Bundespräsident Gauck fährt nicht zu den Winterspielen in Sotschi, Kanzlerin Merkel unterstützt die Opposition in Kiew: Wenn es gegen Russland geht, nehmen es die beiden Ostdeutschen mit den Menschenrechten sehr genau. Die USA können mit mehr Nachsicht rechnen.
Der Bundespräsident hat ein Zeichen gesetzt. Er wird nach SPIEGEL-Informationen nicht zu den Olympischen Winterspielen ins russische Sotschi reisen. Der unausgesprochene Grund: In Russland werden die Schwulen unterdrückt, und die Polit-Künstlerin Nadeschda Tolokonnikowa sitzt in einem sibirischen Straflager.
Russland bedrängt zurzeit auch die Ukraine, sich nicht nach Westen zu wenden. Grund genug für Angela Merkel, Partei für die ukrainische Opposition zu ergreifen. Neueste Entwicklung: Die Kanzlerin will nach SPIEGEL-Informationen den Boxprofi Vitali Klitschko zum Oppositionsführer und Gegenkandidaten zu Präsident Janukowitsch aufbauen.
Wann kümmern sich Gauck und Merkel um unsere Rechte?
Natürlich haben weder Merkel noch Gauck jetzt noch einmal das Wort ergriffen, als die jüngste Weiterung des Skandals bekannt wurde: die Amerikaner sammeln weltweit fünf Milliarden Datensätze von Handys - pro Tag.
Man muss Verständnis für Merkel und Gauck aufbringen: Sie wären die einzigen Menschen der Welt, deren Handeln nicht durch biografische Prägung beeinflusst wäre. Und wir haben, beinahe ein Vierteljahrhundert nach der Wende, nun einmal die unerwartete Situation, dass sowohl der Präsident als auch die Kanzlerin aus dem Osten stammen und darum ein ganz besonderes - schlechtes - Verhältnis zu Russland haben. Im gleichen Umfang neigen sie aber beide dazu, die USA als jenen Heilsbringer misszuverstehen, der sie schon lange nicht mehr sind.