[Links nur für registrierte Nutzer]
Mit der Übersetzung ist dem kleinen katholischen Renovamem-Verlag ein Paukenschlag gelungen. Mögen nicht nur Katholiken ihn hören, sondern alle Leser, die das im Roman immer wieder betonte Credo nachsprechen können:
„Wenn man erst einmal anfängt, Kompromisse einzugehen, wird man nie mehr damit aufhören“!
Heere von Besatzern fallen in unsere Städte ein.
Wir heißen sie willkommen, wir kleiden sie ein, wir ernähren sie. Spielt es da noch eine Rolle, dass sie nicht auf Panzern einrollen?“.
Mit diesen Sätzen beginnt das im Sommer 2017 geschriebene Nachwort der Autorin für die vorliegende deutsche Übersetzung ihres Romans Die Moschee Notre-Dame anno 2048. Die Aussage wird manchen zusammenzucken lassen und ist doch nicht mehr als eine Zustandsbeschreibung. Jelena Tschudinowa stellt damit klar, daß ihr bereits 2005 veröffentlichter Roman kein ironisches Spiel sein soll, auch kein Austesten der Grenzen des im Westen noch Sagbaren, sondern eine Kampfansage.
Im Jahr 2048 nämlich neigt sich in Tschudinowas Fiktion eine Entwicklung ihrem Ende zu, die bereits in den 1970er-Jahren ihren Anfang nahm und sich seitdem nie verlangsamt hat: die Überfremdung Europas durch hauptsächlich moslemisch geprägte Einwanderer.
Das Frankreich des Jahres 2048 ist wie alle seine Nachbarstaaten ein erobertes Land im Staatenverbund „Eurabien“. Auf dem Land mögen noch viele Franzosen leben, aber die Eliten sind islamisiert, die Sicherheitsorgane unter Kontrolle gebracht und die gesamte Öffentlichkeit von fremden Bräuchen und neuen Regeln beherrscht.Als in Frankreich 2015 die dystopischen Romane 2084 – La fin du monde von Boualem Sansal (dt. 2084 – Das Ende der Welt) und Soumission von Michel Houellebecq (dt. Unterwerfung) erschienen, flatterte durch die journalistischen Blätterwälder der übliche inszenierte Skandal – vor allem das Buch von Houellebecq wurde als „Provokation“ und als islamfeindlich bewertet. Vor dem Hintergrund der am Erscheinungstag stattfindenden Morde an Redakteuren der linksradikalen atheistischen Satirezeitschrift „Charlie Hebdo“ wirkte der Roman wie ein Stich ins Hornissennest. Die Debatte versachlichte sich schnell. Daß das Buch totgeschwiegen worden wäre, konnte niemand behaupten. Die Gefahren durch eine weitere Ausbreitung des Islams in Europa waren in aller Munde, nur wenige Monate vor der Invasion sogenannter Flüchtlinge vornehmlich aus islamisch dominierten Weltgegenden.
Zu diesem Zeitpunkt war Die Moschee Notre-Dame schon zehn Jahre alt und in Frankreich bereits vor mehr als fünf Jahren in Übersetzung erschienen. In den ausbrechenden Debatten spielte das Buch dennoch keine Rolle, die prominenten Autoren nannten es nicht als Inspiration, obwohl zumindest wahrscheinlich ist, daß sie es kannten: Houellebecqs Roman spannt einen nahezu identischen Erzählrahmen auf, und Sansals Roman trägt die gleiche Anspielung auf George Orwells düstere Zukunftsvision 1984 im Titel wie Tschudinowas Fiktion.