Ein interessantes Interview des Council on Foreign Relations von Vorgestern mit David Rubinstein und Jamie Dimon.
Ein interessantes Interview des Council on Foreign Relations von Vorgestern mit David Rubinstein und Jamie Dimon.
10Y-UST werden wieder nahe 250 gehandelt. Attraktiv wäre zu 275 und ganz besonders zu 300 noch einmal einzukaufen. Allerdings wäre dazu wohl auch etwas Glück nötig.
Heutige implizite Finanzierungssätze des dreimonatigen EURIBOR, zusätzlich die zugehörigen einjährigen Packs. Forward-Zins (Y) nach Monat (X).
Der Markt hat noch immer die Illusion, Draghi könnte die Leitzinsen in absehbarer Zeit erhöhen. Es wird interessant sein zu sehen, was er morgen sagt.
Durchaus möglich. Andererseits existieren auch belastbare Gründe, die gegen die LIBOR-Komplexe und die Masse abgeleiteter Instrumente sprechen. Sie beziehen sich bekanntlich auf den unbesicherten Geldmarkt, der schon lange kein reiner Interbankenmarkt mehr ist. Daraus resultiert meines Erachtens auch die Fragilität in LIBOR-Futures/Strips/etc.. Dieser Markt ist darauf angewiesen, dass ein Grundvertrauen in den Markt und dessen Teilnehmer existiert. Wenn dieses plötzlich verschwindet, trocknet diese Liquidität aus und die Futures handelt möglicherweise hunderte Basispunkte tiefer. Heute hat sich der EURIBOR im Termin-Segment nahe 0% (im Fachjargon auch "Green") um etwa 5 Basispunkte erhöht. Das entspricht etwa der Maintenance Margin. Und es gibt wohlgemerkt Teilnehmer, die diese ausschöpfen. Mit Positionslimits von 75 Mrd. Euro pro Jahr können Teilnehmer hunderte Milliarden halten und dabei kaum Kapital hinterlegen. Diese Größenordnung lässt sich auch nicht einfach so liquidieren, besonders dann, wenn es notwendig ist. Wenn dieses Kartenhaus einstürzt, kommt es eben zu jenem Blutbad, was in der Vergangenheit immer wieder eintrat. Und keine Möglichkeit der Arbitrage. Wenn echtes Counterparty-Risiko im Raum steht, wird niemand bereitstehen, um wenige Basispunkte Aufschlag zu arbitragieren. Damit sind die liquiden LIBOR-Instrumente auch ein Echtzeit-Indikator für den Stress am Markt. Wenn unerwartete Stressfaktoren bzw. Risk-off Bewegungen sichtbar werden, bewegen sich diese Instrumente wenige Basispunkte (zinslich) höher. Wenn dann die NY-Fed mit Reverse-Repos in den Markt kommt, werden die Zinssätze wieder nach unten gedrückt.
Die neuen Instrumente dagegen sind meines Wissens in allen Fällen (?) besichert. Vorzugsweise mit makellosen Sicherheiten. Theoretisch sollten diese Instrumente niemals derart fragil werden, weil das Arbitragegeschäft besonders für Banken mit minimalen Kapital- und Risikokosten verbunden ist. Ein bestehender Risikofaktor ist meines Erachtens die Liquidität der Aktienmärkte, die zu gering ist, um effektiv Aktien als General Collateral bereitzustellen. US-Treasuries stehen in etlichen Emissionen zu best offers von wenigen Milliarden bereit. Um mehrere Milliarden an Aktien zu erwerben, braucht ein Dealer unter normalen Umständen nennenswerte Zeit. Selbst die Treasury-Liquidität reicht in Extremphasen kaum aus, weil keine (Inter-)Dealer existieren, die hunderte Milliarden darin in ihrer Bilanz aufbewahren, um einen Markt anzubieten. Das meiste liegt bei institutionellen Buyside-Investoren.
