Einige Problemfelder wie beispielsweise die NordLB, die ausgerechnet jetzt rekapitalisiert werden muss, und weitere möglicherweise bedeutungslose Puzzlestücke sind ersichtlich. Was mir zuletzt wieder auffiel war die teilweise strikte Ablehnung italienischer Staatsanleihen und Bankanleihen als Sicherheiten, die einige private Institute praktizieren. Im Zweifelsfall muss der Einzelne eben die geldpolitischen Instrumente der EZB direkt nutzen, wobei schon einmal ganze 0,5% Abschlag zur Abfederung potentiellen Kursrisikos anfallen. Eine der mit wichtigsten Bestandteile der Euro-Marktinfrastruktur, die eine Tochtergesellschaft der Deutschen Börse (Eurex Clearing zusammen mit Clearstream Banking) bereitstellt erlaubt z.T. 0,3% Risikoabschlag. Also 300 Euro auf 100Tsd. Euro.
Diese Fragen sind auch jene, die mir seit langer Zeit bereits mehrfach Anlass zur Sorge gegeben haben. Diese Systeme arbeiten unter der impliziten Annahme, dass 0,3% ausreichen, weil auftretende Kursverluste der Sicherheiten täglich durch Zahlungen an entsprechende Settlement-Banken bzw. direkt von Clearstream- oder Target-II-Konten ausgeglichen werden. Wenn die Italiener Sonntags bekanntgeben, dass sie ihre Schulden in Euro nicht weiter anerkennen, wird am darauffolgenden Montag kein Käufer zu finden sein, der diese Anleihen für mehr als 80% des (ehemaligen) Barwerts annimmt. Außer der EZB. Diese Zusammenhänge sind jedoch sehr viel komplexer als es zunächst aussieht. Wenn eine Clearstream, Eurex oder auch Euroclear bzw. wichtige Settlement-Banken plötzlich schlicht nicht mehr imstande sind, ihren Liquiditätsbedarf zu decken, weil eine zu große Kapitallücke nicht umgehend durch die EZB ausgeglichen werden kann, werden sie ihren Gegenparteien nur unzureichend fällige Zahlungsflüsse zukommen lassen.
Vermutlich wird es jedoch nie soweit kommen. Fällt Italien/Frankreich oder wer auch immer aus, dürfte die EZB die betroffenen Anleihen schlicht zum Nennwert aufkaufen. Andernfalls bricht die Finanzmarkt-Infrastruktur zusammen.
Zur Beseitigung dieser Mängel müsste meines Erachtens eine Grundlegende Umwälzung der Rolle und Einordnung von Staatsanleihen stattfinden. Der Namensgeber der bekannten Volcker-Rule hat während seiner Amtszeit als Vorsitzender der Federal Reserve bekanntlich mehrfach vehement behauptet, dass Staatsanleihen inhärent sicher seien, weil Staaten nie Pleite gingen.
Obwohl es auch möglich ist, dass der Euro nochmal den Wert von 1,20 Dollar erreicht, sehe ich nicht, wie die derzeitigen wirtschaftlichen und konjunkturellen Perspektiven der EZB noch einen Ausweg bieten, den Euro nicht immer weiter zu entwerten. Vor dem EZB-QE stand der Euro übrigens nahe 1,35-1,40. Die wohlüberlegte, strategische Positionierung gegen den Euro und für den Dollar bietet nicht nur potentielle Kursgewinne, sondern gleichermaßen eine hoch attraktive Basis, die durch die Zinsdifferenzen von mindestens 2,5% für Rückenwind sorgt. Vor wenigen Jahren gab es aufgrund dieser Basis FX-Forwards für 1,50 und mehr. Der Euro ist vermutlich eine der größten Gelegenheiten dieses Jahrhunderts.