Zitat von
Apostate
Ich denke, man muss von Fall zu Fall unterscheiden. Du hast im Zusammenhang mit Chopin Franz Liszt erwähnt, das wären zum Beispiel Komponisten, die offensichtlich eher unpolitisch waren, und eben wie Du ausführtest, gewisse Bedürfnisse der 'High Society' befriedigt haben.
Bei Schubert aber findet man doch reichlich Hinweise dafür, daß er nicht "unberührt" war von den politischen Zuständen in jener Zeit.
Um das Ganze richtig einschätzen zu können, muss man sich in Erinnerung rufen, daß Schubert zu seiner Zeit eben kein Mann war, der großen Einfluss hatte. Daß er in seinen Liederzyklen Botschaften vertonte, die nicht für jedermanns Ohr bestimmt waren, ist meiner Meinung nach nicht von der Hand zu weisen.
Insbesondere die 'Winterreise" weist in dem Zusammenhang eine unüberschaubare Anzahl von Anspielungen und Zweideutigkeiten auf, und für meinen Geschmack, erhält dieses Werk dadurch eine gewisse Brisanz und Spannung, die man dann auch raushören kann.
Ich finde es gar nicht einmal so wichtig zu wissen, welche 'Geheimbotschaften' en detail zu jener Zeit umgingen. Entscheidend ist, daß man damals gezwungen war, ein Blatt vor den Mund zu nehmen und genau das tat Schubert, der ansonsten ein leichtes Opfer für die Staatsgewalt gewesen wäre.
Was bei Franz Schubert noch ein wenig im Verborgenen liegt, tritt bei Ludwig van Beethoven dagegen in offenem Licht zu Tage. Aus der Beethoven-Biografie von Jan Caeyers:
Sinfonie Nr. 7 steht in einem direkten Zusammenhang mit Befreiung aus der Besatzerherrschaft. Seine Oper Fidelio dreht sich um die Befreiung eines politischen Gefangenen.
Zumindest bei Ludwig van Beethoven muss man also gar nicht mehr irgendetwas hineininterpretieren, denn seine Werke für sich bezeugen ja, daß er ein durch und durch politischer Mensch war.
Was Mozart angeht, sind die Dinge noch einmal ganz anders gelagert. Es steht außer Zweifel, daß ihm und da Ponte mit Don Giovanni, Hochzeit des Figaro, und Così fan tutte Werke geglückt waren, die eine unerhört bissige Gesellschaftskritik darstellten, aus der man noch heute ausgezeichnete Quervergleiche zum herrschenden System rausziehen kann.
Dahinter steckt womöglich nicht der konsequente Widerstandsgeist eines Ludwig van Beethoven, dennoch war Mozart bereit, große Risiken mit seinen Opern einzugehen, was zu seiner Zeit eher die Ausnahme war. Nicht zuletzt diese drei Opern, bilden aus meiner Sicht auch das Fundament für seinen heutigen Stellenwert.