Zitat von
John Donne
Ja, wir sind weit gekommen. Und werden weiter kommen. Aber die Theorie wird Theorie bleiben, ihre Qualität also nicht ändern, während die Realität Realität bleibt. In ihren Extrembereichen berührt die Physik die Metaphysik schon deshalb, weil die entsprechenden physikalischen Theorien kaum oder nicht einer experimentellen Überprüfung zugänglich sind. Und das ist im Sinne empirischer Wissenschaft (und die Physik ist hier wissenschaftstheoretisch gesehen die sauberste Wissenschaft), elementar.
Man leitet aus empirischen Daten eine Theorie ab, die diese empirischen Daten vollständig erklärt und weitere Vorhersagen macht. Letztere werden wieder überprüft. Gibt es mehrere konkurrierende Modelle, ist nach Occams Rasiermesser die einfachste die beste (und m.E. tendentiell auch die schönste; da die entsprechenden Modelle im wesentlichen mathematische Modelle sind, finde ich G.H. Hardys Kriterium hier durchaus passend: "The mathematician’s patterns, like the painter’s or the poet’s must be beautiful; the ideas like the colours or the words, must fit together in a harmonious way. Beauty is the first test: there is no permanent place in the world for ugly mathematics."; das griechische Wort Kosmos bedeutet 'Ordnung', 'Schmuck'). Eine Theorie, deren Vorhersagen grundsätzlich gar nicht überprüft werden können (z.B. die Multiversentheorie von Linde) sind gar keine wissenschaftlichen Theorien (wenngleich interessante Überlegungen), weshalb auch die Multiversentheorie m.E. ein unsinniger Ansatz zur Erklärung der [Links nur für registrierte Nutzer] ist.
Aber ja: ich bin der Meinung, daß zur Überprüfung der Vorhersagen, die relevante zukünftige Theorien (GUT, theory of everything) haben werden, das immer heftigere Zerknallen von immer kleineren Teilchen durchaus notwendig sein kann. Ansonsten bleiben die Theorien auf einer Qualitätsstufe, die sie kaum von religiösen Erklärmodellen unterscheidet. Zunächst bleibt aber festzuhalten, daß gerade kosmologisch noch erhebliche Erklärungsdefizite (z.B. in Bezug auf dunkle Materie) bestehen. Um relevante Theorien testen zu können, werden wir irgendwann ggf. Beschleuniger mit dem Durchmesser der Erdbahn brauchen. Abgesehen davon, daß es keinen Grund zur Annahme gibt, daß es in irgendeiner Form ein kleinestes Teilchen gibt (das dachten wir auch schon vom Atom, dann von dessen Bestandteilen, dann von den Quarks; das Ganze ähnelt durchaus einer Zwiebel), fühle ich mich als Christ bei dem Gedanken, eine Beschleuniger mit dem Durchmesser 1 AE irgendwie schon an den Turmbau zu Babel erinnert. Ohne das werten zu wollen (prinzipiell fände ich auch die Konstruktion einer Dysonspähre reizvoll); es beschreibt m.E. schlicht eine sehr tiefe menschliche Eigenschaft.
Ein religöses Erklärmodell physikalischer Phänomene ist zweifellos Unsinn. Andererseits erklärt die Wissenschaft zwar das "Wie", aber nie das "Warum". Die Frage nach dem Sinn kann sie nicht beantworten, weil es keine wissenschaftliche Frage ist. Sie ist aber eine sehr menschliche Frage.
Abschließend: Ja, ich glaube an einer Schöpfer und seinen Wundersohn, der uns Gegenüber in einer ähnlichen Rolle ist wie wir gegenüber in von uns geschaffenen Strukturen in einer Computersimulaton. Der die Singularität, aus der unser Kosmos enstanden ist, ins Rollen brachte und die obengenannte Feinabstimmung vorgenommen hat. Daran, daß alles einen Sinn hat. Und daß "gut" und "böse" nicht nur Wörter sind. Und das mein gedankliches Bild von ihm immer noch viel zu klein ist.