Experte: Lage der Türken ist dramatisch schlecht
(von Lutz Heuken)
WAZ Essen. Das Zentrum für Türkeistudien in Essen schlägt Alarm: Nie in den letzten Jahrzehnten sei die Lage der Türken in Deutschland so schlecht gewesen wie heute. Gleichzeitig stiegen Frustration und Aggression.
"Die Türken sind die wahren Verlierer der Wirtschaftskrise", sagte der Direktor des Zentrums, Faruk Sen, im Gespräch mit der WAZ.
Ein riesiges Problem stelle die Arbeitslosigkeit dar. So seien in Deutschland rund 12% der Menschen
arbeitslos, unter den Türken seien es 31%.
Etwa jeder dritte Türke lebe unterhalb der Armutsgrenze, weitere 30 Prozent seien akut von Armut bedroht. "
Rund 1,3 der knapp 2 Millionen Türken in Deutschland müssen von Arbeitslosen-Geld oder Kleinrenten leben", so Sen.
Zudem träfen die Türken zunehmend auf Ablehnung. Die Ermordung des holländischen Filmemachers van Gogh durch einen Islamisten, der Streit um den EU-Beitritt der Türkei, die Debatte um die doppelte Staatsbürgerschaft - all das belaste das Verhältnis zwischen Deutschen und Türken.
Während die älteren Türken zumeist nur frustriert seien, löse die schlechte Lage bei jungen Türken zunehmend auch Aggressionen aus, so Sen. "Die Politik hat die Dimension des Problems noch gar nicht erkannt." So könnten womöglich schon kleine Vorfälle zu unkontrollierbaren Auseinandersetzungen zwischen Deutschen und Türken führen. Aggressionen gebe es auf beiden Seiten. "Es muss endlich was passieren - gerade im Jugendbereich", forderte Sen. "Jeder Euro, der jetzt nicht investiert wird, muss später für Polizei und Justiz doppelt und dreifach ausgegeben werden."
WAZ vom 11.05.2005