Heute macht ein Video im Netz die Runde, in dem ein offensichtlich volltrunkener EU-Kommissionspräsident beim NATO-Gipfel lachend durch die Gegend torkelt, nicht mehr in der Lage, sich ohne fremde Hilfe auf den Beinen zu halten. Ähnliche Videos von ihm gibt es seit vielen Jahren. In manchem klatscht er Staatsgästen zur Begrüßung auf den Hintern, schlägt Männern gegen die Brust, umarmt Gäste fast bis zur Besinnungslosigkeit oder knutscht sie gegen ihren Willen unzählige Male ab. Allesamt Handlungen, die nicht nur gegen jedes Protokoll und gegen jeden Anstand verstoßen, sondern offenkundig von einer fehlenden Kontrolle über das eigene Tun zeugen. Man braucht keinen Mediziner, um schon beim Anblick der vielen Videomitschnitte offizieller Anlässe zu erkennen, dass hier ein jeweils stark alkoholisierter Mensch sein Unwesen treibt.
Was mich erschüttert, ist die Tatsache, dass es heute eine Reihe von Beobachtern gibt, die vor allzu schnellen Schlüssen warnen. Es könnte sich ja um eine Nervenkrankheit handeln, Parkinson vielleicht, oder gar einen Tumor. Vielleicht auch nur eine vorübergehende Gleichgewichtsstörung. Hat der arme Herr Juncker vielleicht etwas Falsches gegessen und fühlt sich nicht gut? Die „Erklärungen“ für den grinsenden, torkelnden Mann sind vielfältig. Was sie alle eint, ist das naive Wohlwollen, mit dem man einem offensichtlich volltrunkenen Mann die Segnung des Restzweifels zukommen lässt und sich empört gegen die „Ferndiagnose“ Alkoholismus verwahrt.
Dies ist ein Spiegelbild unserer Gesellschaft: Egal, wie fest einem die Wahrheit ins Gesicht springt, es gibt immer noch Millionen von Bürgern in diesem Land, die sich an den Strohhalm der unwahrscheinlichsten aller Promillewahrscheinlichkeiten klammern. Mit endlosem Verständnis und unerschütterlicher Gutgläubigkeit begleiten sie das, was passiert, auf dass am Ende vielleicht doch alles gut ist oder zumindest wieder wird. Die sich vor ihren Augen abspielende Realität nehmen sie durch den Schleier ihrer unendlichen Güte leider nicht wahr.