Die Zeit / 01. Maerz 2018 / Washington
EU wehrt sich gegen US-Importzölle
Die USA verlangen künftig 25 Prozent beim Import von Stahl und zehn Prozent bei Aluminium. Die Börse stürzte ab, die EU und Kanada kündigten Gegenmaßnahmen an.
Die Europäische Union hat Gegenmaßnahmen zu dem angekündigten US-Zoll auf Stahl und Aluminium angekündigt. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sagte, die EU werde nicht tatenlos zusehen, "wie unsere Industrie von unfairen Maßnahmen getroffen wird, die Tausende von europäischen Arbeitsplätzen gefährden". Die EU werde entschlossen und angemessen ihre Interessen verteidigen. Sie bedauere Trumps Schritt, "der eine offenkundige Intervention zum Schutz der heimischen US-Industrie zu sein scheint".
US-Präsident Donald Trump hatte angekündigt, ab der kommenden Woche Zoll auf Stahl- und Aluminiumimporte zu verhängen. Er werde die heimische Stahl- und Aluminiumindustrie wieder aufbauen, sagte Trump nach einem Treffen mit Branchenmanagern. Die Industrie sei seit Jahrzehnten von anderen Ländern unfair behandelt worden. Für Stahl werde der Zoll bei 25 Prozent, für Aluminium bei zehn Prozent liegen.
"Wir werden neue Jobs bekommen und pulsierende Unternehmen", prognostizierte Trump. Die Zölle sollen für "eine lange Zeitspanne" gelten. Die Stahlpolitik ist elementarer Teil der*America-First-Politik der Trump-Regierung. Vertreter der US-Stahlindustrie reagierten in einer Gesprächsrunde mit Trump begeistert auf die Ankündigung.
Handelsminister Wilbur Ross hatte dem Präsidenten zuvor einen Katalog mit drei Handlungsoptionen vorgelegt. Dieser sah vor, entweder Zoll für alle Länder einzuführen oder höhere Zölle für einige Länder. Eine dritte Option wäre gewesen, statt Zöllen eine Quotenregelung einzuführen.*Die US-Regierung gab bereits am Mittwoch bekannt, dass sie Zoll auf chinesische Alufolie aufschlagen werde. Aus Sicht der US-Regierung bietet eine Reihe chinesischer Firmen Aluminiumfolie in den USA zu günstig an.
Offiziell begründet die US-Regierung die protektionistischen Maßnahmen mit einem bislang kaum angewendeten Gesetzesartikel, der den Schutz der heimischen Produktion im Interesse der nationalen Verteidigung vorsieht. Demnach sind Stahl und Aluminium für das US-Militär und die Infrastruktur von zentraler Bedeutung, weshalb sich die USA nicht von der Produktion anderer Länder abhängig machen dürfen.
Trump hatte bereits am Morgen seine Meinung zum Thema getwittert: "Unsere Stahl- und Aluminiumbranche sowie viele andere wurden jahrzehntelang durch unfairen Handel und schlechte Politik mit vielen Ländern der Welt dezimiert", schrieb er. Bei einer kurzfristig einberufenen Expertenrunde mit Stahlunternehmern sagte der Präsident, die USA würden aus anderen Ländern mit Dumping unter Druck gesetzt. "Es bringt unsere Unternehmen um."*
Er mache den anderen Ländern keinen Vorwurf, fuhr Trump fort. Sie hätten sich im Rahmen der verhandelten Deals verhalten. "Wer diese Deals abgeschlossen hat, sollte sich schämen", sagte der US-Präsident an die Adresse früherer US-Regierungen.
Die kanadische Regierung äußerte sich ähnlich wie die EU: Im Fall solcher Beschränkungen "wird Kanada mit Maßnahmen reagieren, um seine Handelsinteressen und seine Arbeiter zu schützen", sagte Außenministerin Chrystia Freeland. Konkreter wurde Freeland nicht. Die von Trump angekündigten Zölle seien "absolut inakzeptabel", hieß es aus Ottawa. Freeland zufolge haben die USA beim Stahlhandel mit Kanada einen Handelsüberschuss von etwa zwei Milliarden kanadischen Dollar (1,3 Milliarden Euro). "Kanada kauft mehr amerikanischen Stahl als jedes andere Land der Welt, was mehr als die Hälfte der US-Exporte ausmacht", sagte Freeland.
Brasilien reagierte besorgt: "Sollte sich das bestätigen, würde das einen Effekt auf die Exporte in beiden Sektoren haben", teilte die Regierung mit. Sie schloss ergänzende Maßnahmen auf multilateraler oder bilateraler Ebene nicht aus. Brasilien ist der zweitwichtigste Stahlimporteur in die USA. Unterdessen forderte der mexikanische Verband der Stahlindustrie sofortige Gegenmaßnahmen von der Regierung. Mexiko steht gemeinsam mit Russland an vierter Stelle der größten Stahlimporteure in die USA. Allerdings exportieren die Vereinigten Staaten mehr Stahl nach Mexiko als umgekehrt.
Weitere Einzelheiten zu den Importzöllen hatte Trump zwar noch nicht genannt. Damit ist unklar, ob es eventuell Ausnahmen für Importe aus bestimmten Ländern geben könnte. Allerdings deuteten die Äußerungen des Präsidenten darauf hin, dass der Zoll pauschal für alle Importe gelten könnte. Dies würde die europäischen und deutschen Exporteure empfindlich treffen.
Die deutsche Metallbranche appellierte deshalb an die EU, "rasch" zu handeln. Die USA verstießen eindeutig gegen die Regeln der Welthandelsorganisation WTO, sagte der Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl, Hans Jürgen Kerkhoff. Die EU müsse "konsequent mit den Instrumenten dagegen vorgehen, die die WTO hierfür bereitstellt".
Deutschland rangiert unter den Ländern, die Stahl in die USA einführen, laut US-Handelsministerium an achter Stelle. Die deutschen Stahlexporte in die USA nahmen demnach zwischen 2011 und 2017 um etwa 40 Prozent zu.
Der japanische Autokonzern Toyota warnte vor einem Preisanstieg. Die Entscheidung wirke sich nachteilig für die Autokonzerne, die Autozulieferbranche und die Verbraucher aus, teilte Toyota mit. Durch die höheren Produktionskosten würden Autos teurer. Allerdings kämen 90 Prozent des benötigten Stahls und Aluminiums für in den USA produzierte Fahrzeuge bereits aus dem Land.
Dollar und Dow Jones geben deutlich nach
An der Wall Street wurde ein Handelskrieg befürchtet, die Kurse fielen. Für den Dow Jones Industrial ging es um 1,68 Prozent abwärts auf 24.608,98 Punkte. Gleichzeitig stieg der Wert des Euro auf 1,2270 US-Dollar. Zuletzt war die Gemeinschaftswährung 1,2264 Dollar wert. Händler begründeten die Verluste mit einer Mischung aus hoher Bewertung, den Sorgen wegen einer zunehmend protektionistischen Politik des US-Präsidenten Donald Trump sowie der Furcht vor rasch steigenden Leitzinsen.
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