Ich erinnere mich noch an Zeiten zurück, als es Tabu war, nationale Befindlichkeiten so weit in der Vordergrund zu rücken, dass es unfair wurde. Der Lokalmatador aus dem eigenen Land hatte in Wimbledon oder Roland Garros das Publikum natürlich auf seiner Seite, aber bei einem großartigen Punkte eines Michael Stich gegen einen Franzosen oder eines Richard Boris Becker gegen einen Engländer wurde applaudiert. Die Sympathien gehörten dem "eigenen" Mann, aber auch sein Gegner wurde respektiert.

In einer historischen Doku über die WM 66 in England konnte ich sehen, das war lange Zeit so, 1966 war der Krieg noch nicht so lange vorbei und viele hatten deutschenfeindliche Gefühle, aber sowas im Sport rauszulassen war verpönt. Dem Finalgegner wurde respektvoll mit Appplaus gedacht.


2016 in Rio habe ich das erste Mal gesehen, dass ganz bewusst die Konkurrenten brasilianischer Teilnehmer ausgebuht, beleidigt und unter der Gürtellinie geschmäht wurden. Hielt ich das noch für ein brasilianisches Phänomen konnte man bei der Tour de France 2016 beobachten, dass Chris Froome ausgebuth wurde, von einem Fan sogar angespruckt, offenkundig, weil die Franzosen ihren Bardet vorne sehen wollten. Man muss dazu sagen, dass Froome ja auch wirklich nichts Umstrittenes getan hat, keine Attacke nach Sturz oder so, es gab wirklich keinen Auslöser. In den 90ern hätte niemand einen Miguel Indurain,Bjarne Riis, einen Jan Ullrich oder Marco Pantani angespuckt, weil die einen Richard Virenque hinter sich gelassen habe. Sind das jetzt zwei zufällige Ereignisse, die man nicht überbewerten sollte oder ist Fairness und Sportmanship heutzutage weniger im Trend und nehmen ab?