Wenn die StVO einfach nicht mehr durchsetzbar ist! Verkehrschaos in Neukölln. Gut gemeint und schlecht gemacht.
– Quelle: [Links nur für registrierte Nutzer] ©2018Neuköllner Fahrstreifen für Radler
Hier floppt Berlins Radweg-Konzept
Die Karl-Marx-Straße am Sonnabend: Der neue Radweg ist völlig zugeparkt, es herrscht das pure Chaos.
Berlin -In Kreuzberg wollten die Grünen auf einer Fahrradtour am vergangenen Freitag zeigen, wie weit ihre Ankündigung, Berlin fahrradfreundlicher zu machen, bereits umgesetzt wurde. Grüne Wellen für Radler, 100.000 neue Stellplätze für Drahtesel und schöne, extrabreite Radwege an allen Hauptstraßen der Stadt sollen den Radverkehr stressfreier, schneller und vor allem sicherer machen, versprach auch Verkehrssenatorin Regine Günther. In Neukölln sind die Ankündigungen des vergangenen Wahlkampfes zum Teil bereits Realität geworden. Allerdings anders als erhofft: Zumindest an der Karl-Marx-Straße ist das Radweg-Konzept gnadenlos
gefloppt.
Chaos pur: Diese Radfahrerin muss auf die stark befahrene Straße ausweichen.
Foto: Richard
Zwei statt wie vorher vier Spuren für Autofahrer, dafür extrabreite Radwege – seit über zwei Jahren wird auf der quer durch Neukölln führenden Hauptverkehrsstraße gebuddelt und gebaut. Am vergangenen Donnerstag verkündete die Verkehrsleitzentrale stolz: „Neue Radinfrastruktur auf dem fertiggestellten Abschnitt der Karl-Marx-Straße. Mit dem Fahrrad geht es hier übrigens deutlich schneller!“ Bei dem Abschnitt handelt es sich um ein wenige hundert Meter langes Teilstück der Karl-Marx-Straße hinter dem Rathaus Neukölln.
Gefährlicher Zickzack zwischen Radweg und Straße
Doch schneller, stressfreier oder gar sicherer ist hier für Radfahrer überhaupt nichts geworden – im Gegenteil. Denn die neuen Radwege werden von unzähligen Autofahrern rotzfrech und rücksichtslos als Parkplätze genutzt. Die Folge: Ständige Ausweich- und Bremsmanöver, quietschende Reifen, lautstarke Streits zwischen Radlern und Autofahrern sowie ein ständiges Katz-und-Maus-Spiel zwischen Falschparkern und der Polizei.
Ein Radfahrer muss auf die Straße ausweichen, weil der Radweg dicht ist.
Foto: Richard
Als sich der KURIER-Reporter am Sonnabend vor Ort ein Bild der Lage macht, herrscht ein einziges Chaos. Mindestens die Hälfte der neuen Radwege ist von Falschparkern schlichtweg blockiert. Mehrmals kommt es beinahe zu Unfällen mit Radfahrern, weil die Park-Rambos scharf bremsen, wenn sie eine Lücke auf dem Radweg entdecken, weil sie Türen aufreißen und Radler auf dem neuen Teilstück der Karl-Marx-Straße im gefährlichen Zickzack zwischen Radweg und Straße fahren müssen.
Mega-Chaos durch Poller verhindern
Die Polizei kommt im Zehn-Minuten-Takt und belehrt die Falschparker, zunächst geduldig, bei zu vielen Widerworten dann auch energischer. Es werden Knöllchen geschrieben und schließlich sogar Abschleppdienste mobilisiert. Doch es ist ein aussichtsloser Kampf: Zumindest, als der KURIER am vergangenen Sonnabend mehrere Stunden vor Ort ist, dauert es keine Viertelstunde, bis die Radwege erneut zugeparkt und blockiert sind, nachdem die Polizei abgerückt war.
Dieser Radler gerät in Bedrängnis, weil der Radweg zugeparkt ist.
Eigentlich war geplant, die Radwege mit dicken Pollern von der Straße abzutrennen, um genau dieses, in Neukölln wahrgewordene Mega-Chaos zu verhindern. Doch nachdem die Feuerwehr befürchtet hatte, dass die Poller Löschfahrzeuge im Einsatz behindern könnten, ist noch unklar, ob die Pfosten überhaupt eingesetzt werden können. Zunächst müssen für mehrere Häuser an den betroffenen Stellen Brandschutzgutachten erstellt werden. Bis dahin bleibt es an der Karl-Marx-Straße weiterhin völlig chaotisch.