Aber mir scheint, da hast du die Tour de France nicht immer sehr ausführlich verfolgt hast. Froome hat seit 2013 ca. 50% der EZF gewonnen und damit nach deinem Kriterium um Längen erfolgreicher als ein Jan Ullrich. Nun sehe ich dein Kriterium für Quervergleiche als fragwürdig, weil da eben einer war, der die Tour immer besser verkraftet hatte als andere, Lance Armstrong lief da fast ausser Konkurrenz, daher würde ich jetzt trotzdem behaupten, Jan Ullrich war der noch bessere Zeitfahrer s ein Chris Froome (das ist aber nur Bauchgefühl, wir sind hier im Bereich der Spekulation). Mehr Tourzeitfahren hat Chris Froome gewonnen, bei Weitem! Ich weiss aber nicht, wie du zu der Behauptung kommst, beim Rekordsieger der letzten Jahre reiche es nicht zu Siegen. Das ist so, wie wenn ich jetzt sage, Bayern München ist nicht schlecht, aber zu einem deutschen Meistertitel reicht es halt nicht. Kann ich sagen, aber ein Blick in die Siegerliste belehrt mich eines besseren.
Vor allem sieht man bei Froome auch, dass er bei tourunabhängigen EZF auch zu den stärksten der Welt gehört, während man bei Lance Armstrong über viele Jahre hinweg den Eindruck hatte ... naja ... beim Tourabschlusszeitfahren fährt er alles in Grund und Boden, seine Teamkollegen belegen Top10-Plätze. Bei der Weltmeisterschaft im Zweierzeitfahren verlieren dann Atmstrong/Landis gegen Bobby Julich/Jens Voigt. Bei Criterium Dauphine war sein Amirivale Tyler Hamilton komischerweise schneller - irgendwas ging da nicht mit rechten Dingen zu. de so von der Zeit ab 2003, vorher mag er auch noch stärker gewesen sein. Nach der Wende der 2000er Jahre (wo Armstrong vielleicht wrklich noch zu den besten Zeitfahrern der Welt zählte) hatte ich mehr und mehr den Eindruck Vorsprung durch bessere Mittel focussiert zum richtigen Zeitpunkt eingesetzt. Das war bei einem Jan Ullrich z.B. nicht der Fall und das ist es auch bei einem Chris Froome nicht. Sind Zeitfahrweltmeisterschaften und ein Ullrich war am Start oder ein Froome geht heute an den Start, sind/waren das immer Namen, die jeder auf der Rechnung hatte.
Bradley Wiggins war in der Tat der noch stärkere Zeitfahrer, gefühlt würde ich aber sagen, dass das der stärkste Zeitfahrer aller Toursieger seit Indurain war. Wo es natürlich problematisch wird, wenn wir Quervergleiche anstellen, wenn man jetzt sagt, gut, Froome gewinnt zwar die meisten EZF bei der Tour, aber die heutige Konkurrenz (Tony Martin, Tom Dumolin, etc.) ist nicht dergleiche Maßstab wie ein Ullrich z.B. Kanein, ist aber wirklich Spekulation. Wir können die eigentlich immer nur daran messen, welche Abstände sie auf die Konkurrenten ihrer Zeit herausgefahren haben. Und sogar das bleibt bis zu einem gewissen Grade problematisch, ein Froome, für den das wichtigste Ereignis des Jahres die Tour sein mag, der da bei den EZF in seiner Topform sein will, kann da eben besser aussehen als dann bei den olympischen SPielen oder den Weltmeisterschaften, wo ein anderer seinen Focus setzt. Jan Ullrich z.B. gehörte für mich definitiv zu den besten, aber 2004 beim olympischen EZF fährt ihn dann ein Tyler Hamilton plötzlich in Grund und Boden, der verletzungsbedingt die Tour verpasst hat und nur noch olympisches Gold als Ziel hat. muss so eii ween der Gesamteindruck her. Der ist subjektiv, aber Froome ist eigentlich momentan immer Mitfavorit, wenn es um EZF geht. Egal, wann und wo.
