Do your fucking job!" Wir wollen das jetzt nicht übersetzen, es sitzen ja auch Kinder am Bildschirm, aber das kann man schon sagen: Dieser Satz ist nicht die beste Voraussetzung, um die Herzen der Anwesenden zu gewinnen. Aber dann wieder: Sir Bob Geldof hat es nicht nötig, sympathisch rüberzukommen.
Der geadelte Pop-Aktivist mit dem immer noch füllig wild herabhängenden, mittlerweile aber stark ergrauten Haar, sitzt auf der Bühne im zweiten Stock des Berliner Soho House und mustert die Menge der deutschen Journalisten zu seinen Füßen, in seinem Blick eine bemerkenswerte Mischung aus Verachtung und Überzeugungskraft. Die hier Sitzenden sollen gefälligst tun, was er sagt. Nämlich Gutes.
Geldof ist in Berlin eingeflogen, um sein neues Projekt "Band Aid Thirty" vorzustellen, eine weitere Wiederauflage des legendären, allerdings, wie Geldof betont, nicht besonders guten All-Star-Weihnachtsliedes "Do They Know It's Christmas?", das er vor dreißig Jahren gemeinsam mit Midge Ure geschrieben hat, nachdem er eines Abends im Fernsehen eine Dokumentation über die Hungersnot in Äthiopien gesehen hatte. Über zwei Millionen mal wurde der Song verkauft, über 24 Millionen US-Dollar spielte er ein, und er war dabei nur der Vorläufer des ebenfalls von Geldof initiierten, 1985 global übertragenen "Live Aid"-Konzerts, auch dieses legendär und mittlerweile längst neu aufgelegt worden. 250 Millionen US-Dollar, sagt Geldof, habe der Live Aid Trust seit 1984 für Afrika eingesammelt. Und jetzt sollen es noch mehr werden - diesmal gegen die Ebola-Seuche.
Der Künstler ist jetzt in voller Fahrt, über das Lied will er eigentlich gar nicht sprechen, es ist völlig nebensächlich, es ist nur ein Anlass, um die Menschen an das zu erinnern, was in Westafrika geschieht, wo zum Beispiel eine Krankenschwester, weil sie ein Mensch sei, einem kranken, weinenden Kind die Tränen mit bloßer Hand abgewischt habe, weil dessen sterbende Mutter es nicht mehr tun konnte, und jetzt sei die Mutter tot, das Kind auch, und die Krankenschwester ebenso. Und das könne bald auch hier geschehen.
"Ladies and Gentlemen, we live in the fucking 21st century!", schleudert Sir Bob Geldof in die Menge, und im 21. Jahrhundert könne es doch nicht sein, dass es Menschen so ergeht. Die deutsche Politik, namentlich Angela Merkel, tue viel zu wenig, um Afrika zu helfen, nicht einmal ihre eigenen Versprechen halte sie ein. Es sei ihm unverständlich, wie Deutschland mehr Geld für ein einziges WM-Stadion ausgeben könne als im Kampf gegen Ebola. Dabei sei das Zwanzigfache der jetzt zur Verfügung stehenden Ressourcen nötig, um die Seuche zurückzudrängen. Deutschland sei zwar führend in den Gesprächen über die Ukraine, Geldof holt jetzt etwas weiter aus, aber jeden Tag würden Geschäftsleute nach Moskau reisen und Putins Champagner saufen, auch der Ex-Kanzler mache gemeinsame Sache mit Putin, einem kalten, internationalen Verbrecher, er kenne ihn persönlich. Jedenfalls: Wie könne es sein, dass Deutschland, diese führende Nation, nicht führend ist bei der Bekämpfung von Ebola?...