Der Giro d'Italia ist zu Ende, das härteste Radrennen der Welt steht vor der Tür.
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Zwei Sprintetappen (bei denen sich bei klarer Überlegenheit schon zeigen kann, ob ein Sprinter im flachen Terrain wieder so gnadenlos herrscht, wie die letzten Jahre Marcel Kittel und Andre Greipel, deren Chancen hier einmalig sind, die ersten zwei Tage ins gelbe Trikot zu fahren), so ich das richtig sehe.
Für meinen Geschmack etwas zu früh das Mannschaftszeitfahren schon zur dritten Etappe, bei dem sich SKY, Movie Star und die anderen Teams, die in der Gesamtwertung angreifen wollen sich schon ein Duell liefern werden. 35 km sind nicht so wenig, was heissen könnte, dass erstmal nur Fahrer aus diesen Teams schon früh um das gelbe Trikot mitmischen, was etwas schade ist (hier könnten sich die Sprinter mit reinen Sprinterzügen evtl. aus dem Kampf um Gelb verabschieden, was etwas schade ist).
Ansonsten ist die erste Woche wieder ziemlich ideal für die Sprinter, einzig der Schlussanstieg in der 6. wird vielleicht einige Sprinter aussteigen lassen, wobei ich mir gut vorstellen kann, dass vielleicht noch Sprinter mit den stärkeren Allrounderqualitäten hier erfolgreich sein könnten, bei ETappen, bei denen man sich unsicher ist, tippt man im Zweifel immer auf Peter Sagan. Ein wenig komisch, dass de Etappe am 14. Juli nicht ein bisschen mehr was für Allrounder ist, fraglich, ob die beiden Berge der 4. Kategorie reichen, um die besten Sprinter und ihre Teams zu eliminieren, wenn die wirklich wollen. Zeit, dass ein neuer französischer Star bei der Tour durchstartet, wenn die Franzosen hier am Nationalfeiertag siegen wollen. Vielleicht hat aber eine Ausreissergruppe mal das nötige Glück.
Das Kopfsteinpflaster von Roubaix wird den (leichtgewichtigen bergaffinen) Anwärtern um den Gesamtsieg schonmal richtig weh tun, auch wenn sie dabei nur durch einen Sturz hier Zeit verlieren können und die Könige des Flachlandes hier immer noch herrschen werden.
Ab dem ersten Ruhetag geht es dann erstmalig ins Hochgebirge, spätestens in Alpe D'Huez, wenn nicht schon auf der Etappe von Albertville nach La Rosiere werden die Anwärter auf den Gesamtsieg die Karten auf den Tisch legen müssen.
Es folgen einige Überführungsetappen, bei denen Ausreißer mit starken bis überragenden Qualitäten am Berg gute Chancen auf einen Etappensieg haben werden, wenn sie in der Gesamtwertung keine Rolle mehr spielen und die Favoriten sie fahren lassen werden.
Nach dem zweiten Ruhetag geht es dann wieder zur Sache mit dem grausigen Höhepunkt der Kurzetappe nach Saint-Lary-Soulan, in der fast vom Start weg wahrscheinlich ein gnadenloses Ausscheidungsrennen gefahren wird, das fast jeder mitgehen muss. Favoriten um den Gesamtsieg müssen sich gegenseitig im Auge haben, weil es hier große Verschiebungen geben kann, Etappenjäger, die auf den Tageserfolg aus sind, Fahrer, die sich das Bergtrikot holen wollen und quasi der Rest des Feldes, der wegen des Zeitlimits hier extrem aufpassen muss. Wenn der ein oder andere Sprinter dran glauben muss, werden sich die Sprinter, die es überleben umso mehr auf die letzten Flachetappen freuen.
Nach dieser Etappe wird der Toursieger mit relativ hoher Wahrscheinlichkeit feststehen, die Sprinter und Allrounder werden den Rest der Tour bestimmen, nur wenn die Abstände sehr klein sind, wird die Entscheidung am vorletzten Tag im Einzelzeitfahren gefällt, an dem sich selbstredend natürlich auch die Zeitfahrspezialisten alle Mühe geben werden zu glänzen und die Etappe zu gewinnen.
In der Königetappe für die Flachlandfahrer in Paris wird vermutlich wie meistens weder der beste Sprinter, der das Hochgebirge überlebt hat, den Sieg davon tragen.
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Meine Meinung:
Vorjahressieger Chris Froome hat schon vor der Tour Übermenschliches geleistet und nun einen Hattrick der drei großen Rundfahrten vorzuweisen, allerdings kann genau das ein schweres Problem werden, Giro und Tour folgen sehr dicht aufeinander und das letzte Mal dass jemand in einem Jahr Giro und die Tour gewann war 1998 Marco Pantani. Er ist daher für mich nicht der absolute Topfavorit, allerdings ist seine Mannschaft so stark, dass sie vieles kompensieren kann, weswegen er für mich auch nicht rausfällt. Es wird sehr interessant zu sehen, ob Nairo Quintana, Richie Porte oder auch Mikel Landa die Gunst der Stunde für den Königssturz nutzen können. Tom Dumoulin hat im Prinzip dasgleiche Problem wie Froome, war zwar beim Giro nur knapp dahinter, aber seine Mannschaft ist halt nicht das Sky-Team; sollten wirklich die Zeiten am vorletzten Tag sehr dicht beeinander sein, ist er vielleicht derjenige, der sich mit einem starken Einzelzeitfahren den Sieg holen könnte, aber das würde mich doch arg überraschen. Ganz streichen aus den Kreis der Favoriten will ich ihn aber nicht.
Jedenfalls durch die Konstellation, dass der bisherige Dominator mit der klar besten Mannschaft dieses Jahr mit dem Giro in den Beinen antritt, bin ich extrem gespannt, wer sich hier durchsetzen kann. Von der sportlichen Einschätzung her traue ich keinen Favoriten zu nennen, aber ich würde es am meisten Nario Quintana mal gönnen, denn auch kleine Menschen freuen sich über Erfolgserlebnisse.
Bei den Sprintern hoffe ich natürlich als Deutscher und überzeugter LIDL-Geizkragen auf Marcel Kittel, versteht sich ja von selbst. Das Punktetrikot dürfte er auch gerne holen und eigentlich mag ich jahrelange Dominanz einzlener Fahrer nicht, aber Sagan verdient sich das m.E. mit seinem sensationellen Fahrstil und seinen Fähigkeiten und schon dadurch, dass Feministinnen ihn hassen.