GTIA / 02.12.2014 / von Ullrich Umann
Russlands größter Lkw-Hersteller Kamaz investiert in neue Fahrerkabinen und Motoren
Produktionsanlagen sollen bis 2020 umfassend modernisiert werden / Abwrackprämie und Leasing
Moskau (gtai) - Der russische Lkw-Produzent Kamaz will bis 2017 neue Lkw-Modelle, neue Fahrerkabinen und Motoren nach Euro-6-Norm entwickeln. Die Motorenproduktion soll komplett modernisiert werden und bis 2020 ein neues Werk zur Montage von Fahrerkabinen entstehen. Insgesamt umfasst das Investitionsprogramm 70,1 Mrd. Rubel (1,45 Mrd. Euro). Die russische Regierung unterstützt Kamaz mit Staatsgarantien von 35 Mrd. Rubel (725 Mio. Euro). Aktuell bricht der Lkw-Markt in Russland jedoch ein. (Kontaktanschrift)
Das Investitionsprogramm von KamAZ sieht die Entwicklung neuer Lkw-Modelle, den Bau eines neuen Montagewerks und die Modernisierung des gesamten technologischen Produktionszyklusses vor. Insbesondere ist ein komplettes Re-Engineering der Motorenproduktion geplant. Dabei werden Teile des Fertigungsprozesses an externe Hersteller ausgelagert und gleichzeitig der technologische Ablauf räumlich optimiert. Das geplante Werk für Fahrerkabinen soll unter anderem Linien zum Stanzen und Schweißen von Metallteilen umfassen.
"Das Reengineering ist ein integraler Bestandteil der strategischen Entwicklung von KAMAZ bis 2020", betont Projektleiter Peter Moser. "Zunächst werden die Kräfte auf die Entwicklung neuer Produkte konzentriert - einer neuen Generation von Lastkraftwagen, und parallel dazu auf neue, flexible, effiziente High-Tech-Fertigungsprozesse, damit die Produktion rentabel ist. Wir werden schrittweise vorgehen, intelligent investieren: insbesondere wird die Ausrüstung parallel zum Wachstum der Produktion erworben werden". Der Generaldirektor von KamAZ, Sergej Kogogin, teilte unterdessen mit, dass die Arbeiten an dem Investitionsprojekt schon laufen; ein Teil des Maschinen- und Anlagenparks sei ausgesucht beziehungsweise bereits bestellt worden.
Bereits im Februar 2015 will KamAZ drei neue Lkw-Modelle präsentieren, die als Basisfahrzeuge für Muldenkipper oder andere Spezialfahrzeuge dienen können. Zum Einsatz kommen sollen dabei neue Motoren, neue Getriebe und eine neue Fahrerkabine, die gemeinsam mit Daimler entwickelt worden ist.
Im Zusammenhang mit den angekündigten Modernisierungen ist auch die Mitteilung vom 19.8.2014 zu verstehen, wonach KamAZ und die österreichische Palfinger AG zwei Joint Venture gründen. Dabei handelt es sich erstens um ein Unternehmen für die Herstellung, den Einbau und Vertrieb von Lkw-Aufbauten (Lade- und Handlinggeräte) und zweitens um ein Unternehmen zur Zylinderproduktion. Die Herstellung von Lkw-Aufbauten wird am KamAZ-Stammsitz in Nabereshnye Chelny (Republik Tatarstan) angesiedelt. Ziel ist es, jährlich bis zu 3.000 Aufbauten zu fertigen und auszuliefern. Zusätzlich zum bestehenden Händlernetz von KamAZ soll ein eigenes Netz an Händlern und Servicestellen aufgebaut werden. Das Joint Venture "Mounting" wird zu 51% von der KamAZ Gruppe und zu 49% von der Palfinger Gruppe gehalten.
Beim zweiten Gemeinschaftsunternehmen erwirbt Palfinger einen 51%-Anteil an der Zylinderherstellung von KamAZ am Standort Neftekamsk (Republik Baschkortostan). Beide Unternehmen haben sich geeinigt, die dortigen Produktionsanlagen zu modernisieren und künftig jährlich 80.000 Hydraulik- und Teleskop-Zylinder für Krane, Lkw und Baumaschinen herzustellen (Zielgröße für das Jahr 2019).
Staat gewährt Garantien zur Fremdmittelaufnahme
Im August 2014 gewährte die russische Regierung KamAZ Staatsgarantien in Höhe von 35 Mrd. Rubel mit einer Laufzeit von 15 Jahren. Diese Garantien benötigt KamAZ, um sich Fremdkapital für sein Modernisierungsprogramm zu beschaffen. Der Hersteller will in den nächsten drei Jahren insgesamt neun Unternehmensobligationen mit Laufzeiten von je 15 Jahren emittieren. Die Zinsbelastung soll für KamAZ zwischen nominal 10,0 und 10,5% ausfallen, was günstiger als bei der Aufnahme von Krediten wäre. Da die Lage auf dem Kapitalmarkt aktuell aber angespannt ist, wird mit der ersten Emission abgewartet, wie das Unternehmen verlauten ließ.
KamAZ ist auf dem russischen Markt für Lastkraftwagen mit Nutzlasten zwischen 14 und 40 Tonnen der wichtigste Anbieter und liegt im weltweiten Vergleich auf Rang 11. Seine Lkw exportiert KamAZ auch nach Asien und Lateinamerika. Der Marktanteil bei schweren Lkw liegt gemessen an den Verkaufszahlen in Russland aktuell bei 43,3%. KamAZ ist darüber hinaus an Gemeinschaftsunternehmen mit Daimler (ist zu 15% an KamAZ beteiligt), Mercedes Benz Trucks Wostok, und mit Mitsubishi, Fuso KamAZ Trucks Rus, zu je 50% beteiligt. Das japanische Mutterhaus der Nutzfahrzeugsparte von Mitsubishi, Mitsubishi Fuso Trucks & Bus Corporation, wird wiederum durch Daimler zu 89,29% kontrolliert.
Die beiden russischen Joint Venture montierten 2013 jeweils 3.676 Lkw der Marke Mercedes Benz und 2.619 Lkw der Marke Mitsubishi Fuso Canter. Im Juli 2014 gingen Meldungen durch die Presse, wonach KamAZ und die Daimler AG die Fusion der beiden Joint Venture erwägen. Dadurch könnten Verwaltungskosten in Millionenhöhe eingespart werden. Beide Montagewerke liegen am Standort Nabereshnye Chelny in unmittelbarer Nachbarschaft zueinander.
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