Wir laufen auf Autopilot
Der Turing-Test muss umgekehrt gedacht werden: Nicht Maschinen werden wie Menschen, sondern Menschen wie Maschinen. Unsere kognitiven Prozesse werden immer mehr automatisiert.
27.02.2016, von Adrian Lobe
Zitate
Der Versandriese Amazon überwacht seine Angestellten mit GPS, um jeden Schritt zu kontrollieren. Wie der Undercover-Journalist Adam Littler in einer Investigativ-Reportage berichtete, mussten die Amazon-Mitarbeiter im Fulfilment Center von Swansea in der Stunde mindestens 110 Produkte verpacken. Es ist Taylorismus in Reinkultur. Zwischen den orangefarbenen Robotern und den menschlichen Pickern besteht funktional kein Unterschied mehr.
Die Amazon-Mitarbeiter werden denn auch „Amabots“ genannt (angelehnt an bot für Roboter). Nun kann man einwenden, dass der Mensch auch schon in der Frühphase der Industrialisierung im Akkord und wie eine Maschine arbeitete. Doch im Zeitalter der Digitalisierung, wo mit „soziometrischen Badges“ jede Eigenschaft bis hin zur Stimmung quantifiziert werden kann und anhand von Graphen in Echtzeit darstellbar ist, wird erstmals die Mechanik des Menschen sichtbar – eine „Software“, die man optimieren kann.
Automatische Entscheidungsfindung
„Wir neigen dazu, auf Autopilot zu schalten, um schnell und vorhersagbar auf die Stimuli eines ,Ich stimme zu‘-Buttons zu reagieren“, meint Frischmann im Gespräch mit dieser Zeitung. Egal, ob auf Internetseiten, mobilen Apps oder dem smarten Fernseher im Wohnzimmer – man klickt sich einfach durch. Man wird von einer Seite zur nächsten geschubst (Stichwort Nudging), ohne zu merken, dass man fremdgesteuert ist.
Es ist eine Automatisierung der Handlungen. Nun stelle man sich einmal vor, man lebte in einer Umwelt, in der Facebook oder ein anderes soziales Netzwerk erfolgreich die Emotionen eines Individuums programmiert hat. Vielleicht hat man diesem Setting zugestimmt, vielleicht aber hat Facebook einfach mal wieder manipulierte Feeds angezeigt.
Die Tech-Giganten sind von der Idee beseelt, den Menschen formbar zu machen wie ein Bauwerk. Der Informationskapitalismus ist eine Welt des In-den-Kopf-Eindringens geworden.
Den Menschen formen
Es geht darum, unsere Präferenzen so zu steuern, dass sie für ökonomische Ziele dienstbar gemacht werden können. Im Internet der Dinge, wo vom Auto bis zur Zahnbürste alles miteinander vernetzt ist, wird auch der Mensch zu einer berechenbaren Größe – so kalkulierbar wie der Strombedarf. Und wo alles berechenbar ist, da ist auch alles vorhersehbar und steuerbar.
Das amerikanische Militärforschungszentrum DARPA plant, Soldaten einen Computerchip ins Gehirn zu implantieren, der ihr Seh- und Denkvermögen optimiert.
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Zuckerberg in Berlin: Facebook stiftet Großrechner für KI-Forschung
Der TU Berlin und der Charité gefällt das: Facebook-Chef Mark Zuckerberg sponsert Forschungsinstituten aus Deutschland und Europa 25 Hochleistungsserver. Uneigennützig ist die Spende aber nicht.
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Die großen IT-Konzerne in den USA - von IBM über Amazon, Apple, Google und Microsoft bis hin zu Facebook - investieren derzeit massiv in die KI-Forschung. Sie wollen damit beispielsweise riesige Datenmengen auswerten oder Autos das eigenständige Fahren beibringen.
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