Jein. Also wenn Froome diese Tour mit einem Vorsprung von 10 Sekunden gewönne, die er im Zeitfahren nochmal rausholen kann ... sagen wir mal, die Mannschaft Sky hat den Sieg dann verdient. Kann man die Jahre davor sagen, dass Sky froh sein durfte, einen wie Froome zu haben, in einem solchen Szenario wie hier angesprochen, wäre es dann dieses Jahr ml Froome, der froh sein darf, mit dieser Mannschaft zu fahren.Ich habe nicht gesagt, daß das EZF irrelevant wäre, nur das dort nicht die Entscheidung fallen wird. Ich denke schon seit Wochen an diese Alpenetappe rauf zum Col d'Izoard, und habe seitdem das starke Gefühl, daß es dort große Überraschungen geben wird in der Gesamtwertung. Daß nun gleich vier Fahrer in Schlagdistanz zu Froome liegen, macht die Sache umso spannender.
Ich habe nichts gegen Froome. Sollte er auch auf dieser Etappe bestehen, und nach wie vor in Reichweite zum Gelben Trikot sein, und dann im Zeitfahren die Tour gewinnen, hätte er es auch verdient und wäre ein würdiger Sieger. Im Grunde ist doch die Frage, ob seine Serie dieses Jahr oder doch erst nächstes Jahr reißt.
Ich will übrigens nicht sagen, dass ich dein Szenario für ausgeschlossen halte, dass jemand noch voll durchstartet und die anderen distanzieren kann, nur bislang fahren die ersten 4 auf einem erstaunlich gleichmäßig gutem Niveau. Wenn die Zeitabstände so in dem Bereich blieben, kann das letzte Zeitfahren über das komplette Podium entscheiden. Wenn da jetzt jemand mit eineinhalb Minuten Vorsprung reingeht, klar, dann sollte das durch sein (von Defekt oder so mal abgesehen).
Zu Froome habe ich ein zwiespältiges Verhältnis, ich mag diese Dominanz einer Übermannschaft nicht, der er angehört, die die letzten Jahre quasi das Abo auf den Toursieg hatte. Auf der anderen Seite ist er für mich der beste Radfahrer unter allen Tour de France Siegern, die ich je erlebt habe, vielleicht seit Eddy Merckx. Armstrong, Ullrich, Indurain, Pantani, Riis, die Schlecks, mit Abstrichen auch Contador, die alle waren doch irgendwie Effizienzmaschinen, die pragmatisch auf Toursieg gefahren sind. Also in erster Linie ihre Qualitäten im Hochgebirge hatten und im Zeitfahren meistens mindestens gut waren (die anderen Pantani etc. mussten da ihre Verluste minimieren). Froome ist für mich seit seinen spektakulären Attacken im letzten Jahr irgendwie der größere Star. Eine selbstmörderische Abfahrtsattacke, die Attacke mit dem grünen Trikot Sagan zusammen gegen die Windkante (ich glaube nicht, dass es das jemals für das Publikum gab, das gelbe Trikot fährt attackiert mit dem grünen den Rest des Fahrerfeldes und fährt denen auf einer Flachetappe weg, weil sie einfach geschickter im Fahren gegen die Windkante waren) bis hin zu der Tatsache, dass er auf Kopfsteinpflaster auch attackieren kann. Das ist alles nicht unbedingt das Pragmatischste, wenn es um den Toursieg geht (was hat ihm die Windkantenattacke gebracht, 10 Sek., 15 Sek.?), aber irgendwie finde ich das für das Publikum einfach spektakulärer als ein "Ich nehm denen im Zeitfahren Zeit ab und bleib dann den Rest der Tour einfach dran, könnte sie wahrscheinlich angreifen, aber lieber nichts riskieren"-Indurain.
Ich fände es aber nicht schlecht, wenn vielleicht mal ein anderer gewinnt und Sky sich was einfallen lassen muss für nächstes Jahr. Und QUintana soll nächstes Jahr mal den großen Wurf planen, anstatt überall so ein bisschen.