So sehr mir Firmen wie Citadel, also HFT-Marketmaker, eine Inspiration sind, so sind sie dennoch ein großer Teil der Ursache. Diese Firmen haben nicht die Kapazitäten, astronomische Bestände in ihrer Bilanz zu lagern. Früher waren die Bid/Ask-Spreads weiter, allerdings mit großen Dealern, die Unsummen in ihrer Bilanz hielten. Michael Milken weist gerne darauf hin, dass er mit Drexel damals mehr Inventar hielt als heute alle Wall Street Firmen zusammen.
Geändert von Leibniz (10.04.2019 um 17:45 Uhr)
Der Markt sieht die konjunkturelle Lage etwas optimistischer, weil die europäischen Daten teilweise weniger negativ als erwartet ausfielen. Der Markt prognostiziert die erste Federal Reserve Senkung damit etwas später als zuvor, wobei die Zinskurve noch immer in Bewegung ist.
Vordergründig erscheint diese positive Aussicht die Zinskurve am kurzen Ende wieder in die Nähe des unauffälligen Territoriums bewegt zu haben. Obwohl ich es definitiv für möglich halte, erschien mir die anhaltende Steigung von Geldmarkt- und Anleihen-Zinsen noch andere Ursachen zu haben. Beispielsweise eine starke Nachfrage nach kurzfristigen Geldmarkt-Finanzierungen, die offenbar insbesondere europäische Banken nachfragen. Indem die EURIBOR-Forwardsätze entweder durch vermehrte Nachfrage oder positive Prognosen exzessiv erhöht wurden, wurde der Euro wieder deutlich über 1,13 bewegt.
Anhand des Volumens in den entsprechenden Instrumenten (allein heute weit über zwei Billionen) und den z.T. bizarren Abweichungen der einzelnen Finanzierungen liegt die Vermutung nahe, dass ein erheblicher Teil des Volumens von Arbitrageuren der Derivate gegen physisches Geld herrührt.
Die Eurodollar-Sätze und analog die EURIBOR-Sätze, einmal aktuell und einmal von letzter Woche:
Einige GS-Mitarbeiter haben in einem kurzen Podcast alle grundsätzlichen Sachverhalte ausgeführt.
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Ich muss zugeben, dieser Frage bisher nicht besonders viel Aufmerksamkeit geschenkt zu haben. Die EU-Deadline war mir in dieser Form noch nicht bewusst. Ich ging davon aus, dass die Industrie in ihren Ausschüssen eine neue Alternative entwickelt und nachfolgend ein Ende des EURIBOR beschlossen wird, was ich ohnehin am Volumen gesehen hätte.
Dass allerdings eine absehbare Deadline existiert, bevor noch der Hauch einer praktikablen Umsetzung in Sicht ist? Nicht nur, dass die EU wie immer hinter der übrigen Welt hinterher hinkt (die Alternativen der USA und Großbritanniens sind bereits praktisch im Einsatz), sie schafft auch noch eine hirnverbrannte gesetzliche Regelung, die in kürzester Zeit die Lösung unzähliger großer Probleme notwendig macht.
Was soll denn in einigen Monaten mit den Billionen an ausstehenden Swaps, Futures, etc. passieren?
Und selbst wenn alle offenen Instrumente auf eine neue Alternative umgestellt würden wäre damit fast unausweichlich eine erhebliche Bewertungsdifferenz geschaffen. Im übrigen findet ein Großteil der Transaktionen in EURIBOR-Instrumenten außerhalb liquider Märkte statt und wird in großen Blocktrades umgesetzt.
Wie kann es zudem sein, dass diese Probleme nicht an vorderster Front dieser Diskussion stehen? In den wichtigen EURIBOR-Instrumenten sind die großen Primary Dealer wie J.P.Morgan elementarer Bestandteil. Es handelt sich also keinesfalls um ein marginales Problem einiger Nischen.
Insofern ist tatsächlich vieles unklar, um es gelinde auszudrücken. Glücklicherweise habe ich durch Deinen Hinweis noch einmal versucht, mir einen groben Überblick zu verschaffen. Das Ausmaß des Wahnsinns war mir nicht bewusst, wobei die Implikationen für den Markt enorm sind.
