Leipzig. Als der Stargast Björn Höcke den Saal auf der Alten Messe in Leipzig am Sonnabend betritt, bricht minutenlanger Jubel los. Als "die Stimme Deutschlands" hat Compact-Konferenz-Moderatorin Leyla Bilge den thüringischen AfD-Chef bezeichnet.
Höcke fühlt sich sichtlich wohl im Ambiente des Eventpalasts mit seinen roten Samtvorhängen, Muschelkalk-Säulen, Kronleuchtern und goldgerahmten Spiegeln. "
Wie im römischen Senat" komme ihm der Saal vor. Andere denken eher an das
Ambiente eines Edelpuffs.
Björn Höcke lobt Wagenknecht und Lafontaine bei Compact-Konferenz in Leipzig
Höckes einstündige Rede vor gut
250 Anhängern ist rhetorisch brillant, streckenweise erschreckend - und in viele Richtungen interpretierbar. Ausführlich bewirbt Höcke die
AfD als "Partei des kleinen Mannes", als "neue Arbeiterbewegung" und dockt an alten antisemitischen und verschwörungstheoretischen Klischees an. "Die Letztverantwortlichen" seien eine kleine Gruppe, die die multinationalen Konzerne leiteten. Höcke spricht von "Globalisteny" und "globalem Finanzkapital", die "Funktionseliten" wie Politik und Medien seien nur "deren Büttel". Der Saal tobt. Er lobt Sahra Wagenknecht und Oskar Lafontaine und rät Ihnen zur Gründung einer nationalistischen linken Partei.
ZPS ist stolz auf Höckes Empörung über Kunstaktion
Höcke wendet sich in seiner Rede auch in Rachephantasien gegen den Leiter des Zentrums für politische Schönheit (ZPS), Philipp Ruch. "Natürlich könnten wir Gleiches mit Gleichem vergelten. Wir haben die Mittel, auch ihn und seine Familie zu observieren. Wir könnten sofort damit beginnen", sagt er unter Beifall. "Aber das ist etwas, was wir nicht tun dürfen", ergänzte er dann.
Das ZPS hat kündigt unterdessen an, nicht mehr auf einem Kniefall Höckes vor dem Mahnmal-Nachbau zu bestehen und stattdessen bald belastendes Material zu veröffentlichen. "Unverbesserliche können wir auch nicht ändern." Gegen die Bezeichnung des ZPS als "Terroristen" will Ruch nicht juristisch vorgehen. "Wir werden damit werben. Wenn Höcke uns für eine terroristische Vereinigung hält, haben wir alles richtig gemacht. Das ist ein Gütesiegel", teilt Ruch dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) mit.
Höckes Rede: Schulterschluss der AfD mit Pegida und den Identitären
Die AfD müsse Bewegungspartei bleiben, sagt Höcke, Kern einer "breiten Bewegung zur Rettung Deutschlands" sein. "Wir sind vielfältig und bunt, das Establishment ist einfältig und grau", sagt Höcke. Dann zitiert er sogar die Mao-Losung "Lasst tausend Blumen blühen".
Höcke zeigt sich so in mehrere Richtungen anschlussfähig. Seine Rede ist sowohl der endgültige Schulterschluss mit den Protest- und Aktionsgruppen des rechtsextremen Spektrums wie Pegida und den Identitären. Deren Anführer Lutz Bachmann und Martin Sellner sprechen nach Höcke. Es könnte aber auch eine Bewerbung für den Bundesvorstand der AfD sein - in einer Woche ist Parteitag in Hannover. Sucht Höcke hier gleichzeitig den Schulterschluss zu den Konservativen in der AfD, die ihn bisher noch verhindern wollen?