Mohamed. Eine Abrechnung Hamed Abdel-Samad: Rezension von Dr. Christoph Heger
“Hamed Abdel-Samad war einst ein Islamist. Inzwischen bekämpft der Publizist jedoch mit heiligem Furor das, wofür er einst stand. Er ist ein ägyptischer Salman Rushdie”, meint zu Recht die Süddeutsche Zeitung. Jetzt soll am 1. Oktober bei der Verlagsgruppe Droemer Knaur ein Buch von ihm unter dem Titel „Mohamed. Eine Abrechnung“ erscheinen (240 Seiten, Preis 19 EUR, ISBN: 978-3-426-27640-2). Das Börsenblatt des Deutschen Buchhandels sieht in ihm „[d]as mutigste Buch, das auf der Frankfurter Buchmesse ausliegen wird.”
Der Klappentext führt so in es ein:
„Die Biographie Mohameds wurde 200 Jahre nach dessen Tod verschriftlicht – mit politischer Intention: Muslimische Fürsten suchten ihre Position zu sichern und dem christlichen Jesus eine eigene, die Herrschaft legitimierende Erlöserfigur entgegenzusetzen. Dennoch hat sich das ambivalente Bild eines sich radikal verändernden und unter psychischen Problemen leidenden Menschen erhalten. Hier der milde, dort der gewalttätige Mohamed. Hamed Abdel-Samad zeichnet in seiner biographischen Skizze nach, welche bis heute verhängnisvollen Folgen aus diesen Traditionen erwachsen – und weshalb radikale Islamisten mit demselben Recht den »Propheten« zitieren wie laizistische und integrierte Muslime.“
Die Leiterin des Verlagsbereichs „Presse Sachbuch“ führt näher aus:
„Hamed Abdel-Samad wendet sich Mohamed zu. Nicht einem »Propheten«, sondern dem Menschen, der Gott nahestand und dessen Wort verkündet haben soll. Indem er zusammenträgt, was man über den historischen Mohamed weiß, beschreibt Hamed Abdel-Samad einen zutiefst ambivalenten Menschen: Tolerant, weltoffen, gewinnend in der ersten Hälfte des Lebens, frauenfeindlich, machtbewusst, in hohem Maße gewaltbereit in der zweiten Hälfte. Hamed Abdel-Samad macht klar, auf welche Phasen und Positionen in Mohameds Leben und Lehre sich friedliebende Muslime einerseits und gewalttätige Islamisten andererseits bis heute beziehen.
Seine These: Islamistischer Fundamentalismus und Intoleranz sind eine Folge der Überhöhung von Koran und Mohamed. Erst wenn Muslime es wagen, Mohameds Unantastbarkeit in Frage zu stellen und ihn Mensch werden zu lassen, beginnt eine Reform des Denkens. Erst wenn sie Mohamed als den schwierigen, widersprüchlichen, wohl auch kranken Menschen sehen, der er war.“
Es ist bemerkenswert, daß Hamed Abdel-Samad auch die Forschung der sogenannten „Saarbrücker“ ins Auge faßt, die den Koran nicht mehr als von einem Mohammed verfaßt und letzteren teilweise nicht einmal für eine historische Person ansieht – im Unterschied zu einem Zitierkartell von politisch-korrekten deutschen Lehrstühlen, die solche Forschungsergebnissen pauschal als „Minderheitsmeinung“ verniedlichen oder ganz verlegen gar nicht zur Kenntnis nehmen, um die gehätschelten muslimischen Gesellschaften nicht mit ihnen zu reizen – wie dies auch Wirtschaft und Parteien nicht wollen. Hamed Abdel-Samad bleibt bei einer historischen Gestalt des „Propheten“; dieser – auch innerhalb der „Saarbrücker“ bestehende – Dissens über dessen Geschichtlichkeit ist aber kein ernsthafter Streitpunkt, da selbst ein Autor wie Prof. Tilman Nagel, der 2008 sein umfangreiches Buch „Mohammed: Leben und Legende“ vorgelegt hat, also an dessen Geschichtlichkeit festhält, zugeben mußte, daß der von ihm gefundene „historische Mohammed“ wenig gemein hat mit dem „Propheten“ der späteren islamischen Doktrin.
Hamed Abdel-Samad: „Mohamed. Eine Abrechnung“
Droemer-Verlag, 240 Seiten, Preis 19 EUR, ISBN: 978-3-426-27640-2