Ja, ich bin da auch immer noch geflashed, wie unkoordiniert man vorgeht (oder vorgehen will?! Mit so vielen Baustellen muss man wirklich schon Absicht konstatieren.). Deswegen besteht mein Job momentan u.a. daraus, auf alle möglichen Varianten des neuen Kurvenbootstrappings und der Marktdatenverarbeiten vorbereitet zu sein, sowie ALLE relevanten Kreditverträge, die an den Libor gekoppelt sind auf die dann gültige Novellierung abzuklopfen. Ein richtiges Sch***projekt.
Undefeated Nak Muay/Kickboxer: 0W - 0L - 0D
LoL
Obwohl ein gewisser Teil wahrscheinlich nie ausbleiben wird, ist es bedenklich, wie oft wir hierzulande und in der EU allgemein die Ressource hochqualifizierter Angestellter vergeuden. In einem anderen Fall wurden hochqualifizierte Technologie-"Berater" (Jene, die praktische Lösungen schaffen und am Ende eine implementierte, funktionsfähige Lösung hinterlassen) damit befasst, IT-Systeme zur Konformität mit einer EU-Verordnung nachzurüsten. Inmitten der monatelangen Arbeit stellten Controller bzw. das Management plötzlich fest, dass das Jahresbudget verbraucht ist. Also wurden alle Externen entlassen und die unfertige Arbeit wohl auch wertlos.
In der LIBOR-Angelegenheit ist zudem verwundernd, dass die Industrie hier zusieht. Meine Erwartung wäre, dass die entsprechenden Branchenvertreter wenn nötig regelrechten Terror betreiben, um die EU-Institutionen zur Vernunft zu bringen. Aus den Kreisen von Branchenfunktionären ist oft Unmut über die mangelhafte Kompetenz und Bildung der politischen Gegenparts zu vernehmen, was wohl auch niemanden wundert.
Wie mir zu Ohren kam enthält die neue MIFID-Regulierung Regeln über die Voraussetzungen, die eine EU-Firma erfüllen muss, um als Gegenpartei geeignet zu sein. Dabei wird mindestens 20Mio. Bilanzvolumen und ähnlicher Umsatz gefordert. Bei Regeln dieser Art stellt sich die Frage, warum nicht das Papier gespart wurde. Bilanzvolumen ist bekanntlich eine weniger aussagekräftige Metrik. Innerhalb weniger Werktage ist sogar eine Bilanzsumme von hunderten Millionen Euro mit entsprechenden Umsätzen fabriziert.
Es stellt sich tatsächlich die Frage, ob die EU-Regulation nicht z.T. durch Kräfte getrieben wird, die ein Interesse an dysfunktionalen, lückenhaften Regeln und Praktiken haben.
Verglichen mit den Vorgaben in den USA sind die EU-Regeln genauso stümperhaft wie die Aufsicht. Das US-System aus Broker-Dealern, die über dem BD threshold von 20M. Eigenkapital liegen und damit Zugriff auf DTCC-Konten erhalten ist sehr viel transparenter, einfacher und es funktioniert. Ich vermute auch, dass die EU einmal ernsthafte Probleme mit dem Thema Geldwäsche haben wird. FINRA Broker-Dealer müssen auch Nebensächlichkeiten wie AML-Beauftragte anstellen, die dezidiert auf korrekte Verhaltensweisen im Umgang mit Kunden achten.
Im EU-Mitgliedsland Litauen dagegen kann offenbar für wenig Geld eine Lizenz als Zahlungsdienstleister oder gleich als Bank erworben werden, wobei offenbar niemand genauer prüft, ob alle Vorgänge korrekt dokumentiert werden.
Die Skandale einiger nordeuropäischer Institute, die über keine US-Dollar Clearing Infrastruktur verfügen (diese wäre meines Erachtens strenger beaufsichtigt), sind erst kürzlich wieder mit Geldwäsche der Größenordnung zweistelliger Milliardensummen aufgefallen. Bevor ein durchschnittlicher Krimineller 20 Milliarden Euro einnimmt, muss er doch einiges an Geschäftsvolumen verbuchen können.
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