Habe mal gehört, daß Rachmaninoff von Tonaufnahmen überhaupt nichts hielt, für ihn waren Schallplatten musikalische Leichen, da die Musik schon verklungen sei. Das ist ein Gedanke, der einen frösteln lässt, mir allerdings nicht den Spaß verdirbt. Das Trio élégiaque Nr. 2 d-Moll, op. 9 bitte unbedingt anhören.

Satzbezeichnungen:

1. Moderato – Allegro vivace

2. Quasi variazione

3. Allegro risoluto – Moderato

Erläuterungen:

Sergej Rachmaninow
Trio élégiaque Nr. 2 d-Moll, op. 9

Seit Michail Glinka 1832 sein Trio pathétique geschrieben hatte, war es eine Eigenart der russischen Romantiker, Kammermusik mit elegischem Inhalt zu füllen: Totenklagen durchziehen das Genre bis weit ins 20. Jahrhundert hinein, insbesondere in der Gattung Klaviertrio. Tschaikowsky verlieh dieser Tradition den monumentalsten Ausdruck, als er 1882 zum Gedenken an seinen unerwartet verstorbenen Musikerfreund Nikolaj Rubinstein sein Klaviertrio a-Moll komponierte. À la memoire d’un grande artiste lautet die berühmte Widmung dieses bis dahin längsten russischen Kammermusikstücks.

Nur elf Jahre später hatte die russische Musikwelt einen noch tragischeren Todesfall zu beklagen: Tschaikowsky selbst starb völlig unerwartet im Alter von 53 Jahren an der Cholera (oder an Selbstmord, wenn man einem schon damals aufgekommenen Gerücht Glauben schenken will). Alle Komponisten des Landes, besonders aber die Absolventen des St. Petersburger Konservatoriums, waren angesichts der Schreckensnachricht wie versteinert. Viele drückten ihren Schmerz in einer komponierten Totenklage, einem “panikhida” aus, so auch der zwanzigjährige Sergej Rachmaninow.

Noch am Todestag, dem 6. November 1893, begann er mit der Komposition seines Trio élégiaque Nr. 2 in d-Moll, das er, Tschaikowsky zitierend, dessen Andenken widmete: À la memoire d’un grande artiste.

Um die Dramatik der Ereignisse zu verstehen, muss man sich die letzten Tage im Leben Tschaikowskys ins Gedächtnis rufen. Am 1. November, vier Tage nach der umjubelten Uraufführung seiner 6. Sinfonie, der Pathétique, hatte er im Restaurant Leitner in St. Petersburg ein Glas mit nicht abgekochtem Wasser getrunken und war gleich am Tag danach erkrankt. Am 5. November war der Zustand des Patienten so kritisch geworden, dass sein Bruder Modest an der Tür seiner Wohnung aktuelle Krankenberichte aushängte, um die drängenden Fragen der vielen besorgten Freunde und Bewunderer zu beantworten. In der folgenden Nacht, am 6. November um 3 Uhr früh, starb Tschaikowsky. Noch am selben Tag wusste die ganze Stadt davon, und die St. Petersburger Nachrichten berichteten im Leitartikel ihrer nächsten Ausgabe: “In der Stadt kursieren die widersprüchlichsten Gerüchte sowohl hinsichtlich der Ursache von P.I. Tschaikowskys Krankheit als auch seines Todes.”

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