Hunderte von Migranten leben am Stadtrand von Paris auf der Strasse
Am Nordrand der französischen Hauptstadt zeigen sich die Probleme der europäischen Flüchtlingspolitik. Auch die Drogenszene macht sich breit. Die Quartierbewohner kommen an ihre Grenzen.
Nina Belz, Paris


Sie haben die Nacht auf der Strasse verbracht und wissen, dass sie auch die nächste irgendwo auf den ausgetrockneten Grünstreifen am Strassenkreuz der Porte de la Chapelle im Norden von Paris verbringen werden. Mit dem Essen in der Hand lassen sie sich auf dem Mittelstreifen zwischen den Fahrbahnen nieder, wo immer wieder ein Tram vorbeirauscht. Nun wird deutlich, wie viele sie sind. Die meisten kommen aus Afrika, ein paar aus Afghanistan, manche sind gerade erst angekommen, aber viele sind schon seit Wochen da. Ihnen ist gemeinsam, dass sie nicht wissen, wohin. Das Frühstück ist ihr einziger Fixpunkt am Tag.

Neuerdings wird die Essensausgabe von zwei bulligen Sicherheitsleuten überwacht. Die Stadt Paris hat sie engagiert, genauso wie die Personen, die das Essen verteilen. Endlich hat sie die Verantwortung für die Verpflegung der Flüchtlinge in dem Viertel übernommen. Das ist für die Anwohner und die Lokalpolitiker, die sich bei der Stadt und der Präfektur während Monaten dafür einsetzten, ein kleiner Sieg.

Freiwillige helfen

Zwanzig Monate lang hatten Freiwillige, mobilisiert durch eine Bürgerinitiative aus dem Quartier, jeden Morgen Brote geschmiert und Kaffee gekocht; die Esswaren kamen von Spendern. Ende Juli jedoch entschieden sie, vorerst kein Frühstück mehr bereitzustellen. Es sei zu gefährlich geworden, erzählt Sarah Mahalaine. Sie ist seit deren Gründung Mitglied der Bürgerinitiative, die im Kern etwa zwanzig Personen und viele unregelmässige Helfer zählt. Immer öfter sei es zu Rangeleien zwischen Flüchtlingen und Drogensüchtigen gekommen. Die Menschen beider Gruppen seien in schlechtem Zustand: hungrig und übermüdet, unter Drogen oder alkoholisiert. Es müsse endlich etwas geschehen, sagt Mahalaine.
Vertrieben – und wieder zurückgekehrt

Das Quartier um die Porte de la Chapelle, ein Einfallstor der berüchtigten nördlichen Vororte der französischen Hauptstadt, gehört zu den ärmeren der Stadt. Seit den neunziger Jahren hat sich dort direkt an der Autobahn eine offene Drogenszene gebildet, auch als «Crackhügel» bekannt. Immer wieder ist geräumt worden – das heisst, die slumartige Siedlung wurde mit Baggern zerstört, der Abfall abtransportiert. Letztmals kamen die Bagger Ende Juni. Die Süchtigen aber gehen nicht weg. Sie irren durch das Quartier, belagern Metrostationen, belästigen Passanten. Seit der Räumung des Crackhügels, erzählt Mahalaine, habe sich die Stimmung im Quartier zugespitzt.

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