Ich beziehe mich auf des Werk „Endloses Bewusstsein“ des niederländischen Kardiologen Pim van Lommel (vollständige Taschenbuchausgabe 2013, Verlag Knaur Nachf., insbesonder hier Seite 91 -110), in dem einige überraschende Beobachtungen beschrieben werden:
Jene Menschen, die nach festgestelltem Tode Erlebnisse haben, gehen danach deutlich weniger zur Kirche (siehe Seite 99). Überraschend, oder? Haben reale Begegnungen mit transzendentalen (im Sinne von anderweltlichen, jenseitigen) Elementen, ja, mit Gott selbst sogar – meiden aber fortan die Kirchen weit mehr als der Durchschnitt der Bevölkerung.
Ebenso sinkt die Wertschätzung jeder Form organisierter Religion, dafür gibt es aber massive Anstiege im Bereich Gebet, Meditation, spirituelle Suche und Ergebung in den Willen Gottes. Wie kann das sein? Die Antwort ist einfach, wenn man sich einfach mal kurz darauf besinnt, was dieser „Jesus“ eigentlich war: geht durchs Land, heilt Menschen, treibt Dämonen aus, holt Tote ins Leben zurück, streitet sich mit dem Teufel und schickt letztlich seine Apostel aus, um Barfuss und arm wie eine Kirchenmaus ähnlich heilend durch die Welt zu ziehen … wir sehen hier das Urbild eines Zauberers, wie es das schon ganz weit vor Beginn der großen Weltreligionen gab. Hat wenig Ähnlichkeiten mit Kirche und Papsttum der Gegenwart, oder?
Es gibt aber noch weitere Folgen solcher Erlebnisse. Das Mitgefühl für seine Mitmenschen wächst, die Wertschätzung des Lebens steigt, man lacht mehr, denkt weniger absolut, ist aber gleichzeitig ernster, Lärm wird schwerer erträglich, es wächst das Bedürfnis, anderen Menschen zu helfen, „man verspürt ein starkes Gerechtigkeitsgefühl und den Drang, die Wahrheit zu sagen und offen auszusprechen“ (siehe Seite 92). Gleichzeitig … sinkt das Interesse an persönlichem Status, Geld … und Sexualität.
Diese Menschen haben – nach ihren Eindrücken – „bedingungslose Liebe“ erlebt … und so etwas finden sie dann bei ihren Partnern nicht mehr. Sie wollen nur noch das Echte erleben – und haben an Show kein Interesse mehr.
Blicke ich so über diese Veränderungen, so würde ich meinen: das muss serienmäßig über die Menschen hereinbrechen. Und das ginge sogar – denn wir treffen hier auf die Wurzel allen seriösen religiösen Denkens: der mystischen Erfahrung, die lange vor allen Weltreligionen die Weltanschauungen beherrschte.
Vor der großen neoliberalen Offensive, vor dem Ausrücken tausender Inquisitoren und „Glaubenspolizisten“ (hierzulande bekannt als Gwup, Psiram, Wissenschaft und Kirche) durfte das im Rahmen der Wissenschaft noch diskutiert werden (was ja echte Wissenschaft ausmacht: siehe z.B. „Der Wissenschaftler und das Irrationale“ von Hans Peter Duerr – gesammelte Schriften dutzender Wissenschaftler zum Thema), heute – in viel primitiveren Zeiten – wäre man damit wohl „Nazi“.