Die Linke vor dem BundesparteitagGeprägt von AuseinandersetzungenDie große Koalition, der Aufstieg der AfD - all das könnten Steilvorlagen für die Linkspartei sein. Doch seit der Bundestagswahl köchelt der Streit zwischen den Parteichefs und der Fraktionsvorsitzenden immer weiter - und überlagert die Oppositionsarbeit.
Von Falk Steiner
[Links nur für registrierte Nutzer]Die Fraktionsvorsitzenden der Partei Die Linke im Bundestag, Dietmar Bartsch (l-r) und Sahra Wagenknecht, und die Bundesvorsitzenden Bernd Riexinger und Katja Kipping (dpa / Britta Pedersen)
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Eigentlich könnte die Linkspartei am Wochenende in Leipzig feiern. Immerhin hat sie dort, in Westsachsen, für viele überraschend ein Direktmandat gewinnen können. Eine gefühlte Ewigkeit musste Sören Pellmann am 24. September des vergangenen Jahres warten - dann war es klar: 1.200 Stimmen mehr als der bisherige CDU-Wahlkreis-Mandatsträger Thomas Feist. Das brachte der Linken das bundesweit vierte Direktmandat im Wahlkreis Leipzig II ein.
Doch dafür interessierte sich schon am Wahlabend nur noch eine Minderheit. Denn da brach bereits los, was die Linkspartei seitdem in Atem hält: Sahra Wagenknechts Angriff auf die Parteivorsitzenden Katja Kipping und Bernd Riexinger. Probleme im Zusammenhang mit Migration habe man zu sehr ignoriert, aus Sorge, damit Ressentiments zu schüren.
"Natürlich müssen wir uns auch fragen, wo wurden wir nicht mehr als Protestpartei wahrgenommen, warum? Haben wir es uns vielleicht auch in der Flüchtlingsfrage wirklich zu einfach gemacht, in den Wahlveranstaltungen. In den Mails der letzten Wochen war das immer ein Thema, wo ich zumindest die Resonanz bekommen habe, das sei der Punkt, warum man uns nicht mehr wählen möchte - und zwar nicht von Menschen, die Rassisten sind, sondern die einfach finden, dass man bestimmte Probleme ansprechen muss."
Nicht die einzige Breitseite Wagenknechts gegen Katja Kipping und Bernd Riexinger. Der Wahlkampf sei zu wenig auf die beiden Spitzenkandidaten, die Fraktionsvorsitzenden, zugeschnitten gewesen, hieß es etwa.
Streitfrage: Was ist heute wirklich links?Oskar Lafontaine, der wortgewaltige saarländische Linkenchef und Lebenspartner Wagenknechts, geißelte per Facebook zwei Tage nach dem Wahltag die, so Lafontaine, "verfehlte Flüchtlingspolitik", die "das Prinzip der sozialen Gerechtigkeit außer Kraft" gesetzt habe. Immer wieder stichelte Lafontaine, die Parteivorsitzenden überließen das Antworten in zentralen Fragen meist Gregor Gysi. Gysi wiederum zählt zu Lafontaines langjährigen Kontrahenten.
Sahra Wagenknecht, Spitzenkandidatin der Linkspartei, spricht auf der Wahlparty der Linken am 24.09.2017 in Berlin zum Ausgang der Bundestagswahl 2017 (dpa / Jan Woitas)
Spätestens seit dem Wahlabend prägen diese Auseinandersetzungen die Linkspartei. Bei einer Klausursitzung der Linken-Bundestagsfraktion im Herbst versuchen Kipping und Riexinger die Revolution gegen Wagenknecht. Und damit auch gegen Dietmar Bartsch, den zweiten Fraktionsvorsitzenden der Linken im Bundestag neben Wagenknecht. Der Führungsstil der Fraktionsspitze schmeckte in der Vergangenheit auch vielen Abgeordneten nicht - aber der Zweckfriede zwischen den beiden mächtigen Gruppierungen rund um Dietmar Bartsch und Sahra Wagenknecht reicht aus, um Kipping und Riexinger in die Schranken zu weisen.
Geradezu sinnbildlich ist der Moment, als Bernd Riexinger bei der Klausurtagung in Potsdam zuerst das Wort ergreifen will - und Sahra Wagenknecht ihm in die Parade fährt.
"Also ich darf Sie ganz herzlich begrüßen… Bernd, das ist die Pressekonferenz der Fraktion. Also, ich begrüße Sie auch ganz herzlich."
Doch bei dem Streit innerhalb der Linken geht es keineswegs nur um Macht und persönliche Interessen. Es geht auch um die inhaltliche und strategische Ausrichtung der Linkspartei. Und die Köpfe, um die es geht, stehen jeweils für unterschiedliche Richtungen. So kreist der Streit in der Partei um die Fragen: Was ist heute wirklich links? Was ist wirklich solidarische Politik?