16.03.2010, 02:10 JVA Billwerder
Knackis müssen für Aufenthalt zahlen Thomas Heyen
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Billwerder. In der Justizvollzugsanstalt (JVA) Billwerder leben 655 erwachsene Männer - vom Schwarzfahrer über "Prominente" wie Bashkim Osmani bis zum Vergewaltiger und Mörder. Wer glaubt, die Gefangenen sitzen nur ihre Strafe ab, der irrt.
Die Insassen der 803 Betten starken, größten Haftanstalt Hamburgs und der zweitgrößten (nach Berlin-Tegel) Deutschlands müssen arbeiten - und für ihren Aufenthalt zahlen.
Kostenbeteiligung und Vergütung haben sich zu Beginn dieses Jahres geändert: Die Wochenarbeitszeit wurde von 39 auf 34 Stunden gesenkt, die Vergütungsstufen von fünf auf drei reduziert, der Abstand zwischen dem höchsten (2,23 Euro) und niedrigsten Stundenlohn (1,22 Euro) vergrößert. Im Januar erhielten die Gefangenen (etwa drei Viertel aller Insassen arbeiten) 200 742,79 Euro.
Für die Reinigung ihrer Wäsche zahlten die Knackis bisher eine Pauschale (drei Euro im Monat). Seit Jahresbeginn müssen sie pro Waschgang einen Euro zahlen. Ebenso viel wird monatlich für jedes technische Gerät in ihrer Zelle (alles Einzelzellen, jeweils zehn Quadratmeter) verlangt, wobei die ersten drei Geräte als kostenfreier Grundbedarf gelten.
Dass nicht alle Männer in der Anstalt am Dweerlandweg 100 arbeiten, hat verschiedene Gründe, berichtet Anstaltsleiter Ulrich Quietzsch, und nennt neben Gesundheit und Sicherheit auch den Berufsfindungsprozess. "Nicht jeder neue Häftling kann gleich arbeiten. Einige müssen ihre PC- oder Lese-Kenntnisse auffrischen, andere, ausländische Gefangene, besuchen Sprachkurse", sagt Quietzsch. Wieder andere Insassen holen ihren Schulabschluss nach oder machen ein Fernstudium.
Für alle Strafgefangenen wird ein Bildungs- und Arbeitsplan erstellt. Der kann schnell geschrieben sein, denn wer etwa wegen Schwarzfahrens zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von 30 Tagen verurteilt wurde, weil er die Geldstrafe nicht zahlen kann, bekommt einen Feudel in die Hand oder verpackt Produkte für Drogerieketten und Autozulieferer.
Andere Anstaltsbewohner arbeiten in qualifizierten Handwerksbetrieben auf dem 20 Hektar großen Gelände als Tischler, Schlosser, Maler, Schiffsausrüster oder Garten- und Landschaftsbauer. "Die Produkte werden auch an privat verkauft", sagt Quietzsch und weist auf günstige Preise aufgrund des niedrigen Lohnniveaus hin.
Dabei verdient ein Tischler (210 Euro/Monat) nicht mehr als ein Gefangener, der Essen austeilt und die Flure wischt (240 Euro/Monat). Denn Letzterer arbeitet auch an den Wochenenden, bekommt Zulagen. Nur drei Siebtel ihres Lohns können die Gefangenen in der Anstalt ausgeben. Zweimal im Monat haben sie die Möglichkeit, sich beim Anstaltskaufmann mit Cola, Zigaretten, Bonbons und weiteren Dingen des täglichen Bedarfs einzudecken. Für ein Fernsehgerät werden monatlich zehn Euro Miete fällig. Quietzsch: "Vier Siebtel werden gespart. Das Geld bekommen die Häftlinge, wenn sie entlassen werden. Sie sollen sich neue Kleidung für ihren neuen Job kaufen können oder die Kaution für die Miete zahlen können."