Zitat von
Leibniz
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Historisch betrachtet sind starke Einbrüche immer Blasenbildungen in bestimmten Märkten gefolgt. Ein naheliegender Ausgangspunkt von vielen für einen kommenden Schock könnten die Schulden privater Haushalte in den USA sein. Diese haben sich von historischen Höchstständen in 2007 bis heute nochmals deutlich erhöht. Insbesondere der Markt für Autokredite ist potentiell gefährdet, da sich über Jahre hinweg ein großes Volumen an überbewerteten und mitunter ausfallgefährdeten Krediten gebildet hat, die durch Autos besichert sind und aufgrund des massiven Angebots kreditfinanzierter Autos, die als Gebrauchtfahrzeuge den Markt überschwemmen. Eine möglicherweise nachteilige Eigenschaft des gegenwärtigen Volumens ausstehender Verbraucherkredite in den USA gegenüber 2007 ist die vergleichsweise niedrigere Quote besicherter Kredite. Neben den immerhin überhaupt besicherten Autokrediten haben sich auch große Volumen an unbesicherten Konsumentenkrediten (Kreditkarten, geduldete Überziehungen, etc.) angehäuft. Viele Institute haben aufgrund des niedrigen Zinsniveaus auch sehr günstig Kredite vergeben. Folglich könnten steigende Abschreibungen nicht bedienter Kredite, wie es JPM bereits verkündet hat, sehr schnell Verluste generieren. Einige besonders optimistisch operierende Autofinanzierer werden nach meinen groben Berechnungen bereits nicht mehr profitabel sein, wenn die Quote der Abschreibungen von derzeit etwa 1-2% um weitere 1-1,5% ansteigt. Bei der letzten Krise mussten einige Institute 10-15% ihrer Kredite abschreiben, was in diesem Fall bereits die Insolvenz wahrscheinlich machen würde.
Infolge dieser Verluste und steigender Zinsen werden Banken weniger Kredite gewähren und versuchen, hinreichend liquide zu bleiben; infolge dessen könnten private Unternehmen Schwierigkeiten haben, ihre Operationen zu refinanzieren und folglich vermehrt Insolvenzen auslösen. Für die Refinanzierung privater Unternehmen ist im Augenblick insbesondere auch das Zinsniveau, Credit Spreads und Nachfrage am Anleihemarkt entscheidend. Unternehmen, die trotz niedrigster Zinsen kaum Gewinne generiert haben und sehr stark gehebelt sind, werden bei steigenden Zinsen und HY Credit Spreads Schwierigkeiten bekommen, weiterhin ihre Anleihen zu bedienen.
Im Augenblick befinden sich die Märkte noch in einer Sommerpause, die ab September mit zumindest moderat steigender Volatilität enden sollte. Genaue Vorhersagen sind bekanntlich unmöglich, es würde mich jedoch überraschen, innerhalb der nächsten 36 Monate keine deutliche Änderung des Marktumfeldes zu sehen. Die Zentralbanken müssten vermutlich auch gewaltige Maßnahmen ergreifen, um die gegenwärtigen Umstände aufrechtzuerhalten.
Trotz der angemerkten Einbrüche und des fundamental betrachtet überbewerteten Anleihemarkts ist es nicht sicher aber recht wahrscheinlich, dass insbesondere der kurzfristige Teil der Zinskurve von Staatsanleihen zunächst ansteigt, wenn Schocks auftreten. Diese historisch gesehen regelmäßige Erscheinung resultiert aus der Flucht des Geldes vor Kreditrisiko der Banken und Kursrisiko von Aktien, welches üblicherweise Zuflüsse in T-Bills und T-Notes kürzerer Laufzeiten erzeugt. Diese Dynamik hat bereits einige in Schwierigkeiten gebracht. Bei Bear Stearns hatten einige geglaubt, sie könnten ihre gehebelten (long) MBS Positionen mit short Positionen in Treasuries hedgen und risikolos einen positiven Carry behalten. Als der MBS Markt implodierte sind Treasuries in die Höhe gegangen und haben die Verluste noch vergrößert.