Trumps Konjunkturpaket
Jetzt bleiben Amerikas Arbeitslose gern zu Hause
Mit dem „Cares Act“ wollte Präsident Donald Trump Amerikanern in der Krise helfen und den Konsum beflügeln. Aber das Gesetz hat eine Nebenwirkung: Es trägt offenbar zur Arbeitslosigkeit bei. Millionen wollen nicht wieder mit dem Job anfangen.
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Fast 100 Tage lang musste Moshe Schulman warten, nun ist der Moment gekommen: Das „Ruffian“, seine kleine Weinbar im Süden Manhattans, darf wieder öffnen. Noch nicht vollständig, aber ab der nächsten Woche sind immerhin ein paar Tische auf dem Gehweg erlaubt. New York, eben noch das Zentrum der Corona-Epidemie in den USA, eine Metropole, die als Hochrisikogebiet galt, kehrt langsam zur Normalität zurück. Und doch kann sich Schulman nicht so richtig freuen. Denn der Überlebenskampf des „Ruffian“ beginnt plötzlich von vorn.
Obwohl 1,8 Millionen New Yorker in der Corona-Krise ihre Jobs verloren, hat Schulman Probleme, Angestellte zu finden. „Die Rechnung ist einfach“, sagt der Wirt. „Es kann sich in Amerika derzeit mehr lohnen, zu Hause zu bleiben, als zu arbeiten.“ Einige der Kellner, die Schulman Mitte März entlassen musste, wollen nicht wiederkommen. Im „Ruffian“ verdienten sie 600 Dollar pro Woche, das ist genauso viel, wie die US-Regierung jetzt an Arbeitslosenhilfe zahlt, zusätzlich zu der Unterstützung der lokalen Behörden.
Vielen Unternehmern in den USA ergeht es wie Schulman. Nach drei Monaten Lockdown fährt das Land die Wirtschaft wieder hoch, doch die Entlassenen verschmähen ihre alten Stellen. Noch bis zum 31. Juli erhalten sie Geld aus einem 2,2 Billionen Dollar schweren Corona-Hilfspaket, wahrscheinlich länger. Mit dem „Cares Act“ wollte Präsident Donald Trump den Konsum beflügeln und so die Ökonomie stützen. Aber das Gesetz hat eine Nebenwirkung: Es trägt offenbar zur
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„Die Corona-Hilfen“, sagt Matt Weidinger von der Washingtoner Denkfabrik American Enterprise Institute, „könnten die wirtschaftliche Erholung unbeabsichtigt verzögern.“ 600 Dollar zusätzlich pro Woche, einfach so – das habe es in der US-Geschichte noch nie gegeben. Weidinger fürchtet, dass Unternehmen nun viele Stellen unbesetzt lassen müssen. „Lieferketten in kritischen Sektoren, etwa in der Lebensmittelbranche oder Gesundheitsindustrie“, glaubt er, „drohen unterbrochen zu werden.“ Es könne laut Weidinger sein, dass wichtige Produkte bald knapp werden.
Einige Politiker sehen es ähnlich. „Firmen berichten uns, dass ihre Angestellten nicht mehr zur Arbeit kommen wollen“, schrieb der republikanische Senator Rick Scott kürzlich in einer E-Mail an seine Unterstützer. „Und wer mag es ihnen verdenken? Wir können den Menschen nicht mehr Geld für Arbeitslosigkeit zahlen, als sie in ihrem Job bekommen.“
Massachusetts ist der großzügigste Bundesstaat
Rund die Hälfte der US-Beschäftigten, zeigen Daten des Arbeitsministeriums, würde mit den Corona-Hilfen besser als in ihrem Beruf verdienen. Amerika, das Land, in dem es immer hieß, nur die Anstrengung des Einzelnen zähle, scheint über Nacht zum Sozialstaat geworden zu sein.
Die Höhe des Arbeitslosengeldes hängt vom Wohnort ab. Massachusetts, der großzügigste Bundesstaat, zahlt unabhängig von der Epidemie 555 Dollar pro Woche. Addiert man die 600 Dollar aus Trumps Hilfspaket hinzu, kommt man auf 1155 Dollar – also mehr als 4600 Dollar pro Monat. In Mississippi, wo es bisher so gut wie keine Absicherung gab, sind es nun rund 3250 Dollar.