Ohne Skepsis verhungert die Demokratie.
Das trifft teilweise zu, aber man darf dabei nicht vergessen, dass Deutschland über eines der weltweit besten und umfassendsten Gesundheitssysteme verfügt.
Da schmerzt natürlich jeder Einschnitt, aber insgesamt ist es hier noch um Lichtjahre besser als in den meisten anderen Staaten der Erde.
Ich weiss, wovon ich rede, denn ich habe praktische Erfahrungen in anderen (nichteuropäischen) Ländern sammeln dürfen/müssen und weiss auch, dass es in einigen anderen europäischen Staaten deutlich schlechter läuft als hier.
Darauf gibt es ein ganzes Bündel von Antworten bzw. Erklärungen.
Einige davon in Kurzform:
1. Seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts sind schätzungsweise 20....25 Millionen Nichtdeutsche in unser Land eingewandert, von denen die allerwenigsten eine qualifizierte Ausbildung mitbrachten, von medizinischer Ausbildung ganz zu schweigen.
2. Unsere einheimische Bevölkerung ist drastisch überaltert. Dadurch ist die Notwendigkeit medizinischer Versorgungen aus rein biologischen Gründen schon rein statistisch stark angestiegen.
3. Viele hier ausgebildete Ärzte und Pfleger sind aus pekuniären Gründen und auch aus Gründen beruflicher Aufstiegschancen in die Nachbarländer abgewandert - vor allem in die Schweiz und nach Großbritannien. Ich kenne sogar einige davon.
Eine kleine Gruppe von Pflegern, die früher im Bereich der Freiburger Kliniken arbeitete, ist vor einigen Jahren komplett in die Schweiz gegangen.
4. Die Probleme mit dem Numerus Clausus.
5. Gewaltiger Stress in den Pflegeberufen und zu wenig Nachwuchs. Der Nachwuchs will lieber Banker, Immobilienmakler, Verkaufsleiter oder Medienmitarbeiter werden, als in Kliniken unter hohem Zeitdruck Bettpfannen leeren zu müssen.
6. Es hängen viel zu viele Nutznießer an unserem Gesundheitssystem, die noch keinen Cent einbezahlt haben, aber die vollen Leistungen in Anspruch nehmen.
7. Die Schmerzgrenze ist stark gesunken. Heute rennen viele schon wegen einer kleinen Erkältung in die Notaufnahme einer Klinik und erwarten dort sofortige Betreuung.
8. Eine überbordende und völlig aus dem Ruder laufende Bürokratie im Gesundheitswesen. Wenn ein niedergelassener Arzt oder ein Chirurg in einer Klinik rund ein Drittel seiner Arbeitszeit mit dem Ausfüllen von Formularen und Qualitätssicherungsberichten verplempern muss, kann man sich gut vorstellen, dass der reine medizinische Arbeitsanteil dadurch stark eingeschränkt ist.
So, das dürften auf die Schnelle die wichtigsten Gründe sein, weshalb hier das Gesundheitssystem kurz vor einem Kollaps steht.
Von den Pflegediensten erst gar nicht zu reden.
Und dann kommt noch die pekuniäre Seite dazu. Über 200 Krankenkassen verursachen gewaltige Kosten durch die Verwaltungen. Dieses Geld fehlt bei der reinen medizinischen Betreuung.
Die Diskussion um den Numerus Clausus ist ja gerade im Gange und man will die Anforderungen etwas praxisgerechter gestalten.
Aber es wäre kein Problem, wenn dann tatsächlich die Studienabgänger nach dem AiP im Lande blieben und nicht ins Ausland abdampfen würden.
Einen vergleichbaren Fall kenne ich in meinem Bekanntenkreis. Ein sehr tüchtiges Mädchen studierte Medizin, machte dann den AiP in einer deutschen Klinik, und danach ging es für ein weiteres Praktikum nach Südafrika.
Dort erwachte wohl der gutmenschliche Gehirnfurz und es ging nach Nepal, um dort - zusammen mit anderen deutschen Jungärzten - ein Hilfsdorf samt Krankenstation für Erdbebenopfer aufzubauen. Da ist sie heute noch.
Oder man nimmt eine mehrjährige Auszeit und macht bei Ärzte-ohne-Grenzen mit, um Neger aus dem Mittelmeer zu fischen und medizinisch zu betreuen.
Sicher Einzelfälle, aber trotzdem symptomatisch für viele Jungmediziner.
Wie wäre es z.B. mit unattraktiven Arbeitszeiten?
Am Gehalt wird es wohl weniger liegen. Eine Krankenschwester, welche nach Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes bezahlt wird bekommt als Berufsanfänger so um die 2 400€ / Monat und nach 6 Jahren Berufserfahrung so um die 3 000€ / Monat an Grundgehalt zzgl. Schichtzulagen, Sonn- und Feiertagszuschläge etc...da kommen am Ende des Tages schon ein paar Euro zusammen.
Bau
Auf dem Bau geht es für die unterste Lohngruppe bei um die 11,50 € die Stunde los - dies muss einem Bauhelfer ohne jegliche Qualifikation bezahlt werden und bei einem Facharbeiter sind mindestens so um 14,50 € die Stunde hinzulegen und zum Stundenlohn kommen - je nachdem wo man im Bauhandwerk arbeitet noch diverse Zuschläge z.B., wenn man häufig wechselnde Baustellen hat.
Auch zu erwähnen ist - 30 Tage Urlaub sind garantiert (gesetzlich stehen nur 24 Urlaubstage als Mindesturlaub definiert zu)
Pflege
Lt. Tarifvertrag öffentlicher Dienst erhält eine Krankenschwester die von Dir geforderten 18 €. Mit der Einschränkung - nach 6 Jahren Berufserfahrung, dafür bleibt es aber nicht bei den 18€, denn es kommen noch diverse Zulagen wie Schicht, Sonn- und Feiertag und was es da noch so alles gibt hinzu.
Bevor jetzt der Einwand kommt - nicht jede Pflegekraft wird nach dem Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes bezahlt - dann ist dieser Einwand richtig, dann nehme aber zur Kenntnis, was ich schon immer "predige" - erklärt solcherlei Tarifverträge einfach als "Allgemeinverbindlich", dann muss JEDER Arbeitgeber in diesem Bereich den gleichen tariflich garantierten "Mindest"lohn bezahlen.
Ich suche nicht gerne die Schuld bei Anderen - deswegen blicke ich ´mal in den Spiegel und dann muss ich mir die Frage beantworten: Gut, erhöhe ich die Entlohnung im Bau oder der Pflege um, sagen wir 10% - dann ist das zwingende Ergebnis, dass die Kosten steigen werden und dann muss ich mir die Frage beantworten - bin ich bereit dies zu bezahlen? Ich lasse die Frage bewusst unbeantwortet - nur, stellt sich Einer wie Du hin und stellt sich diese Frage überhaupt?
Es ist immer einfach mit dem Finger auf Andere zu zeigen und Mißstände anzuprangern - dass man ggf. selbst mit Verursacher der Thematik ist dann aber auszublenden.
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