Zitat von
Smultronstället
Frage:
Wäre/wird es für Deutschland einfacher, wieder ein souveränes und gedeihendes Volk in einer souveränen und geeinten Nation zu werden, wenn die USA geschwächt sind?
Hintergrund:
Viele sehen Außenpolitik ja als Nullsummenspiel, d.h.: mehr Macht für x bedeutet automatisch weniger Macht für y. Auch werden die USA oft als letztes Imperium gesehen, das alles in seiner Macht stehende tun würde, um die Souveränität und das Gedeihen anderer Nationen zu verhindern. Gelegentlich wird auch von einer dezidiert deutschenfeindliche Politik der USA ausgegangen. Manchmal geht es auch nur um Rache oder Schadenfreude. Jedenfalls scheinen große Teile der Weltbevölkerung darauf zu hoffen, dass die USA an Macht und Einfluß verlieren.
Umgekehrt gibt es nicht wenige, die die USA als (potentiellen) Verbündeten Deutschlands sehen. Manche argumentieren mit dem Verweis auf westliche Werte, manche genau umgekehrt mit dem Verweis auf christliche Werte. Manche betonen, dass die USA eine weiße Nation sind / waren und Weiße zusammenhalten müssten, etc. Die einen denken an kalifornische Linke, wenn sie die USA als Verbündete sehen und nicht an gruselige Evangelike im Bible Belt; die anderen denken gerade umgekehrt an unbeugsamen Christen und politisch inkorrekte Weiße, wenn sie die USA als Verbündete sehen - und nicht an queere critical whiteness Genderprofessor_innen aus Berkeley.
Einig dürften sich fast alle darin sein, dass die USA in der Welt an Macht und Einfluß verlieren und dass innerhalb der USA weiße Männer an Macht und Einfluß verlieren.
Meine Meinung:
Eher Nein. Weil:
mir das Gerede darüber, dass China oder Indien oder wer auch immer gerade Macht gewinnen, die USA an Macht verlieren, völlig überholt scheint. Nationalstaaten an sich verlieren an Macht, supranationale Akteure (wie zum Beispiel Banken) gewinnen an Macht. Es gibt weniger eine Erosion der Macht von Nationalstaat x als eine Erosion der Macht von Nationalstaaten an sich. Dementsprechend verliert es für die jeweiligen Bürger auch an Relevanz, ob sie in einem theoretisch "mächtigen" Staat leben oder nicht. Es ist ja nicht so, dass "die USA" (d.h. die sich dort festgefressenen Konzerne und deren Kulturmarxisten) ihre Außenpolitik im besten Interesse der US-amerikanischen Bevölkerung betreiben würden. Einer Bevölkerung, die zur Zeit des Kalten Krieges mehr Grund hatte, optimistisch in die Zukunft zu schauen als jetzt, wo "die USA" theoretisch mehr Macht haben als zur Zeit des Kalten Krieges. Insofern bin ich auch wenig optimistisch, dass mit einer Schwächung der USA etwa die Propaganda für westliche Werte abschwächen würde. Oder dass die supranationalen Kräfte, die kein Interesse an souveränen Nationalstaaten haben, an Einfluß verlieren. Dann würden sie sich halt in einem anderen Land festsetzen. Auch setzen Bevölkerungsaustausch und Feminismus ja gleichzeitig den USA und Deutschland zu.
Könnte natürlich auch viel "andererseits" schreiben (ökonomische Anbindung etwa an Russland und China führend zu Wertewandel in Deutschland) aber in alles überwiegt bei mir die Skepsis und irgendwie übersetzt sich meine Hoffnung, dass zum Beispiel die Feministen untergehen nicht so ganz simpel in die Hoffnung, dass die USA untergehen. Aber ich vermute mal, dass ich mit besagter Skepsis in der Minderheit hier bin.