berlin geheißen.
Dort rieselt die Spree, und in ihr Bette
Pflegen zu wässern die jungen Kadette;
Sie fließt gemütlich über, wenns regent -
Berlin ist auch eine schöne Gegend!
Dort bin ich Privatdozent gewesen,
Und hab über Philosophie gelesen -
Mit einem Stiftsfräulein war ich vermählt,
Doch hat sie oft entsetzlich krakeelt,
Besonders wenn im Haus kein Brot -
Drauf bin ich gestorben und bin jetzt tot.
Sankt Peter rief: »O weh! o weh!
Die Philosophie ist ein schlechtes Metier.
Wahrhaftig, ich begreife nie,
Warum man treibt Philosophie.
Sie ist langweihg und bringt nichts ein,
Und gottlos ist sie obendrein;
Da lebt man nur in Hunger und Zweifel,
Und endlich wird man geholt vom Teufel.
Gejammert hat wohl deine Xantuppe
Oft über die magre Wassersuppe,
Woraus niemals ein Auge von Fett
Sie tröstend angelächelt hätt -
Nun sei getrost, du arme Seele!
Ich habe zwar die strengsten Befehle,
Jedweden, der sich je im Leben
Mit Philosophie hat abgegeben,
Zumalen mit der gottlos deutschen,
Ich soll ihn schimpflich von hinnen peitschen -
Doch mein Geburtstag, wie gesagt,
Ist eben heut, und fortgejagt
Sollst du nicht werden, ich schließe dir auf
Das Himmelstor, und jetzo lauf
Geschwind herein -
Jetzt bist du geborgen!
Den ganzen Tag, vom frühen Morgen
Bis abends spät, kannst du spazieren
Im Himmel herum und träumend flanieren
Auf edelsteingepflasterten Gassen.
Doch wisse, hier darfst du dich nie befassen
Mit Philosophie; du würdest mich
Kompromittieren fürchterlich -
Hörst du die Engel singen, so schneide
Ein schiefes Gesicht verklärter Freude, -
Hat aber gar ein Erzengel gesungen,
Sei gänzlich von Begeistrung durchdrungen,
Und sag ihm, daß die Malibran
Niemals besessen solchen Sopran -
Auch applaudiere immer die Stimm
Der Cherubim und der Seraphim,
Vergleiche sie mit Signor Rubini,
Mit Mario und Tamburini -
Gib ihnen den Titel von Exzellenzen
Und knickre nicht mit Reverenzen.
Die Sänger, im Himmel wie auf Erden,
Sie wollen alle geschmeichelt werden -
Der Weltkapellenmeister hier oben,
Er selbst sogar, hört gerne loben
Gleichfalls seine Werke, er hört es gern,
Wenn man lobsinget Gott dem Herrn
Und seinem Preis und Ruhm ein Psalm
Erklingt im dicksten Weihrauchqualm.
Vergiß mich nicht. Wenn dir die Pracht
Des Himmels einmal Langweile macht,
So komm zu mir; dann spielen wir Karten.
Ich kenne Spiele von allen Arten,
Vom Lanzknecht bis zum König Pharo.
Wir trinken auch - Doch apropos!
Begegnet dir von ungefähr
Der liebe Gott, und fragt dich: woher
Du seiest? so sage nicht aus Berlin,
Sag lieber aus München oder aus Wien.«
Der FC Bayern München halten sich nicht für etwas besseres, sie sind es!
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