Das Schundblatt, das keiner liest, schreibt Folgendes:
Massenschlägerei, schräg gegenüber vom Bierkönig auf Mallorca. Barhocker und Maßkrüge flogen. Afrikanische Sonnenbrillenverkäufer gegen deutsche Touristen. Fünf Schwarze gegen fünfzehn Weiße.VergrößernMit einem Bierhocker ging einer der Strandhändler auf den deutschen Touristen los
„Das war wie Krieg“, sagt DJ Sammy. Der 42-jährige Musikproduzent („Bailando“, „Hijo de la Luna“) ist Besitzer einer kleinen Bar in der legendären Schinkenstraße, dem „Schatziii“. Er bedient die Gäste persönlich. Am Dienstagabend musste er in seinem Laden in Volldeckung gehen.
So kam es zu den Krawallen
Bis zu 13 000 Deutsche feiern während der Hochsaison jeden Tag auf der Schinkenstraße. Meistens friedlich, doch am 7. Juli kommt es zu der Straßenschlacht.
Auslöser, lächerlicher könnte es kaum sein, eine Tanzpuppe, die für fünf bis zehn Euro verkauft wird. Ein eselartiges Stofftier, das auf Knopfdruck nervige Musik abspielt und anfängt zu zucken.
VergrößernWeil ein deutscher Tourist eine dieser Puppen wegtrat, begann die SchlägereiFoto: Ingo Wohlfeil
„Ein besoffener Deutscher kickte die Puppe wie einen Fußball über die Straße. Der fand das lustig“, erzählt Benjamin, ein junger Senegalese, der Hüte und Armbänder verkauft. Erst wurde geschimpft und gezetert, dann geschubst – dann eskalierte die Situation.
Eine Handvoll Touristen ging mit Fäusten gegen die Schwarzafrikaner vor. Die hielten die Angreifer mit Hockern und Bierkrügen auf Distanz. Ein Deutscher ging zu Boden, weitere Touristen schritten ein.
Als die Polizei eintraf, verschwanden die Senegalesen. Zurück blieb ein verletzter Deutscher. Ein Gast des „Schatziii“ blutete am Bein, Scherben hatten ihn getroffen. Verhaftet wurde niemand.
STRASSENSCHLACHT AM BALLERMAN
[Links nur für registrierte Nutzer]Diese Idioten sind komplett durchgeballert! Auf der „Schinkenstraße“ bricht die Hölle los! Deutsche Party-Touristen gegen Strandverkäufer.[Links nur für registrierte Nutzer]
„Die Deutschen hatten Glück. Wegen des Ramadans waren viele von uns schon zu Hause. Wir sind in der Zeit, wo wir nicht essen und trinken dürfen, immer sehr müde“, sagt Benjamin. So standen nur vier Afrikaner vor dem Haupteingang des Bierkönigs.
Das sagt der Boss der Strandverkäufer
Mohammed steht den ganzen Tag auf einem Fleck. Von Morgens bis tief in die Nacht. Auf Toilette geht er im Imbiss gegenüber. Ansonsten lehnt er sich an einen Stromkasten.
Der Mann mit Glatze verkauft nichts, er beobachtet und koordiniert. Er ist der Boss der Verkäufer und einer der wichtigsten Ansprechpartner für Gastronomen und die Polizei, falls es mal Ärger gibt. „Wir sind Händler“, sagt er. „Händler prügeln sich nicht, Händler verkaufen.“
Zwei Polizei-Motorräder rauschen vorbei. „Wir kämpfen nur, wenn wir mit dem Rücken zur Wand stehen, aber dann wie die Löwen.“ Davon kann sich jeder überzeugen, der das Video sieht, dass von einem Taxifahrer aufgenommen wurde. Fünf gegen Fünfzehn.
VergrößernGläser und Stühle flogen zwischen den beiden Gruppen hin und her
Jean-Paul ist einer der wenigen Händler christlichen Glaubens in der Schinkenstraße. Der Ghanaer hat Philosophie und Mathematik studiert, sagt er. An der großen, berühmten Sorbonne in Paris. Jetzt steht er in der Schinkenstraße und hält sechs Armbänder in der Hand.
Er ist überhaupt nicht gut drauf. Das liegt an seinem Job. Der Mann ist klüger als der gesamte Fußballverein, der grade gröhlend an ihm vorbeizieht. Und genau von solchen Typen werde er tagtäglich beleidigt.
Aber das ist nicht sein größtes Problem. Das heißt Afrika. „Glaubst du ich stehe hier gerne? Wir haben so viele Elend bei uns zu Hause. Kriege, Korruption, Ebola, Arbeitslosigkeit, Hunger. Afrika ist vollkommen kaputt. Dagegen sind die Deutschen mehr als nur okay. Und die meisten sogar richtig sympathisch.“ Dann sagt er auf Französisch so etwas wie: Wo gehobelt wird, fallen Späne.
So reagieren deutsche Touristen
„Wir wollen nur in Ruhe saufen, die Schwarzen nerven doch nur“ sagt Erik in niederbayrischem Dialekt. Seine Augen schützt er mit einer Sonnenbrille der Marke „Ray Beri“. Gekauft bei einem Senegalesen für 3,50 Euro.
Sarah aus Wohnste (Niedersachsen) stimmt zu. „Wenn du am Tag dutzendfach angesprochen wirst, ob du ’nen Hut kaufen willst, stört das schon.“ Aber „eigentlich sind die ja ganz nett“. Sie hat für ihre Brille fünf Euro bezahlt.
VergrößernMeistens geht es auf der Schinkenstraße friedlich zuFoto: BILD-TV
Max hat schon richtig einen im Kahn. Dank Freibier am Vormittag. Doch seinen Verstand trägt der 21-Jährige noch bei sich. „Die Schwarzen sind doch absolut in Ordnung und wenn du nett zu denen bist, sind sie es auch. Dann gibt es einen Handshake, alles easy“. Er wandert in die nächste Kneipe. Das nächste Freibier.
Dann macht ein Gerücht die Runde. Ein Österreicher will am Frühstückstisch gehört haben, dass deutsche Touristen Rache üben wollen. Fünf gegen Fünfzehn. Die Schmach scheint tief zu sitzen bei den Prügelwütigen. Hoffentlich ist ihr Urlaub schnell zu Ende.
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