Zitat von
Alter Preuße
Die Industrie war auf ein Niveau runtergewirtschaftet, von welchem sie sich heute noch nicht erholt hat. Die Produktivität in den NBL ist heute noch deutlich geringer, als im Westen. Das sich Einzelpersonen in solchen Goldgräberzeiten bereichert haben, ist unstrittig (übrigens aber auch einige DDR-Bürger). Wir reden aber von der Volkswirtschaft und nicht von Einzelpersonen. Der Gebäudebestand war desolat und katastrophal. Teilweise war seit dem Krieg noch nichts renoviert worden. In Seitenstraßen der Friedrichstr. konnte man in den 80ern noch die Einschußlöcher sehen, aus dem Französischem Dom wuchsen Bäume. Die Seitenstraßen der Brandenburger Str. (Hauptgeschäftstr. in Potsdam) waren teilweise gesperrt und zwischen den Fassaden waren Bohlen angebracht, damit sie sich gegenseitig abstützen und nicht umfallen. Die Umwelt war teilweise extrem verdreckt und vergiftet (Bitterfeld).
Die DDR war faktisch pleite. Der Westen hat wenig profitiert und mit einer riesigen Aufbauleistung, die aber teilweise kreditfinanziert wurde, Mitteldeutschland wieder aufgebaut. Schau Dir mal an, wie die Staatsverschuldung in den 90igern explodiert ist und bis heute nicht zurückgeführt wurde. Der Anstieg der Staatsverschuldung begann mit lockeren Haushaltsplotik der sozialaliberalen Koalition Anfang der 70iger und explodierte mit der Wende.
Das Handwerk war rd. 20 Jahre zurück, moderne Techniken und Werkstoffe war dort nicht bekannt. Moderne Gebäude wie das SEZ in Berlin lies sich die DDR von ausländischen Firmen gegen Devisen bauen. Die Ausbildung hinkte in vielen Bereichen deutlich, insbesondere die akademische, aber auch die schulische hinter der westlichen zurück. Natürlich hatten Einzelne auch Know-How und vorzügliches Wissen, aber insgesamt bestand ein deutlicher Rückstand. Ich weiß, daß viele diese Aussage als provokativ empfinden werden, weil sie ihre Schulbildung mit der heutigen vergleichen. Aber das heutige Bildungsniveau und -wesen ist bei weitem nicht mit dem im früheren Westen zu vergleichen. Wir haben heute nicht mehr das alte dreigliedrige Schulsystem der Vorwendezeit, bzw. der 50iger bis 70iger Jahre.
In der Medizin herrschte Notstand, es gab weder genügend Medikamente noch Verbrauchsmaterialien und moderne Behandlungs- und Diagnosegeräte. Weißt Du noch, wie die Krankenhäuser und Arztpraxen damals aussahen ?
Der wirtschaftliche Schub, bspw. das Ausweiten der Absatzgebiete usw. wurde unbestreitbar volkswirtschaftlich sehr teuer bezahlt. Denke alleine nur an die immensen Kosten der Gebäude- und Stadtsanierungen. Wer die heutigen Städte Mitteldeutschlands sieht, kann sich nichr mehr vorstellen, wie die noch vor zwanzig Jahren aussahen.
Die Automobilindustrie verharrte i.w. auf dem Stand der Fünfziger, auch die Computertechnik und -ausstattung war weit zurück. Der Modernisierungsschub, den Mitteldeutschland mit der Wiedervereinigung erhalten hat, ist für Spätgeborene wohl nicht vorstellbar. Im Winter mußten in der Kohle regelmäßig Soldaten aushelfen, die Ernte wurde mit dem Einsatz von Schülern eingebracht und war regelmäßig ein Kampf, üder den in der Zeitung in Form von Kriegsberichten berichtet wurde.
Ich begrüße ausdrücklich die Wiedervereinigung als eines der wichtigsten Ereignisse in meinem Leben und hatte sie mir Zeit meines Lebens erträumt. Aber trotzdem darf man die Realität nicht verklären und in Ostalgie verfallen. Mich verwundert schon, wie heutzutage die katastrophalen verhältnisse in der DDR schöngeredet und verdrängt werden.
Mal ein Beispiel: Gröperstr. Halberstadt 1985
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