Propaganda und Umerziehung
Mai 1945: Rechtsanwalt Prof.
Grimm: “Ich hatte im Mai 1945, wenige Tage nach dem Zusammenbruch, eine denkwürdige Aussprache mit einem bedeutenden Vertreter der Gegenseite. Er stellte sich mir als Universitätsprofessor seines Landes vor, der sich mit mir über die historischen Grundlagen des Krieges unterhalten wollte. Es war ein Gespräch von hohem Niveau, das wir führten. Plötzlich brach er ab, zeigte auf die Flugblätter, die vor mir auf dem Tisch lagen, mit denen wir in den ersten Tagen nach der Kapitulation überschwemmt wurden und die sich hauptsächlich mit den KZ-Gräueln beschäftigten. ‘Was sagen Sie dazu?’ so fragte er mich. Ich erwiderte: Oradour und Buchenwald? Bei mir rennen Sie da offene Türen ein.
… Ich weiß, was Gräuelpropaganda ist. Ich habe nach dem Ersten Weltkrieg alle Veröffentlichungen Ihrer Fachleute über diese Frage gelesen, die Schriften des Northcliff-Büros, das Buch des französischen Finanzministers Klotz ‘Vom Krieg zum Frieden’ in dem er schildert, wie man das Märchen von den abgehackten Kinderhänden erfand, und welchen Nutzen man daraus zog. … Darin wird offenbar, dass man schon im vorigen Kriege Magazine hatte, in denen man künstliche Leichenberge durch Fotomontage mit Puppen zusammenstellte. Diese Bilder wurden verteilt. Dabei war die Unterschrift freigelassen. Sie wurde später je nach Bedarf durch die Propagandazentrale telefonisch aufgegeben.
Damit zog ich eines der Flugblätter heraus, das angeblich Leichenberge aus den KZs darstellte, und zeigte es meinem Besucher, der mich verdutzt ansah. Ich fuhr fort: ‘ich kann mir nicht denken, dass in diesem Kriege, in dem alle Waffen so vervollkommnet wurden, diese geistige Giftwaffe, die den ersten Krieg entschied, vernachlässigt worden sein sollte. Mehr noch, ich weiß es! Ich habe in den letzten Monaten vor dem Zusammenbruch täglich die Auslandspresse gelesen. Da wurde von einer Zentralstelle aus über die deutschen Gräuel berichtet. Das ging nach einem gewissen Turnus. Da kam ein besetztes Gebiet nach dem anderen dran, heute Frankreich, morgen Norwegen, dann Belgien, Dänemark, Holland, Griechenland, Jugoslawien und die Tschechoslowakei. Zunächst waren es Hunderte von Toten in den Konzentrationslagern, dann, wenn 6 Wochen später dasselbe Land wieder dran war, Tausende, dann Zehn-, dann Hunderttausende. Da dachte ich mir. In die Million kann diese Zahleninflation doch nicht gehen! Nun griff ich zu einem anderen Flugblatt. Hier haben Sie die Million!’
Da platzte mein Besucher los: ‘Ich sehe, ich bin an einen Sachkundigen geraten. Nun will ich auch sagen, wer ich bin. Ich bin kein Universitätsprofessor. Ich bin von der Zentrale, von der Sie gesprochen haben. Seit Monaten betreibe ich das, was Sie richtig geschildert haben: Gräuelpropaganda. Und damit haben wir den totalen Sieg errungen.’ Ich erwiderte: ‘Ich weiß, und nun müssen Sie aufhören!’ Er entgegnete: ‘Nein, nun fangen wir erst richtig an!
Wir werden diese Gräuelpropaganda fortsetzen, wir werden sie steigern, bis niemand mehr ein gutes Wort von den Deutschen annehmen wird, bis alles zerstört sein wird, was sie in anderen Ländern an Sympathien gehabt haben, und bis die Deutschen selbst so durcheinander geraten sein werden, dass sie nicht mehr wissen, was sie tun!’”