Zitat von
Mcp
Ich weiß nicht, ob ein Rechtsstaat wirklich die Voraussetzung dafür ist. Wer schon einmal Zivilprozesse in diesem Lande, wie z. B. einen Scheidungsprozess, geführt hat, weiß um die Willkür der Richter bei der 'kreativen' Auslegung bestehender Gesetze. Das ist eine Interpretationsfrage, die man mit dem Begriff 'richterlicher Ermessensspielraum' umschreibt. Ob nun ein staatlich bestallter Richter oder ein Parteisekretär Recht spricht, ist so gesehen völlig unerheblich. Beides ist reine Willkür. Mit einem Parteisekretär kann man reden, ein Richter versteckt sich hinter toten Paragrafen, die er sich zurechtbiegt, wie es ihm dünkt.
Einen Tyrannen kann man töten, ein Gesetz hingegen nicht.
In sogenannten Demokratien bekommt man keinen einzigen Verantwortlichen wirklich zu fassen, alles verschwindet hinter der konstitutionellen Anonymität des politischen Apparates. In autoritären Staaten kennt man nicht nur das Ross, sondern auch den Reiter, ist die Verantwortung persönlicher zuordenbar. Das erhöht das Risiko der politischen Akteure, ist mir aber persönlich viel lieber, als das unverbindliche Geschwafel der deutschen Politikerkaste hierzulande.
Das Grundgesetz wird heute so verquer ausgelegt, wie es die sogenannten Verfassungsväter garantiert nicht gemeint haben. Was man heute, beispielsweise unter dem Begriff 'Familie' subsumiert, hat mit dem, was 1948 von der UNO in der 'Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte' beschlossen worde, nichts, aber auch gar nichts mehr zu tun.
Wer in diesem Lande, wie in der westlichen Welt überhaupt, etwas erreichen will, braucht Geld. Das schließt den größten Teil der Bevölkerung von vorherein aus: Sie haben nie wirklich die Chance zum sozialen Aufstieg und das Märchen vom Aufstieg des Tellerwäschers, hat man für die ganz besonders Doofen erfunden. Ein Lottogewinn ist wahrscheinlicher als der Aufstieg in den Geldadel, der seit 1789 von immer den gleichen Familien gebildet wird.
In den meisten autoritären Staaten sind die Aufstiegschancen, gerade für Jugendliche aus den Unterschichten, um ein vielfaches größer als im Westen. Man braucht dort kein Geld, sondern muss sich mit der Macht verbünden. Je höher man dort steigt, desto größer werden auch die persönlichen Freiheitsgrade, die man in Anspruch nehmen kann. Wer sich dort nicht mit der Gesellschaft anlegt, kann in der Regel ein beschauliches Leben führen. Er muss sich halt nur an die Riten und Bräuche halten, die Mächtige ihm abfordern. Das war in der Vergangenheit nicht anders als es heute ist: Wer gegen den Strich bürstet wird gnadenlos abgestraft. Die öffentlichen Hinrichtungen von widerborstigen Persönlichkeiten durch Medien und Politik sind in dieser Republik Legion. Selbst wenn man sie nicht einsperrt, ins Arbeitslager schickt oder ermordet; der soziale Tod kann um ein vielfaches grausamer sein, als eine Kugel in den Hinterkopf.